Erbunwürdigkeit, Erbe verwirken
So verliert man durch eine Anfechtungsklage Erbe, Pflichtteil und Vermächtnis
Es ist möglich, dass ein Erbe wegen Erbunwürdigkeit sein Erbrecht verwirkt. Das kann sowohl bei sehr groben Verfehlungen gegenüber dem Erblasser als auch bei bestimmten Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der Testamentserrichtung der Fall sein. Dann ist es möglich, dass die Erbschaft des Übeltäters mit einer Anfechtungsklage angegriffen wird.
Im nachfolgenden Beitrag geben Ihnen unsere Fachanwälte für Erbrecht einen Überblick über die Voraussetzungen und Folgen der Erbunwürdigkeit.
Anwaltliche Leistungen im Bereich Erbunwürdigkeit
Unsere spezialisierten Fachanwälte für Erbrecht beraten Sie bundesweit zu allen Fragen rund um das Erben und Vererben. Rund um das Thema Erbunwürdigkeit bieten wir Erblassern, Erben und Enterbten folgende Leistungen:
- Prüfung von Sachverhalten auf das Vorliegen von Gründen für eine Erbunwürdigkeit
- Durchsetzung bzw. Abwehr einer Anfechtungsklage zur Feststellung der Erbunwürdigkeit
- Gestaltungen im Bereich Pflichtteilsreduzierung und Pflichtteilsentzug
- Vertretung im Erbscheinsverfahren und beim Erbstreit
- Rechtliche Maßnahmen gegen Erbschleicher
- Anfechtung von Testamenten
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Worum geht es bei der Erbunwürdigkeit?
Wer aufgrund schwerer Verfehlungen erbunwürdig ist, kann nach dem Erbfall sein Erbe verlieren - und auch etwaige Vermächtnis- oder Pfichtteilsansprüche. Die Erbunwürdigkeit soll den Erben davon abhalten, grob gegen die Interesssen des Erblassers zu handeln, sie bei Fehlverhalten bestrafen und so den mutmaßlichen Willen des Erblassers durchsetzen.
Damit ein Erbe erbunwürdig wird und sein Erbrecht so verwirkt, muss eine schwere Verfehlung vorliegen. Eine solche Verfehlung kann zum Beispiel darin liegen, dass der Erblasser vom Erben getötet, getäuscht oder an der Errichtung eines Testaments gehindert wurde. Auch Manipulationen rund um die Beantragung des Erbscheins können relevant sein. Im Erbfall ist zu prüfen, ob einer dieser gesetzlichen Erbunwürdigkeitsgrunde vorliegt.
Gründe für die Erbunwürdigkeit (§ 2339 BGB)
Erbunwürdig ist
- wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich getötet oder zu töten versucht oder in einen Zustand versetzt hat, infolge dessen der Erblasser bis zu seinem Tode unfähig war, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben.
- wer den Erblaser vorsätzlich und widerrechtlich verhindert hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
- wer den Erblasser durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
- wer sich in Ansehung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen einer Straftat nach den §§ 267, 271 bis 274 des Strafgesetzbuchs schuldig gemacht hat.
Diese gesetzliche Aufzählung der Unwürdigkeitsgründe ist abschließend, kann also nicht auf ähnliche bzw. vergleichbare Verhaltensweisen übertragen werden.
In der Praxis geht es häufig um Erbunwürdigkeit, wenn der Erblasser z.B. mit Medikamenten in einen testierunfähigen Zustand gebracht oder an der Testamentserrichtung gehindert wurde oder ein Testament gefälscht wurde
Die Anfechtungsklage zur Auslöschung des Erbrechts
Das Erbrecht der erbunwürdigen Person erlischt nicht automatisch mit Vorliegen eines der gesetzlichen Gründe. Trotz Vorliegens eines Grundes für die Erbunwürdigkeit, erfolgt also zunächst der "Erbschaftserwerb" des unwürdigen Erben. Es bedarf der gerichtlichen Geltendmachung der Erbunwürdigkeit durch eine Anfechtung.
Die Anfechtung erfolgt in Form einer Anfechtungsklage gegen den Erben.
Anfechtungsklage, § 2342 BGB
(1) Die Anfechtung erfolgt durch Erhebung der Anfechtungsklage. Die Klage ist darauf zu richten, dass der Erbe für erbunwürdig erklärt wird.
(2) Die Wirkung der Anfechtung tritt erst mit der Rechtskraft des Urteils ein.
Klage- bzw. anfechtungsberechtigt sind Personen, die davon profitieren, dass der Erbunwürdige als Erbe ausscheidet. Das können testamentarische oder gesetzliche Erben sein, deren Erbteil durch den Wegfall der erbunwürdigen Person entsteht bzw. größer wird.
Die Anfechtung des Erbschaftserwerbs muss gemäß § 2082 BGB binnen eines Jahres nach Kenntnis vom Anfechtungsgrund erfolgen - frühestens aber mit Eintritt des Erbfalls. Besteht zunächst nur der bloße Verdacht der Erbunwürdigkeit, beginnt die Jahresfrist erst mit der Beweisbarkeit dieses Verdachts.
Für die Anfechtungsklage entstehen Gerichtskosen und Rechtsanwaltskosten. Der Streitwert der Klage richtet sich nach dem Wert des Erbteils der Person, deren Erbunwürdigkeit festgestellt werden soll. Vom Streitwert hängt auch ab, ob das Amtsgericht oder das Landgericht für die Anfechtungsklage zuständig ist.
Unterschied zur Anfechtung des Testaments
Wurde der Erblasser mit einer Täuschung oder Drohung zur Errichtung eines Testaments bewegt, kommt auch eine Anfechtung des Testaments gemäß § 2078 BGB in Betracht. Allerdings führt die Anfechtung des Testaments nur zur Unwirksamkeit dieser konkreten letztwilligen Verfügung. Die Anfechtung der Erbenstellung wegen Erbunwürdigkeit erfasst dagegen auch andere zugunsten des Täuschenden oder Drohenden getroffene Testamente und beseitigt vor allem auch die Stellung als gesetzlicher Erbe.
Die Verzeihung des Erblassers, § 2343 BGB
Der Ausschluss eines Erben wegen Erbunwürdigkeit erfolgt aufgrund der Vermutung erfolgt, dass der Erblasser dessen Erbenstellung missbilligen würde. Daher hat der Gesetzgbeber auch den Fall geregelt, in dem der Erblasser trotz der Verfehlung des Erben wohl anders entschieden hätte:
"Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Erblasser dem Erbunwürdigen verziehen hat" (§ 2343 BGB).
Die Anfechtungsklage wegen Erbunwürdigkeit hat also keinen Erfolg, wenn zwar eine schwere Verfehlung vorliegt, der Erblasser dem Erben diese jedoch verziehen hat. Eine Verzeihung setzt dabei stets voraus, dass der Erblasser Kenntnis vom Erbunwürdigkeitsgrund hatte. Die Verzeihung kann auch stillschweigend erfolgen, nicht ausreichend ist aber eine mutmaßliche Verzeihung.
Während der Anfechtende die Erbunwürdigkeit beweisen muss, trifft den Erbunwürdigen die Beweislast hinsichlich der Verzeihung.
Erbunwürdigkeit bei unwirksamem Testament?
Die Erbunwürdigkeit tritt in den Fällen des § 2339 Absatz 1 Nr. 3,4 BGB nicht ein, wenn vor dem Eintritt des Erbfalls die Verfügung, zu deren Errichtung der Erblasser bestimmt oder in Ansehung deren die Straftat bestimmt worden ist, unwirksam geworden sein würde (§ 2339 Absatz 2 BGB). Hintergrund dieser umstrittenen und komplizierten Vorschrift ist, dass die Tat des Erben nicht zu einer Ungewissheit hinsichtlich des Willens des Erblassers geführt hat.
Auswirkungen der Erbunwürdigkeit auf die Erbfolge
Eine erbunwürdige Person, dessen Erbrecht erfolgreich angefochten wurde, scheidet aus der Erbfolge aus. Das gilt sowohl für die Erbfolge gemäß Testament als auch für die gesetzliche Erbfolge.
Die Erbunwürdigkeit ist allerdings nicht absolut, sondern relativ. Das heißt, dass sie nur im Verhältnis zu dem Erblasser besteht, gegen den sich die schwere Verfehlung gerichtet hat. Da erbunwürdige Personen somit auch Angehörige des Erblassers beerben können, ist theoretisch denkbar, dass sie über Umwege doch noch vom Nachlass profitieren, von dem sie eigentlich ausgeschlossen werden sollten.
Unter Ehegatten führt die geltend gemachte Erbunwürdigkeit nicht auch zum Ausschluss eines etwaigen Zugewinnausgleichs. Hier gelten allein die Vorschriften des Familienrechts, nach denen gemäß § 1381 BGB gegebenenfalls eine Zahlung wegen grober Unbilligkeit verweigert werden kann.
Pflichtteilsunwürdigkeit & Vermächtnisunwürdigkeit
Eine nicht unwichtige Ergänzung der Erbunwürdigkeit ist die in § 2345 BGB geregelte Vermächtnisunwürdigkeit und Pflichtteilsunwürdigkeit. Diese stellt sicher, dass Personen, die erbunwürdig sind, auch keinen Anspruch auf ein testamentarisches Vermächtnis oder auf einen Pflichtteil haben. Relevant ist die Pflichtteilsunwürdigkeit in den Fällen, in denen ein pflichtteilsberechtigter Angehöriger enterbt wurde, die Entziehung des Pflichtteils aber nicht erfolgt ist.
Hinsichtlich des Vermächtnisanspruchs und des Pflichtteilsanspruchs muss die Anfechtung nicht in Form einer Anfechtungsklage erfolgen, sondern kann durch eine bloße Anfechtungserklärung vorgenommen werden. Bei einer Anfechtungsklage gegen den Erben wegen Erbunwürdigkeit ist in der Klage gleichzeitig auch die Anfechtung etwaiger Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche zu sehen.
FAQ Erbunwürdigkeit
Schnelle Antworten auf häufige Fragen
Was bedeutet erbunwürdig?
Erbunwürdig ist ein Erbe, der eine der in § 2339 BGB genannten schweren Verfehlungen begangen hat und dessen Erbenstellung daher nach dem Erbfall angefochten werden kann.
Ist ein verurteilter Straftäter immer erbunwürdig?
Nur bei bestimmten Straftaten, die sich gegen das Leben oder die Testierfreiheit des Erblassers richten, ist ein Erbunwürdigkeitsgrund gegeben. Das Zivilgericht, das über die Anfechtung der Erbenstellung entscheidet, muss dabei nicht zwingend dem Strafgericht folgen, tut dies aber in der Regel.
Wer muss bei der Erbunwürdigkeit was beweisen?
Wer mit einer Anfechtungsklage die Erbunwürdigkeit feststellen lassen will, muss den Grund dafür beweisen. Behauptet der vermeintlich erbunwürdige Erbe, dass ihm der Erblasser verziehen habe, muss er diese Verzeihung beweisen.
So machen wir Erbrecht
Was wir unter einer guten Beratung im Erbrecht verstehen, wie wir das bei uns umsetzen und was Sie davon haben, erzählt Rechtsanwalt Bernfried Rose in diesem Video.