Grenzüberschreitender Rechtsformwechsel in der EU
Was ist neu und was sollten Unternehmen wissen?
Neue EU-rechtliche Vorschriften erleichtern den grenzüberschreitenden Formwechsel für Kapitalgesellschaften. Für Personengesellschaften gilt das leider nicht.
Der grenzüberschreitende Formwechsel von Kapitalgesellschaften in der EU ist ein komplexes und entscheidendes Thema für Unternehmen, die ihre Strukturen innerhalb der Europäischen Union verändern möchten. Der Gesetzgeber hat mit der Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/2121 durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie am 1. März 2023 neue Regelungen geschaffen, die das Umwandlungsrecht modernisieren und vereinfachen sollen. Doch was genau hat sich geändert und welche Schritte müssen Unternehmen beachten?
Was ist neu?
Mit der Mobilitätsrichtlinie 2019/2121 wurde ein rechtlicher Rahmen geschaffen, der es Unternehmen erleichtert, ihren Sitz innerhalb der EU zu verlegen, ohne dabei ihre Identität oder Rechtsform zu verlieren. Dieser Formwechsel ist besonders attraktiv für Unternehmen, die von den Vorteilen anderer Rechtsordnungen profitieren wollen, beispielsweise im Hinblick auf Steuern, Arbeitnehmerrechte oder Zugang zu Kapital. In Deutschland wurden diese Vorgaben mit dem Umwandlungsrechtsmodernisierungsgesetz (UmRUG) in §§ 333 ff. UmwG umgesetzt. Diese Vorschriften schaffen Rechtssicherheit für den grenzüberschreitenden Formwechsel von Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften oder GmbHs und machen ihn zu einer echten Alternative zu Verschmelzungen oder Spaltungen.
Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Formwechsel
Die Grundlage für den grenzüberschreitenden Formwechsel bildet das Unionsrecht, insbesondere die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 und Art. 54 AEUV. Diese Artikel gewähren natürlichen und juristischen Personen das Recht, sich in einem anderen Mitgliedsstaat niederzulassen und dort unter den Bedingungen der lokalen Rechtsordnung tätig zu werden. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Mitgliedsstaaten die Rechtspersönlichkeit von Gesellschaften aus anderen Mitgliedsstaaten anerkennen müssen, sofern diese dort ordnungsgemäß gegründet wurden. Die Mobilitätsrichtlinie hat diesen primärrechtlichen Rahmen ergänzt und erstmals detaillierte Vorgaben für die Umwandlung von Gesellschaften innerhalb der EU festgelegt.
Wesentliche Schritte bei der Umsetzung des Rechtsformwechsels
Der Ablauf eines grenzüberschreitenden Formwechsels lässt sich in drei Phasen unterteilen: Vorbereitungsphase, Beschlussphase und Vollzugsphase.
- Vorbereitungsphase: Hier wird der Formwechselplan erstellt, der von den Anteilseignern der Gesellschaft beschlossen werden muss. Der Plan enthält wesentliche Angaben wie den neuen Sitz und die neue Rechtsform, Rechte der Anteilseigner, Regelungen zum Schutz von Gläubigern und Arbeitnehmern sowie eine Barabfindungsregelung für Minderheitsgesellschafter.
- Beschlussphase: Der Formwechselplan muss von den Anteilseignern in einer Hauptversammlung oder Gesellschafterversammlung beschlossen und notariell beurkundet werden. Auch ein Formwechselbericht wird in dieser Phase erstellt und den Anteilseignern zur Kenntnis gebracht.
- Vollzugsphase: In dieser Phase wird der Formwechsel in das Handelsregister des Ausgangsstaates eingetragen, woraufhin die Umwandlungsbescheinigung ausgestellt und an das Register des Zielstaates übermittelt wird. Erst mit der Eintragung in das Register des Zielstaates wird der Formwechsel wirksam.
Herausforderungen und Verbesserungen
Die größte Herausforderung beim grenzüberschreitenden Rechtsformwechsel liegt in der Komplexität des Verfahrens. Unternehmen müssen nicht nur die nationalen Regelungen des Ausgangs- und Zielstaates beachten, sondern auch unionsrechtliche Vorgaben einhalten. Hinzu kommt, dass der Formwechselplan sehr detailliert sein muss und die Interessen verschiedener Stakeholder – insbesondere Gläubiger, Minderheitsgesellschafter und Arbeitnehmer – ausreichend berücksichtigt werden müssen. Fehler in der Ausgestaltung des Plans oder im Ablauf des Verfahrens können zu Verzögerungen führen oder den gesamten Prozess gefährden.
Die neuen gesetzlichen Regelungen bieten jedoch auch Verbesserungen: Durch die Harmonisierung des Umwandlungsrechts innerhalb der EU wird der grenzüberschreitende Formwechsel insgesamt einfacher und sicherer. Unternehmen können nun auf ein klar definiertes Verfahren zurückgreifen, das Rechtssicherheit bietet und die Mobilität von Gesellschaften fördert. Der Schutz von Gläubigern und Arbeitnehmern wird durch spezifische Regelungen gestärkt, und auch Minderheitsgesellschafter haben durch das Austrittsrecht eine bessere Position.
Ausblick für Unternehmen und Gesellschafter
Mit der Mobilitätsrichtlinie und ihrer Umsetzung in nationales Recht hat die EU einen wichtigen Schritt getan, um die Mobilität von Unternehmen innerhalb des Binnenmarkts zu fördern. Der grenzüberschreitende Formwechsel ermöglicht es Unternehmen, flexibel auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren und ihre Strukturen anzupassen, ohne dabei ihre Identität zu verlieren. In der Praxis wird sich zeigen, wie gut die neuen Regelungen funktionieren und ob sie den angestrebten Nutzen für Unternehmen, Gläubiger, Arbeitnehmer und Gesellschafter erfüllen. Fest steht jedoch, dass der grenzüberschreitende Formwechsel eine interessante Option darstellen dürfte, um sich im internationalen Wettbewerb besser zu positionieren.