Kind enterben und Pflichtteil vermindern

Strategien für Erblasser und Enterbte vom Fachanwalt

Sie wollen ein Kind enterben oder wurden enterbt? Häufig erfolgt die Enterbung der Kinder durch ein Berliner Testament, um im ersten Erbfall den Ehegatten abzusichern. Aber auch bei einem Zerwürfnis mit dem Sohn oder der Tochter oder zur Sicherung der Unternehmensnachfolge, sollen Kinder enterbt werden. In allen Fällen spielt dann das Pflichtteilsrecht eine große Rolle. Im nachfolgenden Beitrag erfahren Sie, in wie Sie Abkömmlinge richtig enterben und auch den Pflichtteil in den Griff bekommen.

Anwaltliche Leistungen rund um die Enterbung von Kindern

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Ausgangslage: Die Kinder als gesetzliche Erben und Pflichtteilsberechtigte

Kinder kommen bei einer Erbschaft als gesetzliche Erben erster Ordnung stets zum Zuge. Eheliche und uneheliche Kinder sowie Adoptivkinder werden dabei gleichbehandelt. Schwiegerkinder oder Stiefkinder haben kein gesetzliches Erbrecht.

Mehrere Kinder erben zu gleichen Teilen und neben Kindern kommt nur noch der Ehegatte als gesetzlicher Erbe zum Zug. Letztlich bestimmt sich die gesetzliche Erbquote eines Kindes nach der Zahl der Geschwister und bei einem verheirateten Erblasser nach dessen Güterstand.

Kinder gehören darüber hinaus zu den gesetzlichen Erben, die ein Pflichtteil haben, den sie im Falle der vollständigen oder teilweisen testamentarischen Enterbung einfordern können. Der Pflichtteil beträgt dabei stets die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

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Gründe für eine Enterbung von Kindern

Auch wenn es der Gesetzgeber mit den Kindern als pflichtteilsberechtigte gesetzliche Erben besonders gut gemeint hat, gibt es doch eine Reihe von Konstellationen, in denen Eltern ein Kind oder auch mehrere Kinder enterben wollen und das auch sinnvoll ist. Die wichtigsten sind:

  • Wenn das persönliche Eltern-Kind-Verhältnis dauerhaft zerrüttet und andere Personen (insbesondere Geschwister) als „bessere“ Erben vorhanden sind, entsteht regelmäßig der Wunsch, das „missratene“ Kind zu enterben.
  • Der in der Praxis häufigste Fall der Kindes-Enterbung beruht auf dem beliebten Berliner Ehegattentestament. Bei diesem setzen sich die Eheleute für den ersten Erbfall ja als Alleinerben ein. Als Konsequenz sind die Kinder damit zunächst einmal enterbt. Diese Enterbung dient ganz überwiegend der Versorgung des längerlebenden Ehegattens und ist nicht gegen die Kinder gerichtet (diese sollen ja im zweiten Erbfall zum Zuge kommen).
  • Auch wenn Betriebsvermögen im Rahmen einer Unternehmensnachfolge vererbt wird, gibt es „weichende Erben“, wenn die Erbschaft überwiegend aus Unternehmensanteilen besteht und diese an nur einen Nachfolger übergehen sollen.
  • Darüber hinaus gibt es noch Konstellationen, in denen die Enterbung den Zugriff Dritter auf das Familienvermögen verhindern soll (Vermögensschutz, "asset protection"). Daran ist etwa bei überschuldeten Kindern zu denken und auch bei Kindern, die Sozialleistungen in Anspruch nehmen.

Anordnung der Enterbung durch Testament

Wenn man den Wunsch, seinen Sohn oder seine Tochter zu enterben, nun in die Tat umsetzen will, erfolgt dies durch eine letztwillige Verfügung, also durch ein Testament oder einen Erbvertrag. Theoretisch kann man ein Kind auch durch einen Erbverzicht herbeiführen. Solche ein Verzichtsvertrag ist aber ungleich schwieriger herbeizuführen als ein Testament zu schreiben.

Die Enterbung im Testament kann ausdrücklich erfolgen oder auch konkludent durch die Erbeinsetzung anderer Personen, also etwa die gegenseitige Alleinerben-Einsetzung der Ehegatten im Berliner Testament..Es ist ratsam, ausdrücklich zu regeln, ob sich die Enterbung nur auf das genannte Kind bezieht, oder auch auf dessen Abkömmlinge. Sagt das Testament in diesem Punkt nichts, geht die Rechtsprechung regelmäßig davon aus, dass eine Enterbung nicht auch die Abkömmlinge betrifft.

Für die Enterbung des Kindes gelten im Übrigen die üblichen Formvorschriften. Der Ausschluss von der Erbfolge kann also eigenhändig durch ein handschriftliches Testament oder notariell durch ein beurkundetes Testament erfolgen.

Enterbung des ungeliebten Kindes (Formulierung/Muster/Vorlage)

Hiermit setze ich (_____) zu meinem/meinen Erben ein. Meine/n Sohn/Tochter (_____) enterbe ich hiermit. Die Enterbung gilt auch/nicht für seine/ihre Abkömmlinge und ist unabhängig von der Wirksamkeit der vorgenannten Erbeinsetzung.

Negativtestament

Gemäß § 1938 BGB kann der Erblasser durch Testament auch ein oder mehrere Kinder ausschließen, ohne einen Erben einzusetzen. Dann gilt die gesetzliche Erbfolge mit der Modifizierung, dass das enterbte Kind unberücksichtigt bleibt - so als wäre es beim Erbfall nicht vorhanden.

Berliner Testament - Achtung Bindungswirkung!

In gemeinschaftlichen Testamenten von Ehepartnern werden für den zweiten Erbfall häufig die gemeinsamen Kinder als sogenannte Schlusserben eingesetzt. In diesem Fall ist eine Enterbung der Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden häufig nicht mehr möglich, da die Einsetzung der Kinder "wechselbezüglich" ist und damit Bindungswirkung entfaltet.

Pflichtteilsstrafklauseln und Pflichtteilsentziehung durch Testament

Ebenfalls im Testament können Sie versuchen, das Problem „Pflichtteil“ in den Griff zu bekommen. Denn der Pflichtteil stellt in den meisten Fällen eine reale Gefahr für die Umsetzung der Kindesenterbung. Auch wenn der Pflichtteil „nur“ nur die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt, können Pflichtteilsansprüche doch den Erben in größte Schwierigkeiten bringen. Denn Pflichtteilsansprüche sind auf eine Geldzahlung gerichtet und sofort fällig. In vielen Erbfällen ist aber gar nicht genug Liquidität im Nachlass, um solche Zahlungen zu leisten, sei es, weil das Vermögen überwiegend aus einer Immobilie oder einem Unternehmen besteht.

Für das Berliner Testament haben sich Juristen daher die sogenannten „Pflichtteilsstrafklauseln“ ausgedacht. Diese legen fest, dass Kinder, die im ersten Erbfall ihren Pflichtteil einfordern, für den zweiten Erbfall ebenfalls enterbt sind – oder zumindest vom überlebenden Ehegatten enterbt werden können. Das soll die Geltendmachung des Pflichtteils durch enterbte Kinder unattraktiv machen, kann das Pflichtteilsrecht aber letztlich nicht aushebeln.

In den Fällen des zerrütteten Eltern-Kind-Verhältnisses kann man auch darüber nachdenken, eine Pflichtteilsentziehung zulasten des enterbten Kindes im Testament anzuordnen. Für eine solche Entziehung gelten jedoch besonders hohe Anforderungen, die nur bei extremen Verfehlungen des Kindes denkbar sind.

Strategien zur Pflichtteilsreduzierung

Das Testament ist also das Mittel der Wahl, wenn es um die Enterbung des Sohnes oder der Tochter geht, regelmäßig aber nicht, um drohende Pflichtteilsansprüche auszuschalten. Für dieses Ziel stellt das Erb- und Pflichtteilsrecht eine Reihe weiterer – mehr oder weniger wirksame – Instrumente bereit:

  • Die beste Wirkung entfaltet dabei der Pflichtteilsverzicht. Ein solcher Verzichtsvertrag zwischen dem Erblasser und enterbten Kindern muss zwingend von einem Notar beurkundet werden. Wird er als „Upgrade“ eines Berliner Testaments im Rahmen eines Erbvertrags zur Absicherung des Ehegatten vereinbart, mag es ihn häufig zum „Nulltarif“ geben. In der Konstellation der vollständigen Enterbung des „missratenen Kindes“ wird man ihn in der Regel nur gegen Zahlung einer Abfindung bekommen.
  • Die wohl praxisrelevanteste Gestaltung zur Pflichtteilsreduzierung ist die lebzeitige Schenkung von Vermögen an andere Personen. Der Wert der Schenkung wird zwar zunächst noch vollständig bei der Berechnung des Pflichtteils durch sogenannte Pflichtteilsergänzungsansprüche berücksichtigt. Mit jedem Jahr, dass nach der Schenkung bis zum Erbfall vergeht, vermindert sich die Berücksichtigung jedoch um 10 Prozent, so dass nach 10 Jahren das Geschenk komplett aus dem Pflichtteil fällt. Wer den Pflichtteil eines enterbten Kindes auf diese Weise reduzieren will, sollte jedoch lieber an ein Geschwisterkind schenken als an den Ehegatten, da bei Schenkungen an den Ehegatten die 10-Jahres-Frist nicht beginnt. Das gleiche gilt für Vermögensverschiebungen,  bei denen sich der vermeintliche Schenker das wirtschaftliche Eigentum vorbehält, zum Beispiel durch ein Nießbrauchsrecht.
  • Etwas drastischer sind Maßnahmen mit direktem Einfluss auf die Pflichtteilsquote. So kann ein unverheirateter Erblasser durch eine Eheschließung mit einem Schlag die Pflichtteile der Kinder halbieren. Und auch die Adoption eines weiteren Kindes führt dazu, dass das enterbte Kind sich das Erbe und damit den Pflichtteil mit einem weiteren Geschwisterkind teilen muss.
  • Noch weitreichende Folgen und Nebenfolgen hat der Wegzug in ein ausländisches „Pflichtteilsparadies“. Da nach der EU-Erbrechtsverordnung der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort darüber bestimmt, welches Erb- und Pflichtteilsrecht anwendbar ist, kann der Umzug zum Beispiel in ein liberaleres anglo-amerikanisches Land ohne vergleichbaren Pflichtteil grundsätzlich zu einer Ausschaltung des deutschen Pflichtteilsrecht führen. Dabei gibt es jedoch zahlreiche Stolpersteine zu beachten zum Beispiel, ob die Wirkung auch für in Deutschland belegene Immobilien greift oder auch, ob es unerwünschte steuerliche Folgen gibt.

Ausführliche Informationen zu allen Strategien der Pflichtteilsreduzierung finden Sie hier: Pflichtteil vermindern

Q&A Kinder enterben

Schnelle Antworten auf wichtige Fragen

Darf man sein Kind enterben?

Kinder können grundsätzlich im Rahmen der Testierfreiheit enterbt werden. Im Falle der Enterbung haben Kinder jedoch bei Eintritt Pflichtteilsansprüche gegen den oder die Erben. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Kann man Stiefkinder oder Schwiegerkinder enterben?

Stiefkinder und Schwiegerkinder gehören nicht zu den gesetzlichen Erben. Eine Enterbung ist daher nicht notwendig. Stiefkinder (über den Ehepartner) und Schwiegerkinder (über die Kinder) können aber indirekt doch noch zu Erben werden. Um auch das zu vermeiden, bedarf es testamentarischer Eingriffe in die Erbfolge.

Kann sich ein Kind gegen eine Enterbung wehren?

Ein Kind muss es grundsätzlich hinnehmen, enterbt zu werden. Allerdings gibt es zahlreiche Gründe, warum ein Testament, das eine Enterbung enthält, unwirksam oder anfechtbar ist. In Betracht kommen zum Beispel Formfehler, Irrtümer, Testierunfähigkeit oder auch die Bindung an frühere Testamente.

Wie hoch ist der Pflichtteil eines enterbten Kindes?

Der Pflichtteil eines enterbten Kindes beträgt stets die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Wie hoch der gesetzliche Erbteil von Söhnen und Töchtern ist, hängt davon ab, wie viele Geschwister sie haben und ob sowie in welchem Güterstand der Erblasser verheiratet war.

Muss ich die Enterbung eines Kindes begründen?

Wer ein Kind enterbt, muss dafür im Testament keinen Grund angeben. Es ist aber zulässig, in der letztwilligen Verfügung seine Beweggründe darzulegen. Damit erhöht man aber grundsätzlich das Risiko, dass später um diese Beweggründe und die darauf beruhende Enterbung gestritten wird.

So machen wir Erbrecht

Was wir unter einer guten Beratung im Erbrecht verstehen, wie wir das bei uns umsetzen und was Sie davon haben, erzählt Rechtsanwalt Bernfried Rose in diesem Video.

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