StaRUG und seine Auswirkungen auf Distressed M&A

Chancen und Herausforderungen für Investoren und Unternehmen

Das StaRUG schafft einen Rahmen für die präventive Restrukturierung von Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Diese neue Rechtsgrundlage hat auch erhebliche Auswirkungen auf den Markt für Distressed M&A.

Veröffentlicht am: 08.09.2024
Qualifikation: Fachanwalt für Gesellschaftsrecht und M&A-Spezialist
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Mit der Einführung des StaRUG (Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen) im Januar 2021 hat der Gesetzgeber in Deutschland eine bedeutende Reform des Insolvenzrechts vorgenommen. Das Gesetz schafft einen Rahmen für die präventive Restrukturierung von Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, und bietet damit eine wichtige Alternative zum klassischen Insolvenzverfahren. Diese neue Rechtsgrundlage hat auch erhebliche Auswirkungen auf den Markt für Distressed Mergers & Acquisitions (M&A). Für Investoren, Unternehmen und Berater eröffnen sich neue Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen. In diesem Blogbeitrag beleuchten wir, wie das StaRUG den Distressed-M&A-Markt verändert und welche Erfahrungen bisher gesammelt wurden.

Präventive Restrukturierung – eine neue Chance für den Distressed-M&A-Markt

Traditionell war der Distressed-M&A-Markt stark von formellen Insolvenzverfahren geprägt. Unternehmen, die in eine finanzielle Schieflage geraten waren, sahen sich häufig gezwungen, ein Insolvenzverfahren zu durchlaufen, um eine Restrukturierung zu ermöglichen. Dies brachte nicht selten erhebliche Reputationsverluste, hohe Verfahrenskosten und langwierige Prozesse mit sich. Das StaRUG bietet nun eine Alternative: Unternehmen können frühzeitig, bevor eine Insolvenz droht, Restrukturierungsmaßnahmen ergreifen und sich mit ihren Gläubigern auf eine Sanierung einigen.

Diese Möglichkeit der frühzeitigen Restrukturierung erweitert die Handlungsspielräume für Distressed-M&A-Situationen im Vorfeld der Insolvenz. Unternehmen können ihre finanziellen Probleme in einem kontrollierten Umfeld angehen und dabei ihre Vermögenswerte und ihre Marktposition besser erhalten. Für Investoren bietet sich die Gelegenheit, frühzeitig in den Restrukturierungsprozess einzusteigen und strategisch Einfluss zu nehmen. Sie können als Gläubiger oder potenzielle Käufer in den Restrukturierungsplan eingebunden werden und von einem optimierten Sanierungsprozess profitieren.

Gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans – Reduzierung von Transaktionsrisiken

Ein weiterer wesentlicher Vorteil des StaRUG ist die Möglichkeit, den Restrukturierungsplan gerichtlich bestätigen zu lassen. Diese Bestätigung schafft Rechtssicherheit, da sie den Plan für alle beteiligten Gläubiger verbindlich macht und damit die Gefahr von Anfechtungen oder Verzögerungen durch einzelne Gläubiger reduziert. Für Käufer, die im Rahmen eines Distressed M&A ein Unternehmen oder Unternehmensanteile erwerben möchten, bedeutet dies eine erhebliche Reduzierung der Transaktionsrisiken.

Flexibilität und Geschwindigkeit – entscheidende Faktoren für erfolgreiche Transaktionen

Das StaRUG bietet auch Vorteile in Bezug auf Flexibilität und Geschwindigkeit. Im Vergleich zu einem traditionellen Insolvenzverfahren ist der Restrukturierungsprozess unter dem StaRUG deutlich schneller und weniger formalisiert. Dies ermöglicht es Unternehmen, notwendige Maßnahmen zügig umzusetzen und die Restrukturierung effizienter zu gestalten. Für Distressed-M&A-Transaktionen ist dies ein entscheidender Vorteil, da die Zeit in Krisensituationen eine geringe Ressource ist.

Unter dem StaRUG können potenzielle Käufer schnell auf Marktchancen reagieren und direkt in den Restrukturierungsprozess einsteigen. Sie haben die Möglichkeit, individuelle Bedingungen auszuhandeln, die ihren strategischen Zielen entsprechen. So können sie zum Beispiel Debt-to-Equity-Swaps vereinbaren, gestaffelte Kaufpreiszahlungen aushandeln oder Earn-out-Modelle nutzen, bei denen ein Teil des Kaufpreises an zukünftige Erfolge des restrukturierten Unternehmens gekoppelt ist.

Darüber hinaus ermöglicht das StaRUG flexible Deal-Strukturen wie Carve-outs, bei denen nur profitable Unternehmensbereiche übernommen werden, während problematische Teile ausgeklammert bleiben. Auch Joint Ventures mit Gläubigern oder strategischen Partnern sind denkbar, um gemeinsam in das Unternehmen zu investieren und Synergien zu schaffen. Diese Anpassungsfähigkeit macht Distressed-M&A-Transaktionen unter dem StaRUG attraktiver, steigert den Wettbewerb und schafft bessere Übernahmebedingungen, die den Sanierungserfolg sichern und den Wert des Unternehmens steigern können.

Herausforderungen bei der Umsetzung – Komplexität und Abstimmungsbedarf

Trotz der Vorteile, die das StaRUG bietet, gibt es auch Herausforderungen bei der Umsetzung. Ein zentraler Punkt ist die Komplexität der Verhandlungen und der Abstimmungsprozesse zwischen den verschiedenen Gläubigergruppen. Der Restrukturierungsplan muss von einer Mehrheit der betroffenen Gläubigergruppen angenommen werden. Dies erfordert nicht nur detaillierte Abstimmungen und Verhandlungen, sondern auch ein tiefes Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen.

In der Praxis zeigt sich, dass viele Unternehmen und Berater noch Erfahrungen sammeln und Strategien entwickeln müssen, um diese Anforderungen effizient zu bewältigen. Die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten, wie sie das StaRUG in bestimmten Fällen vorsieht, kann dabei hilfreich sein, stellt aber auch eine zusätzliche Kostenbelastung dar und erfordert eine sorgfältige Auswahl eines kompetenten und erfahrenen Beraters.

Zudem bietet der Unternehmenskauf aus der Insolvenz heraus auch eine Reihe von Vorteilen, die abzuwägen sind. So werden abstrakte Insolvenzrisiken und Anfechtungsrisiken vermieden, es können Haftungsprivilegien genutzt und eine optimierte Personalstruktur übernommen werden.

Bisherige Erfahrungen – Eine positive Bilanz mit Lernpotenzial

Die bisherigen Erfahrungen mit dem StaRUG im Kontext von Distressed M&A sind überwiegend positiv, aber noch begrenzt, da das Gesetz erst seit Anfang 2021 in Kraft ist. Es gibt bereits einige erfolgreiche Restrukturierungen und Transaktionen, die zeigen, dass das StaRUG in der Praxis funktionieren kann. Besonders bei mittelständischen Unternehmen wurden positive Ergebnisse erzielt, bei denen eine frühzeitige Restrukturierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens gelungen ist.

Allerdings gibt es auch Berichte über Schwierigkeiten und Verzögerungen in komplexeren Fällen, in denen es nicht einfach war, die Zustimmung aller beteiligten Gläubiger zu gewinnen. Dies zeigt, dass der Erfolg von Restrukturierungen unter dem StaRUG stark von der Expertise und dem Verhandlungsgeschick der beteiligten Berater abhängt.

Fazit – Ein neues Zeitalter für Distressed M&A in Deutschland

Das StaRUG hat das Potenzial, den Markt für Distressed M&A in Deutschland nachhaltig zu verändern. Durch die Möglichkeit der präventiven Restrukturierung und die gerichtliche Bestätigung von Plänen bietet es neue Chancen für Investoren und Unternehmen in der Krise. Die bisherigen Erfahrungen sind vielversprechend, auch wenn es noch Lernbedarf gibt. Für alle Beteiligten ist es wichtig, die neuen rechtlichen Möglichkeiten zu verstehen und sich auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten. So können sie den neuen Restrukturierungsrahmen optimal nutzen und den Erfolg von Distressed-M&A-Transaktionen sicherstellen.

Wenn Sie weitere Informationen zu den Möglichkeiten und Herausforderungen des StaRUG oder zu Distressed-M&A-Transaktionen suchen, stehen wir Ihnen als erfahrene Berater gerne zur Verfügung. Sprechen Sie uns an – gemeinsam finden wir die beste Lösung für Ihre Situation.

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