Arbeitsrecht beim Unternehmenskauf durch Asset Deal

Wichtige arbeitsrechtliche Aspekte

Während der Share Deal beim Unternehmenskauf regelmäßig wenig Kopfschmerzen bereitet, stellt der Asset Deal in verschiedener Hinsicht rechtliche Herausforderungen an den Unternehmenskauf.

Veröffentlicht am: 26.09.2024
Qualifikation: Fachanwalt für Gesellschaftsrecht und M&A-Spezialist
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Im Bereich der Mergers & Acquisitions (M&A) spielt das Arbeitsrecht insbesondere bei einem Unternehmenskauf durch einen sogenannten „Asset Deal“ eine wesentliche Rolle. Dabei werden nicht die Anteile einer Gesellschaft übernommen, sondern deren Vermögenswerte (Assets), was spezifische Konsequenzen für die betroffenen Arbeitnehmer und deren Arbeitsverhältnisse nach sich zieht. Anders als beim „Share Deal“, bei dem die Arbeitnehmer formal bei ihrem Arbeitgeber bleiben, führt ein Asset Deal oft zu einem Betriebsübergang, der die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer berührt.

Der Betriebsübergang und § 613a BGB

Ein zentraler Aspekt beim Asset Deal ist der Betriebsübergang nach § 613a BGB. Hierbei gehen die Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer auf den Erwerber über, sofern eine „wirtschaftliche Einheit“ – also der Betrieb oder ein Betriebsteil – erhalten bleibt. Ein Betrieb wird als eine organisatorische Gesamtheit verstanden, die aus einer Gruppe von Personen und materiellen Ressourcen besteht, die dauerhaft zur Erreichung eines betrieblichen Zwecks zusammenwirken. Die Abgrenzung bereitet in der Praxis große Schwierigkeiten und insbesondere auch die europarechtliche Rechtsprechung ist dabei im Auge zu behalten.

Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat den Schutz der Arbeitnehmer bei Betriebsübergängen maßgeblich geprägt. Ein zentraler Fall ist „Spijkers (EuGH, Rs. 24/85)“, in dem der EuGH feststellte, dass ein Betriebsübergang vorliegt, wenn eine wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt, wobei Faktoren wie die Übernahme von Betriebsmitteln und Arbeitnehmern sowie die Fortführung der betrieblichen Tätigkeit entscheidend sind. Ein weiteres wichtiges Urteil ist „Süzen (EuGH, Rs. C-13/95)“, das klarstellt, dass ein bloßer Auftragswechsel ohne Übernahme wesentlicher Betriebsmittel oder Arbeitnehmer keinen Betriebsübergang darstellt. Im Fall „Albron Catering (EuGH, Rs. C-242/09)“ entschied der EuGH zudem, dass auch Arbeitnehmer in komplexen Unternehmensstrukturen – etwa bei internen Arbeitnehmerüberlassungen – den Schutz des Betriebsübergangs genießen, sofern der Betrieb oder Betriebsteil übertragen wird. Diese Urteile haben erheblich zur Konkretisierung des Begriffs des Betriebsübergangs und zum Schutz der Arbeitnehmerrechte beigetragen.

Der Betriebsübergang tritt kraft Gesetzes ein und führt dazu, dass der Erwerber in alle bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt, die im Zeitpunkt des Übergangs bestehen. Das bedeutet, dass alle Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverträgen unverändert fortbestehen, was etwa Gehalt, Urlaub und betriebliche Altersvorsorge einschließt.

Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer

Ein besonderes Schutzinstrument für die Arbeitnehmer ist das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB. Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen. Dies muss innerhalb eines Monats nach vollständiger Information durch den Veräußerer oder den Erwerber über den Betriebsübergang geschehen. Versäumt der Arbeitgeber diese Information oder ist sie fehlerhaft, beginnt die Widerspruchsfrist nicht zu laufen. Das kann dazu führen, dass Arbeitnehmer auch zu einem späteren Zeitpunkt noch dem Übergang widersprechen können. Im Falle eines wirksamen Widerspruchs bleibt das Arbeitsverhältnis beim bisherigen Arbeitgeber bestehen. Dies kann in der Praxis jedoch problematisch sein, wenn der Veräußerer keine verbleibenden betrieblichen Strukturen mehr hat, in denen der Arbeitnehmer beschäftigt werden könnte.

In der Praxis ist die vollständige Information der Arbeitnehmer einer der Knackpunkte, da die Anforderungen sehr hoch sind und rechtlichen Wertungen sowie der Überprüfung durch die Gerichte unterliegen. Das Risiko, dass Arbeitnehmer dem Übergang noch lange Zeit nach dem Verkauf widersprechen können, ist erheblich. Käufer und Verkäufer stimmen sich mit ihren Beratern dazu regelmäßig ab und müssen im Unternehmenskaufvertrag eine entsprechende Risikoverteilung regeln.

Beteiligung des Betriebsrats

Auch bei einem Asset Deal sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten. Gemäß § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Betriebsänderungen, zu denen auch der Verkauf eines Betriebs oder wesentlicher Betriebsteile zählt. Dabei muss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich über das „Ob“ und „Wie“ der Maßnahme verhandeln. Kommt es zu keiner Einigung, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen, was die Umsetzung des Verkaufs verzögern kann.

Besondere Bedeutung kommt dem Sozialplan zu. Dieser regelt die wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen, und bietet ihnen finanzielle Kompensation. Ein Sozialplan ist erzwingbar, wenn wesentliche Teile des Betriebs verkauft oder geschlossen werden. Bei kleineren Betrieben greift das Sozialplanprivileg des § 112a BetrVG, wonach unter bestimmten Voraussetzungen kein Sozialplan vereinbart werden muss.

Tarifbindung und Betriebsvereinbarungen

Ein weiteres wichtiges Thema beim Asset Deal ist die Frage der Tarifbindung und der Geltung von Betriebsvereinbarungen. Nach § 613a Abs. 1 BGB werden die beim Veräußerer geltenden tariflichen Regelungen Bestandteil der Arbeitsverhältnisse mit dem Erwerber, sofern dieser nicht tarifgebunden ist. Diese Regelungen dürfen für die Dauer von einem Jahr nicht zum Nachteil der Arbeitnehmer geändert werden. Besteht beim Erwerber hingegen eine andere Tarifbindung, tritt der neue Tarifvertrag in Kraft. Betriebsvereinbarungen bleiben ebenfalls wirksam, es sei denn, der Betrieb wird vollständig in einen anderen Betrieb integriert, in dem bereits eigene Betriebsvereinbarungen gelten.

Teilbetriebsübergang

In der Praxis kommt es oft vor, dass nur ein Teilbetrieb auf einen neuen Inhaber übergeht. Auch in diesen Fällen bleibt der Schutz der Arbeitnehmer nach § 613a BGB bestehen, sofern der Teilbetrieb eine eigenständige Organisation aufweist und der Betriebszweck beim Erwerber fortgeführt wird. Für die betroffenen Arbeitnehmer bedeutet dies, dass ihre Arbeitsverhältnisse ebenfalls übergehen. Der Betriebsrat behält dabei seine Zuständigkeit für den übergehenden Teil und kann für bis zu sechs Monate ein Übergangmandat ausüben.

Erkenntnisse

Ein Asset Deal stellt sowohl den Erwerber als auch den Veräußerer beim Unternehmenskauf vor erhebliche arbeitsrechtliche Herausforderungen. Der Erwerber übernimmt automatisch die Rechte und Pflichten der betroffenen Arbeitnehmer und muss den Betrieb in seiner bisherigen Form fortführen. Arbeitnehmer sollten sich ihrer Rechte, insbesondere des Widerspruchsrechts gegen den Betriebsübergang, bewusst sein. Diese arbeitsrechtlichen Herausforderungen müssen sorgfältig abgewogen werden, insbesondere im Vergleich zu einem Share Deal, bei dem die Arbeitsverhältnisse formal unberührt bleiben. Die Entscheidung für einen Asset Deal sollte daher im Lichte dieser Unterschiede getroffen werden, um die passende Deal-Struktur für den Unternehmenskauf zu wählen.

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