FG München: Steuerfalle bei Betriebsübertragung

Zeitliche Trennung gefährdet Steuerbegünstigung

Das FG München befasste sich mit der Frage, ob steuerliche Begünstigungen bei der Übertragung eines Betriebsvermögens gewährt werden können, wenn Betriebsgrundstück und Gewerbebetrieb zeitlich getrennt übertragen wurden. Worauf es bei der steuerbegünstigten Übertragung von Betriebsvermögen ankommt, lesen Sie hier.

Veröffentlicht am: 28.01.2025
Qualifikation: Rechtsanwalt, Steuerberater & Fachanwalt für Steuerrecht
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Das Finanzgericht München hat sich mit Urteil vom 14. Juni 2023 (Az. 4 K 1481/22) mit der Frage beschäftigt, unter welchen Bedingungen die steuerlichen Begünstigungen für die Übertragung von Betriebsvermögen nach §§ 13a ff. ErbStG gewährt werden können. In dem Fall ging es um die Übertragung eines Gewerbebetriebs – eine Gaststätte, die als Einzelunternehmen geführt wurde – inklusive des dazugehörigen Betriebsgrundstücks im Rahmen eines Schenkungsvertrags. Der Übertragende wollte das Betriebsvermögen an einen Nachfolger übertragen.

Dieses Betriebsvermögen bestand aus einem Grundstück, das für den Betrieb genutzt wurde, und dem eigentlichen Gewerbebetrieb. Beide Vermögenswerte wurden im Rahmen eines einzigen Schenkungsvertrags übertragen. Als offizieller Übertragungstermin wurde im Vertrag der Tag vereinbart, an dem der Gewerbebetrieb – also die Gaststätte – übertragen werden sollte. Allerdings erfolgte die Übertragung des Betriebsgrundstücks – inklusive Auflassung und Eintragung im Grundbuch – zeitlich noch vor der Übertragung des Gewerbebetriebs. Die Übertragungen wurden vom Gericht daher getrennt betrachtet, obwohl sie Teil eines einheitlichen Vertrags waren.

Steuerliche Begünstigung nach §§ 13a ff. ErbStG

Dreh- und Angelpunkt des Falls lag in der Frage, ob die steuerlichen Begünstigungen für die Übertragung von Betriebsvermögen gemäß §§ 13a ff. Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) gewährt werden können, wenn ein Betriebsgrundstück und der dazugehörige Gewerbebetrieb zeitlich getrennt übertragen werden, obwohl beide Übertragungen Teil eines einheitlichen Schenkungsvertrags sind. 

Die einschlägigen Normen sollen die Übertragung von Betriebsvermögen erleichtern und die Fortführung von Unternehmen sichern, ohne dass die Steuerlast bezüglich Erbschaft- und Schenkungsteuer die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens gefährdet. Voraussetzungen für die Begünstigung ist unter anderem die Einheitlichkeit des Betriebsvermögens. Das bedeutet konkret, dass das Vermögen als zusammenhängende wirtschaftliche Einheit übertragen werden muss.

Übertragung von Betriebsvermögen – in zwei Akten

Im vorliegenden Fall wurde das Betriebsgrundstück zeitlich bereits vor dem zugehörigen Gewerbebetrieb übertragen. Die zeitliche Differenz der Übertragungen führte den Richtern zufolge dazu, dass die Voraussetzungen für die steuerliche Begünstigung der Übertragung von Betriebsvermögen nicht erfüllt waren. 

Bei der vorherigen Übertragung des Betriebsgrundstücks ist den Richtern zufolge weder das Unternehmerrisiko noch die Unternehmerinitiative auf den Empfänger übergegangen, da sich aus dem vereinbarten Übertragungstermin schließen lasse, dass erst mit Übertragung des Gewerbebetriebs an sich auch das Unternehmerrisiko und die Unternehmerinitiative übergehen sollten. Erst zu diesem späteren Zeitpunkt habe der Empfänger tatsächlich und rechtlich den „ganzen Gewerbebetrieb“ im Sinne des § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG erworben.

Das Gericht stellte klar, dass für eine Steuerbegünstigung der Betrieb inklusive des Grundstücks gleichzeitig oder in einer Art und Weise hätten übertragen werden müssen, die den Eindruck einer einheitlichen Übertragung vermittelt.

FG München: Voraussetzungen für Steuerbegünstigung liegen nicht vor

Die Richter des FG München begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Voraussetzungen für die steuerlichen Begünstigungen gemäß §§ 13a, 13b ErbStG im vorliegenden Fall nicht dauerhaft bzw. in den entscheidenden Zeitpunkten nicht mehr erfüllt waren. Im vorliegenden Fall wurde das Betriebsgrundstück vor dem Gewerbebetrieb übertragen, obwohl beide Übertragungen Teil eines einheitlichen Vertrags waren. Eine getrennte oder zeitlich versetzte Übertragung verstoße aber gegen den Grundsatz der Einheitlichkeit der Betriebsübertragung und führe zwangsläufig dazu, dass die steuerlichen Begünstigungen nicht greifen. 

Auch wenn Grundstück und Betrieb formal in einem einheitlichen Schenkungsvertrag geregelt wurden, ist die tatsächliche zeitliche Reihenfolge der Übertragungen entscheidend. Aus Sicht der Richter handelte es sich bei der Grundstücksübertragung deshalb nicht um eine einheitliche Übertragung des Betriebsvermögens, wie es für die Steuerbegünstigung erforderlich wäre. Für die bloße vorherige Grundstücksübertragung sei die Steuerbegünstigung für inländisches Betriebsvermögen nach §§ 13a, 13b ErbStG daher nicht zu gewähren.

Einheitlichkeit der Betriebsübertragung entscheidend für Steuerbegünstigung

Dieses Urteil im Bereich der Unternehmensnachfolge zeigt, wie vorsichtig bei Betriebsübertragungen hinsichtlich der technischen Verknüpfung der steuerlichen Vorgaben und Umsetzung im notariellen Vertrag vorgegangen werden muss. Hier ist dem Notar besonders auf die Finger zu schauen, um sicherzustellen, dass die Voraussetzungen für eine einheitliche und dadurch steuerbegünstigte Übertragung von Betriebsvermögen gewahrt werden. Wir bei ROSE&PARTNER haben bereits mehrere ähnlich gelagerte Fälle in der Abwehrberatung von Steuerberater-Kollegen übernommen. 

Das Urteil betrifft nur die Erbschafts- und Schenkungssteuer. Im vorliegenden Fall gibt es auch noch ertragsteuerliche Folgen. Der Übergeber zahlt zusätzlich Einkommensteuer, die auch nicht durch Rückforderungsrechte im Übergabevertrag zu Fall gebracht werden kann. Wir bei ROSE & PARTNER erleben immer wieder, dass die Einkommensteuer und manchmal auch Umsatzsteuer bei der Gestaltung von Vermögensübertragungen nicht genügend in den Blick genommen werden.

Insgesamt zeigt der Fall, dass formale und zeitliche Aspekte bei der Übertragung von Betriebsvermögen entscheidend für die Inanspruchnahme steuerlicher Begünstigungen sind.

Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die Revision ist seit geraumer Zeit beim Bundesfinanzhof in München anhängig. Eine Folgeentscheidung des BFH bleibt daher abzuwarten. Unsere Einschätzung ist, dass die Entscheidung des FG München Bestand haben wird. 

 

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Steuern bei der Unternehmensnachfolge