Erbschaftsteuer & Pflichtteil
Gestaltung und Vermeidung von Erbschaft- und Schenkungsteuer bei Pflichtteilsgeltendmachung und Pflichtteilsverzicht
Wie auch die Erbschaft selbst sind Maßnahmen rund um den Pflichtteil steuerrelevant. Die Geltendmachung des Pflichtteils kann sich positiv oder negativ auf die Erbschaftsteuerbelastung auswirken. Und auch der Pflichtteilsverzicht zu Lebzeiten kann Steuern auslösen. In diesem Beitrag erfahren Sie alles über die wichtigsten Themen rund um die Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer beim Pflichtteil.
Themen dieses Beitrags
Leistungen rund um die Erbschaftsteuer beim Pflichtteil
Mit spezialisierten Steuerberatern sowie Fachanwälten für Steuerrecht und Erbrecht beraten wir bundesweit von unseren Standorten in allen Bereichen der steueroptimierten Nachfolge - vor und nach dem Erbfall. Die Schwerpunkte im Bereich Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer sind:
- Nachfolgegestaltung mit Steueroptimierung durch Testamente, Erbverträge, Schenkungen etc.
- Steuergestaltung nach dem Erbfall, insbesondere beim Berliner Testament und Pflichtteil
- Erbschaftsteuererklärungen, Schenkungsteuererklärungen für Erben und Pflichtteilsberechtigte
- Einsprüche gegen den Erbschaftsteuerbescheid und Klagen vor dem Finanzgericht
Für eine unverbindliche Mandatsanfrage wenden Sie sich bitte direkt telefonisch oder per E-Mail an einen unserer Ansprechpartner oder nutzen Sie das Kontaktformular am Ende dieser Seite.
1. Erbschaftsteuer des Enterbten, der den Pflichtteil geltend macht
Der Pflichtteil unterliegt als "Erwerb von Todes wegen" gemäß § 3 Absatz 1 Nr. 1 ErbStG der Erbschaftsteuer. Damit wird der Pflichtteilsberechtigte steuerlich grundsätzlich gleich dem Erben oder dem Vermächtnisnehmer behandelt.
a. Entstehung der Steuerpflicht
Der Pflichtteilsanspruch entsteht gemäß § 2317 BGB bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls und ist grundsätzlich sofort fällig. Die Erbschaftsteuer-Pflicht entsteht jedoch erst dann, wenn Pflichtteilsanspruch geltend gemachtwird. Insoweit folgt das Erbschaftsteuerrecht nicht dem sogenannten "Anfallsprinzip". Das ist in diesem Zusammenhang auch sachgerecht, da ein großer Teil entstehender Pflichtteilsrechte in der Praxis nicht geltend gemacht werden und so zu keiner steuerrelevanten Bereicherung des Pflichtteilsberechtigten führen.
Wird nur ein Teil des Pflichtteils gefordert, ohne dass der Enterbte sich vorbehält, auch den Rest zu fordern, so ist nur diese Teilleistung auf den Pflichtteil Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer.
b. Verzicht nach Geltendmachung (Steuerfalle)
Wird der Pflichtteil zunächst geltend gemacht und verzichtet der Berechtigte später auf die Durchsetzung, entsteht eine erneute Steuerpflicht aufgrund einer Schenkung (freigiebige Zuwendung im Sinne von § 7 Absatz 1 Nr. 1 ErbStG). Daher sollten Pflichtteilsansprüche nicht vorschnell geltend gemacht werden und steuerliche Aspekte stets mit berücksichtigt werden.
c. Steuerklassen, Freibeträge und Steuersätze
Wird durch die Durchsetzung von Pflichtteilsrechten eine Erbschaftsteuerpflicht ausgelöst, gelten hinsichtlich der Besteuerung im Grundsatz die üblichen Vorschriften des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts.
Es gilt stets die Erbschaftsteuerklasse I, da alle pflichtteilsberechtigten Personen dieser Steuerklasse angehören. Für Erwerbe von Personen dieser günstigsten Steuerklasse gelten Steuersätze von 7 Prozent bis 30 Prozent (gestaffelt nach Höhe des Erwerbs/Pflichtteilsanspruchs). Nachfolgende Freibeträge kommen zur Anwendung:
Pflichtteilsberechtigter | Freibetrag | |
---|---|---|
Ehegatten und eingetragene Lebenspartner | 500.000 EUR | |
Kinder | 400.000 EUR | |
Enkel | 200.000 EUR | |
Eltern | 100.000 EUR |
2. Abzug des Pflichtteils bei der Erbschaftsteuer des Erben
Für den bzw. die Erben, die von einem enterbten Angehörigen mit Pflichtteilsansprüchen konfrontiert werden, wirkt sich der Pflichtteil steuermindernd aus.
Gemäß § 10 Absatz 5 Nr. 2 ErbStG sind Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflichtteilen abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten. Auch hier stellt der Gesetzgeber also wieder auf die Geltendmachung von Ansprüchen ab, statt auf das bloße Bestehen von Pflichtteilsrechten.
Die Berücksichtigung als Abzugsposition zugunsten des Erben erfolgt im Rahmen dessen Erbschaftsteuererklärung.
3. Steuer-"Reparatur" des Berliner Testaments durch Pflichtteilsforderung
Beim gemeinschaftlichen Ehegattentestament in Form des sogenannten Berliner Testaments setzen sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben ein und enterben die Kinder (die am Ende Schlusserben werden) damit für den ersten Erbfall.
Diese (vorübergehende) Enterbung der Kinder ist in vielen familiären Konstellationen durchaus vernünftig, um die Versorgung des Ehegatten abzusichern, und eine konfliktreiche Erbengemeinschaft zu verhindern. Aus steuerlicher Sicht hat das Berliner Testament aber den entscheidenden Nachteil, dass der Ehegatte als Alleinerbe den gesamten Nachlass versteuern muss, während die Freibeträge der Kinder (immerhin je 400.000 Euro) ungenutzt bleiben. Um dieses steuerliche Risiko auszuschalten, haben sich verschiedene Vermächtnislösungen zugunsten der Kinder in der erbrechtlichen Gestaltung etabliert.
In der Regel wird die "Steuerfalle Berliner Testament" jedoch erst beim bzw. nach dem Erbfall erkannt. Dann besteht eine Möglichkeit zur nachträglichen Steueroptimierung darin, dass die enterbten Kinder vom alleinerbenden Elternteil (und in Abstimmung mit diesem) den Pflichtteil fordern. Erschwert wird diese erbschaftsteuerliche Reparatur der letztwilligen Verfügung jedoch häufig durch die in Berliner Testamenten weit verbreiteten Pflichtteilsstrafklauseln. Sollen die Kinder daran hindern, den Pflichtteil zu fordern, indem ihnen für diesen Fall die Stellung als Schlusserbe verwehrt wird. Hier kommt es dann genau auf die Formulierung an, ob und wie also welche Konsequenz für welche Art der Pflichtteilsforderung formuliert wurde.
Noch mehr Informationen zur Pflichtteilsproblematik beim Ehegattentestament finden Sie hier: Berliner Testament & Pflichtteil
4. Pflichtteilsverzicht: Schenkungsteuer für die Abfindung
Der lebzeitige Verzicht auf Pflichtteilsansprüche unterliegt nicht der Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer.
Das trifft jedoch nicht auf eine für den Verzicht auf den Pflichtteil geleistete Abfindung oder sonstige Gegenleistung des Erblassers. Eine solche Abfindung gilt gemäß § 7 Absatz 1 Nr. 5 ErbStG als Schenkung unter Lebenden, die als solche der Schenkungsteuer unterliegt.
Die Steuerklasse bestimmt sich nach dem (familiären) Verhältnis zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten. Das gilt auch in den Fällen, in denen die Abfindung nicht vom Erblasser, sondern von einem Dritten gezahlt wird. Wird also etwa ein Kind zugunsten eines anderen Kindes enterbt und zahlt das erbende Kind dem nicht erbenden Kind eine Abfindung, liegt steuerlich also keine Leistung unter Geschwistern vor, sondern eine Eltern-Kind-Leistung.
5. Q&A Erbschaftsteuer beim Pflichtteil
Schnelle Antworten auf wichtige Fragen
Wird bei der Enterbung Erbschaftsteuer für den Pflichtteil fällig?
Eine Erbschaftsteuerpflicht entsteht weder zum Zeitpunkt der Enterbung noch zum Zeitpunkt des Erbfalls. Erst die Geltendmachung des Pflichtteils führt zu einer Steuerpflicht.
Wie hoch ist der Erbschaftsteuer-Freibetrag beim Pflichtteil
Enterbte Angehörige haben bei der Geltendmachung des Pflichtteils die gleichen Freibeträge wie als Erben. Enterbte Kinder haben bei der Erbschaftsteuer einen Freibetrag von 400.000 Euro, Ehepartner einen Freibetrag von 500.000 Euro.
Löst der Pflichtteilsverzicht Erbschaftsteuer aus?
Der Pflichtteilsverzicht führt nicht zu einer Erbschaftsteuer. Jedoch unterliegt eine für den Verzicht gezahlte Abfindung regelmäßig der Schenkungsteuer.
Muss ich als Erbe Steuern zahlen, obwohl ich auch den Pflichtteil schulde?
Die Zahlung auf geltend gemachte Pflichtteilsansprüche befreit den Erben nicht von der Pflicht, Erbschaftsteuern zu zahlen. Allerdings wird der Pflichtteil beim Erben bei der Festsetzung der Steuer als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt und mindert so die Steuerlast.