Ausgliederung des Einzelkaufmanns in eine Kapitalgesellschaft

Nebenleistung bei Barkapitalerhöhung im Fokus – Entscheidung des OLG Celle

Der Übergang vom Einzelunternehmen zu einer Kapitalgesellschaft stellt für viele Unternehmer einen entscheidenden Meilenstein dar, um rechtliche und steuerliche Vorteile zu nutzen und die Haftungsstruktur des Unternehmens zu optimieren.

Veröffentlicht am: 09.12.2024
Qualifikation: Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gesellschaftsrecht und Spezialist für Unternehmenskauf
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Die Überführung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft (meist eine GmbH) folgt in der Praxis oft als nächster Schritt, wenn ein Unternehmen nach der Gründung erfolgreich gewachsen ist. Neben gesellschafts- und steuerrechtlichen Vorteilen erfolgt dadurch eine rechtlich belastbare Trennung von Privat- und Unternehmensvermögen. Statt der Einzelübertragung von Wirtschaftsgütern bietet die Ausgliederung nach den §§ 152 ff. Umwandlungsgesetz (UmwG) dabei eine Alternative im Weg der Gesamtrechtsnachfolge. Neben einer klassischen Sachkapitalerhöhung ist auch das Modell denkbar, bei der das ausgegliederte Unternehmen als Nebenleistung gemäß § 3 II GmbHG im Rahmen einer Barkapitalerhöhung als Sachagio eingebracht wird, was das registergerichtliche Verfahren vereinfacht. 

Das OLG Celle hatte sich kürzlich in einer Entscheidung damit auseinanderzusetzen und sich dieser Gestaltungspraxis gegenüber kritisch gezeigt (OLG Celle, Beschluss vom 13.6.2024 – Az.: 9 W 37/24). Der nachfolgende Beitrag beleuchtet die rechtlichen und steuerlichen Aspekte und setzt sich mit der Entscheidung kritisch auseinander.

Allgemeine zivilrechtliche Voraussetzungen für die Ausgliederung

Die Ausgliederung nach dem UmwG ist ein Verfahren, das es Einzelkaufleuten ermöglicht, ihre Unternehmen ganz oder teilweise auf eine Kapitalgesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zu übertragen. Dies ist gegenüber der Einzelübertragung der Wirtschaftsgüter grundsätzlich einfacher und praktischer. Nach § 152 UmwG ist dies allerdings nur für im Handelsregister eingetragene Einzelkaufleute möglich. Nicht eingetragene Einzelunternehmer müssen sich also zunächst als Kaufmann eintragen lassen, was wiederum Freiberuflern grundsätzlich verwehrt ist und auch bei der bloßen Vermögensverwaltung ausscheidet. Der Einzelkaufmann darf zudem nicht überschuldet sein.

Bei der Ausgliederung gewährt die übernehmende Gesellschaft dem Einzelkaufmann als Gegenleistung Anteile am neuen Rechtsträger, was eine Kapitalerhöhung voraussetzt. Dies erfolgt üblicherweise im Wege einer Sachkapitalerhöhung, bei der das eingebrachte Einzelunternehmen die Sacheinlage darstellt.

Alternativ kann aber auch eine (geringe) Barkapitalerhöhung erfolgen, bei der das Einzelunternehmen ein Sachagio darstellt, welches als Nebenleistung nach § 3 Abs. 2 GmbHG in die aufnehmende Gesellschaft eingebracht wird. Dies hat den Vorteil, dass statt einer Bewertung der Sacheinlage eine Bestätigung eines Steuerberaters ausreichend ist, dass das Einzelunternehmen nicht überschuldet ist.

Gegen die Gestaltung als Sachagio statt Sachkapitalerhöhung meldet das OLG Celle in seiner Entscheidung jedoch Bedenken an. Aus Sicht des Gerichts schreibt das UmwG vor, dass die Ausgliederung eine Übernahme des Einzelunternehmens gegen Gewährung von Anteilen voraussetzt. Dies sei bei der Sachkapitalerhöhung der Fall, während dies bei der Übernahme als Sachagio zweifelhaft sei, weil hier die Anteile für die Bareinlage erbracht werden und die Anteile nicht „gegen“ Einbringung des Einzelunternehmens erfolgen. Dies erscheint jedoch nicht sehr überzeugend und tatsächlich hatte das OLG Celle in seiner Entscheidung darüber auch nicht abschließend zu befinden.

Steuerrechtliche Einordnung der Ausgliederung

Die steuerliche Behandlung einer Ausgliederung unterliegt dem Umwandlungssteuergesetz (§ 20 UmwStG) und es ist in der Praxis sicherzustellen, dass eine steuerneutrale Übertragung ohne Aufdeckung der stillen Reserven erfolgt. Dies ist sowohl bei der Ausgliederung im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge nach UmwG als auch bei der Einzelübertragung nach UmwStG möglich, sofern der Einzelkaufmann alle wesentlichen Betriebsgrundlagen überträgt.

Von Bedeutung ist auch die Grunderwerbsteuer, bei der sich in der Steuerpraxis Unterschiede zwischen der Einzelübertragung und der Ausgliederung nach UmwG zeigen. Wird nämlich im Zuge der Ausgliederung Grundbesitz übertragen, so kann die Konzernklausel des § 6a GrEStG greifen und eine entsprechende Steuerbelastung verhindern, wenn die Ausgliederung zur Neugründung erfolgt oder die Kapitalgesellschaft bereits länger als fünf Jahre besteht. Problematisch wird es jedoch bei der Einzelübertragung, da die Finanzverwaltung insoweit regelmäßig keine Anwendung der Konzernklausel zulässt. Dies ist für Freiberufler, etwa Rechtsanwälte oder Steuerberater, problematisch, da für sie mangels Kaufmannseigenschaft die Ausgliederung nicht in Betracht kommt und sie bei Ausgliederungen in Verbindung mit Grundbesitz Steuernachteile aufgrund von Aufdeckung stiller Reserven in Kauf nehmen müssen.

Vorteile des Modells „Nebenleistung“ gegenüber Sachkapitalerhöhung und Einzelübertragung

Die Einbringung des Einzelunternehmens als Nebenleistung (Sachagio) zu einer Barkapitalerhöhung bietet wesentliche Vorteile gegenüber der Einzelübertragung:

  • Vereinfachtes Registerverfahren: Die Erstellung eines Sachgründungsberichts, wie er bei Sachkapitalerhöhungen notwendig ist, entfällt; es reicht eine Bestätigung, dass keine Überschuldung vorliegt. Keine aufwändigen Bewertungsgutachten notwendig.
  • Gesamtrechtsnachfolge: Grundsätzlich keine Einbeziehung der Vertragspartner notwendig, da keine Übertragung der einzelnen Verträge erfolgt. Keine abschließende vertragliche Erfassung der einzelnen Übertragungsgegenstände erforderlich.
  • Steuerliche Vorteile: § 20 UmwStG ermöglicht es, stille Reserven steuerneutral zu übertragen, auch wenn Immobilien als wesentliche Betriebsgrundlagen übertragen werden.

Sichtweise des OLG Celle und Kritik

Das OLG Celle hat in seinem Beschluss die Verbindung von Barkapitalerhöhung und Nebenleistung kritisch hinterfragt. Es argumentiert, dass die neuen Anteile formal nicht als Gegenleistung für das ausgegliederte Einzelunternehmen geschaffen würden, was das UmwG aus seiner Sicht voraussetzt. Aus Sicht des Gerichts erfüllt nur die Sachkapitalerhöhung diese Voraussetzung.

Dies erscheint allerdings nicht zwingend und als eine den Wortlaut des UmwG sehr einschränkende Betrachtungsweise. Bei wirtschaftlicher Betrachtung lässt sich durchaus ein Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der Ausgliederung und der Anteilsgewährung annehmen. Das Agio ist ja auch bei Barkapitalerhöhungen oft höher als die Bareinlage. Eine Schwächung des Gläubigerschutzes, dem die Kapitalerhöhungsvorschriften dienen, ist auch nicht erkennbar, da die Gesellschaft in jedem Fall zusätzliche Haftungsmasse erhält, wenn das Unternehmen nicht überschuldet ist, was als Voraussetzung nachzuweisen ist.

Es bleibt daher zu hoffen, dass sich die Sichtweise des OLG Celle in der Praxis der Registergerichte nicht durchsetzt, damit die Vorteile des Sachagio-Modells bei der Umwandlung des Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft genutzt werden können. 

Folgen für die Praxis

Der Wechsel eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft stellt ein wichtiges Gestaltungsmittel zur rechtlichen und wirtschaftlichen Optimierung eines Unternehmens dar. Dabei ist der Weg über die Ausgliederung nach UmwG der Einzelübertragung in vielen Fällen überlegen. Das Modell als Sachagio in Verbindung mit einer Barkapitalerhöhung bietet wiederum registergerichtliche Vorteile und spart Kosten gegenüber einer Sachkapitalerhöhung.

Die Entscheidung des OLG Celle setzt hier jedoch ein Fragezeichen, ob dies rechtlich zulässig ist. Dies ist bis auf Weiteres in einem frühen Stadium des Umwandlungsprozesses zu prüfen und als Risiko mit in die Gestaltungsüberlegungen einzubeziehen.

Für die Praxis bleibt zu hoffen, dass insoweit in Zukunft eine positive höchstgerichtliche Entscheidung den Weg frei macht.

Weitere Informationen zum Umwandlungsrecht finden Sie hier: Kanzlei für M&A