Kauf und Verkauf einer Anwaltskanzlei bzw. Kanzleibeteiligung
Wie erfolgt eine Kanzlei-Bewertung und was ist wichtig beim Kaufvertrag?
Der Rechtsanwalt, der seine etablierte Kanzlei oder seine Beteiligung an einer Anwalts-Sozietät zu veräußern plant, benötigt eine angemessene Vorbereitungszeit. Der Verkäufer will einen möglichst hohen Kaufpreis erzielen und wenig Haftungsrisiken übernehmen. Der Käufer will dagegen einen angemessenen Kaufpreis zahlen und möglichst hohe steuerliche Privilegierungen in Anspruch nehmen. Sowohl der Käufer als auch der Verkäufer einer Anwaltskanzlei müssen sich viele finanzielle, rechtliche, und steuerliche Aspekte vor Augen führen. Statistisch betrachtet konkurrieren mehre Kaufinteressenten um den Erwerb einer Anwaltskanzlei. Doch es kommt stark auf die Ausrichtung und Spezialisierung der zum Verkauf stehenden Kanzlei an.
Als Wirtschaftsrechtskanzlei mit Fachanwälten für Handels- und Gesellschaftsrecht und spezialisierten Steuerberatern beraten wir Rechtsanwälte beim Kanzleikauf und -verkauf sowie beim Austritt aus Anwaltssozietäten.
Für eine unverbindliche Anfrage kontaktieren Sie bitte direkt telefonisch oder per E-Mail einen unserer Ansprechpartner oder nutzen Sie das Kontaktformular am Ende dieser Seite.
Expertise beim Kanzleikauf und Praxisverkauf
Unser Team von Wirtschaftsanwälten verfügt über eine jahrelange Praxiserfahrung bei der Strukturierung von Sozietäten. Wir unterstützen Rechtsanwälte bei der Vorbereitung, Vertragsgestaltung und Verhandlung von Übernahmeverträgen und Beteiligungsvereinbarungen. Unser Beratungsspektrum umfasst die folgenden Bereiche:
- Unterstützung beim Verkauf der gesamten Anwaltskanzlei
- Beratung des Käufers bei der Übernahme einer Rechtsanwaltskanzlei
- Begleitung beim Austritt aus einer Rechtsanwaltssozietät
- Anteilserwerb und Eintritt in Anwalts-Sozietäten
- Bewertung von Anwaltskanzleien und steuerliche Strukturierung von Kanzleiübernahmen
- Gestaltung und Optimierung von Gesellschaftsverträgen in Sozietäten
- Beratung bei Gesellschafterstreitigkeiten in der Sozietät jedweder Rechtsform
Praxiswert: Bewertung der Anwaltskanzlei und Kaufpreishöhe
Von der fachmännischen Bewertung einer Rechtsanwaltskanzlei oder eines Gesellschaftsanteils an einer Sozietät ist immer die individuelle Verhandlung der Höhe des Kaufpreises zu unterscheiden. Muss zum Beispiel eine Anwaltskanzlei unvorbereitet verkauft werden, etwa weil es zu einer Krankheit, Berufsunfähigkeit oder sogar zum Tod des Kanzleiinhabers gekommen ist, wird der Kaufpreis der Kanzlei mit Sicherheit niedriger ausfallen als wenn die Übergabe der Kanzlei von langer Hand durch den Kanzleiinhaber vorbereitet wird. Gegenüber dem „wahren Wert“ wird der Verkäufer, der an einem schnellen Kanzleiverkauf interessiert ist, oftmals Abschläge in Kauf nehmen müssen.
Bei der Frage des Werts der Rechtsanwaltskanzlei kommt es neben der Struktur der Mitarbeiter und der Geschäftsausstattung entscheidend auf die Werthaltigkeit der Mandate und das Honorarvolumender Kanzlei an. Dabei ist der Mandant nicht gleich Mandant. Bei einem Unternehmermandanten, der über 70 Jahre alt ist und über keinen Unternehmensnachfolger verfügt, könnte ein spürbarer Abschlag in Betracht kommen. Risikoabschläge können aber auch bei umsatzträchtigen Großmandaten in Betracht kommen.
Der Praxiswert richtet sich vornehmlich nach dem Mandantenstamm, einem immateriellen Vermögensgegenstand. Zu bewerten ist also die Möglichkeit, die Mandantenbeziehungen und Kanzleiumsätze des alten Kanzleiinhabers fortzusetzen. Eine erfolgreiche Überführung der Mandantenbeziehungen lässt sich in Form einer längeren Planung besser umsetzen als bei einer Ad hoc-Kanzleiübertragung. Der Zeitfaktor ist bei der Kanzleiübertragung wesentlich.
Unternehmensbewertung durch unseren Experten!
Die Unternehmensbewertung zur Ermittlung des Kaufpreises übernimmt in unserem Team Steuerberater Martin Stürmer. Als Bewertungsexperte arbeitet er eng mit unseren Anwälten im Gesellschaftsrecht zusammen. Sie können ihn auch unabhängig von rechtlichen Themen beauftragen (stuermer@rosepartner.de).
Indikative Unternehmensbewertungen bieten wir ab 5.000 EUR zzgl. USt. an.
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Bewertungsverfahren für Anwaltskanzleien
Bei der Bewertung einer Rechtsanwaltskanzlei ist der Blick in die betriebswirtschaftlichen Auswertungen, Jahresabschlüsse und möglichst auch in die Steuerunterlagen der Kanzlei wesentlich. Für den Kanzleikäufer sind Aspekte wichtig wie Umsätze, Kostenstruktur und die Frage nach den offenen Forderungen. Aussagekräftig ist auch die Umsatzrendite in den vergangenen Jahren. Von großer Relevanz ist zudem die Zusammensetzung des Mandantenstamms.
In der Wirtschaftspraxis gibt es viele unterschiedliche Ansätze zur Bewertung von Rechtsanwaltskanzleien. Pauschale Bewertungsansätze stellen einfach auf den Jahresumsatz abzüglich eines halben kalkulatorischen Anwaltslohns ab. Dagegen favorisieren betriebswirtschaftliche und investitionstheoretische Bewertungsmodelle das Ertragswertverfahren, das auch bei gewerblichen Unternehmensbewertungen zum Einsatz kommt. Im Zentrum steht der Goodwill der Kanzlei und das immaterielle Wirtschaftsgut „Mandantenstamm“. Bei der Wertbestimmung der Anwaltskanzlei fragt das Ertragswertverfahren danach, was die Unternehmung nach dem Erwerb in Zukunft an Erträgen abwirft. Der Käufer einer Kanzlei hat sich die Frage zu stellen, wann sich der Kaufpreis amortisiert und der Return on Investment erreicht wird. Die erwarteten zukünftigen Erträge der Kanzlei werden auf die Gegenwart abgezinst. Wobei die zukünftigen Erträge nur anhand der in der Vergangenheit erwirtschafteten Erträge bestimmt werden.
Nähere Informationen zur Unternehmensbewertung und Anteilsbewertung finden Sie hier: Unternehmensbewertung, Anteilsbewertung
Zu berücksichtigen ist, dass bei der Bewertung von Rechtsanwaltskanzleien im Rahmen des Ertragswertverfahrens das „Gehalt“ des Anwalts für seine Tätigkeit von der Bewertungsbasis abzuziehen ist. Von den ermittelten Überschusserträgen aus der Vergangenheit für die Bemessungsgrundlage ist der sogenannte kalkulatorische Unternehmerlohn abzusetzen. Der Käufer einer Kanzlei will nur den sogenannten „Übergewinn“ ohne den Unternehmerlohn bezahlen. Die Berücksichtigung des kalkulatorischen Unternehmerlohns erfolgt unabhängig, ob die Kanzlei eine vollhaftende Einzelunternehmung, Personengesellschaft (GbR oder PartG) oder eine Kapitalgesellschaft (GmbH) darstellt. Großer Streitpunkt ist in Vertragsverhandlungen oftmals die Frage, wie hoch der „kalkulatorische Unternehmerlohn“ ist. Er entspricht nicht immer dem vertraglich fixierten Gehalt – zum Beispiel in einer Rechtsanwalts-GmbH.
Leitfaden für den Kanzleikauf (Geheimhaltung & Datenschutz)
Das zentrale rechtliche Instrument bei der Übertragung einer Anwaltskanzlei oder einer Gesellschaftsbeteiligung an einer Anwaltssozietät ist der Kaufvertrag. Während der Verkauf von Freiberufler-Praxen (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Ärzte) früher sich als sehr schwierig erwiesen hat, gestaltet sich heute der Vollzug einer Kanzleiübertragung ohne größere rechtliche Hürden. Die alte Rechtsprechung des Reichsgerichts, wonach Praxisübertragungsverträge als nichtig anzusehen sind (§ 138 BGB), gilt schon seit Dekaden nicht mehr. Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung kann eine Anwaltskanzlei verkauft und an Dritte übertragen werden.
Aber auch aktuell spielen Geheimhaltung, Verschwiegenheitspflicht und der Datenschutz bei der Übertragung einer Anwaltskanzlei eine große Rolle. Die Pflichten derDatenschutzgrundverordnung (DSGVO) treffen sowohl den Käufer als auch Verkäufer einer Kanzlei gleichermaßen. Die Kanzleiübergabe muss in Form einer datenschutzkonformen Umsetzung der Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten gestaltet werden. Die Datenschutz- und Geheimhaltungspflichten müssen sich zwingend in den Regelungen des Kanzlei-Kaufvertrags widerspiegeln. Verletzungen des anwaltlichen Berufsgeheimnisses können nicht nur zu einer Verletzung des Berufsrechts führen, sondern können eine Strafbarkeit begründen (§ 203 StGB). Gegenstand des Kaufvertrags ist immer auch die Übergabe der Handakten (§ 50 BRAO). Das Berufsrecht sowie die Rechtsprechung des BGH verlangten wiederum für die Handaktenübergabe die schriftliche Zustimmung des Mandanten. Klauseln in Praxiskaufverträgen, die das Zustimmungserfordernis verletzen, können zur Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags führen. Da die Nichtigkeitsfolgen weitreichende finanzielle Risiken für Käufer und Verkäufer begründen (Rückzahlung Kaufpreis, Rückübertragung der Kanzlei und sogar strafrechtliche Risiken), muss der Kaufvertrag mit höchster professioneller Sorgfalt gestaltet werden.
Die Übertragung einer Rechtsanwaltskanzlei kann zum einen im Wege eines sogenannten Asset Deals (durch Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern) erfolgen. Ist eine Kanzlei als Gesellschaft organisiert, kann die gesamte Kanzlei oder eine Beteiligung an der Kanzlei im Wege des Share Deals (Transfer von Gesellschaftsanteilen) übertragen werden. Überdies kann auch der Eintritt eines Rechtsanwalts in die Sozietät im Wege des Anteilserwerbs (Share Deal) oder im Wege des teilweisen Erwerbs der Einzelwirtschaftsgüter erfolgen. Beide Formen Share Deal und Asset Deal haben grundlegende unterschiedliche steuerliche Folgen, insbesondere für den Käufer (zu den steuerlichen Aspekten und Abschreibungsmöglichkeiten siehe ganz unten).
Checkliste Kanzlei-Kaufvertrag
Wenn Anwaltskanzleien nicht in Form einer Anteilsübertragung (Share Deal) übertragen, sondern im Wege des Asset Deals übergeleitet werden, kommt es bei der Gestaltung des Kaufvertrags darauf an, dass alle Wirtschaftsgüter spezifiziert werden und auch dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprechen. Dabei kommt es auf die Aktiva und Passiva (also auch Schulden und Verbindlichkeiten des Kanzleibetriebs) an. Die wesentlichen Assets, die übertragen werden sollen, werden üblicherweise vom Käufer überprüft. Im Rahmen von gewerblichen Unternehmensübernahmen wird die Prüfung dieser einzelnen Assets als Due Diligence-Verfahren bezeichnet. Diese Überprüfung dient dazu, die bestehenden Risiken für den Käufer offenzulegen, und den Wert des zu übernehmenden Betriebs zu bestimmen.
Es ist ratsam bei der Gestaltung des Kaufvertrags die nachfolgende Checkliste zu beachten. Jeder Kaufvertrag sollte die nachfolgenden Regelungsgegenstände aufweisen:
- Spezifizierung der beweglichen Wirtschaftsgüter, Kanzleiinventar und Einrichtung sind möglichst in einer Inventarliste vollständig zu erfassen und als Anlage zum Kaufvertrag zu nehmen.
- Definition und Abgrenzung aller Vermögensverhältnisse und Vertragsbeziehungen (etwa Leasing- und Lizenzverträge), die auf den Käufer übergehen und die beim Verkäufer verbleiben sollen. Es gilt eine klare Regelung betreffend die halbfertigen Arbeiten, Forderungen der Kanzlei und seiner Verbindlichkeiten zu formulieren. Zeitlich abgegrenzt werden müssen insbesondere die Honorarforderungen des alten Kanzleiinhabers. Vertraglich zu regeln ist auch ein Stichtag mit einer Risikoabgrenzung.
- Auflistung aller bestehenden Arbeitsverhältnisse und Dienstleistungsverträge, etwa mit wissenschaftlichen Mitarbeitern. Zu beachten ist, dass der Kaufvertrag in aller Regel einen zivil- und arbeitsrechtlichen Betriebsübergang begründet. Bei falschem Umgang mit der zivilrechtlich geforderten Dokumentation können finanzielle Risiken für Käufer und Verkäufer entstehen.
- Gegebenenfalls wird die Übernahme des Kanzleinamens gewollt sein. Insbesondere sollte geprüft werden, ob der Kanzleiname auch bei einer geplanten Umwandlung der Gesellschaft beibehalten werden kann. Die firmenrechtlichen Anforderungen in einer Partnerschaftsgesellschaft sind nach wie vor verhältnismäßig streng.
- Neben den sachlichen Vermögenswerten sind durch den Kaufvertrag auch die immateriellen Vermögenswerte, nämlich der Goodwill, zu regeln. Wie oben bereits dargestellt, ist der Mandantenstamm das wichtigste Wirtschaftsgut eines Kanzleikaufvertrags. Eine Zuordnung von Kaufpreisbestandteilen an dieser Stelle hat auch unmittelbaren Einfluss auf wichtige steuerrechtliche Weichenstellungen. Im Zusammenhang mit der Übergabe der Handakte der einzelnen Mandanten müssen die oben genannten datenschutz- und berufsrechtlichen Pflichten zwingend beachtet werden. Die Kaufvertragsklauseln müssen dem Berufsgeheimnis Rechnung tragen, um nicht die Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags zu riskieren.
- Neben des Garantiekatalogs sind angemessene Kaufpreisbestimmungen zu verhandeln. Es können Regelungen für nachträgliche Umstände begründet werden, die Einfluss auf eine Kaufpreiserhöhung und -reduzierung haben (etwa Earn Out-Komponenten, wenn sich die Kaufpreisabstimmung schwierig gestaltet).
- Werden die Kanzleiräume gemietet, spielt die Absicherung der Übernahme des Kanzleimietvertrags eine enorme Rolle. Erfahrungsgemäß wird der Vermieter nur selten vertraglich verpflichtet sein, einer Vertragsübernahme des Käufers zuzustimmen. Im Kaufvertrag müssen entsprechende Sicherungsmechanismen aufgenommen werden.
- In der Praxis der Kanzleiübertragungen sind oft auch Fragen von Wettbewerbsverboten und Mandantenschutzklauseln von großer Bedeutung. Entsprechende Vertragsregelungen schützen den Käufer, der ein hohes Investment aufbringt.
- Endlich spielen in der Praxis auch Schiedsgerichtsklauseln und spezifische Streitbeilegungsmechanismen eine Rolle, um etwaige Streitigkeiten zwischen Käufer und Verkäufer den staatlichen Gerichten und der Öffentlichkeit zu entziehen. Privatrechtlich organisierte Schiedsgerichte verhandeln ohne die Öffentlichkeit, die bei staatlichen Gerichte herrscht.
Zu beachten ist, dass auch Kaufverträge, die einen Asset Deal zum Gegenstand haben, einer notariellen Beurkundungspflicht unterliegen können. Die Nichteinhaltung von Formvorschriften kann zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags führen.
Steuern und Abschreibung beim Kanzleikauf
Neben der Frage der Amortisation des Kaufvertrags sind aus steuerrechtlicher Sicht für den Käufer die folgenden zwei Fragenkreise von großer Relevanz:
- Wie wird der Gewinn nach der Kanzleiübernahme besteuert? Wie hoch ist die laufende finanzielle Last beim Fiskus?
- Kann der Käufer die Besteuerung des laufenden Gewinns durch die Abschreibung des gezahlten Kaufpreises reduzieren? Wie wirkt sich die Abschreibung auf die zukünftige Steuerlast aus?
Erfolgt ein Kauf einer Anwaltskanzlei in Form eines Asset Deals oder ein Erwerb eines Gesellschaftsanteils an einer Personengesellschaft kann durch den Käufer der Kanzlei in aller Regel die Möglichkeit der Abschreibung (Afa) des zu zahlenden Kaufpreises genutzt werden. Durch die Abschreibungen lassen sich zukünftige Kanzleigewinne und Steuern reduzieren. Ist der Kanzleikauf unter Zuhilfenahme einer Bank fremdfinanziert, lässt sich so mittels der Abschreibung frei werdende Liquidität zur Tilgung des Darlehens nutzen.
Wenn Sie Fragen zum Kauf oder Verkauf einer Rechtsanwaltskanzlei oder einer Beteiligung an einer Sozietät haben, beraten unsere spezialisierten Fachanwälte und Steuerberater Sie gerne zu allen Vertrags- und Steuerthemen in unseren Büros in Hamburg, Berlin, München und Frankfurt a.M.
Einen Überblick aus rechtlicher Sicht sowie eine Checkliste für den Verkauf einer Rechtsanwalts-GmbH finden Sie in unserem YouTube-Video: