Wirtschaftsfähigkeit des Hoferben

Muss der Hofnachfolger ein Landwirt sein?

Im landwirtschaftlichen Erbrecht bzw. Höferecht werden regelmäßig bestimmte Anforderungen an den Hofnachfolger gestellt. In vielen Fällen wird eine sogenannte Wirtschaftsfähigkeit des Hoferben gefordert. Nachfolgend erfahren Sie, was das bedeutet und wann auch ein Nicht-Landwirt einen Bauernhof übernehmen kann.

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Welche allgemeinen Anforderungen gibt es an Hofnachfolger?

Im Grundsatz gelten für das Erben und Vererben die Vorschriften des BGB. Das kennt zwar Spezialvorschriften für landwirtschaftliche Betriebe, soweit sie die Merkmale eines “Landguts” haben. Dieses Landgut-Erbrecht enthält aber keine Vorschriften darüber, welchen Beruf, welches Alter oder welche Fertigkeiten der Erbe des Landguts haben muss. 

In vielen Bundesländern gelten aber besondere regionale Anerbenrechte, die das gewöhnliche Erbrecht erheblich modifizieren. Und dort finden sich Bestimmungen dazu, welche Personen wann überhaupt in Betracht kommen. 

Wann muss der Hofnachfolger "Landwirt" sein?

Die meisten erbrechtlichen Spezialgesetze stellen nicht die Anforderung, dass der Hofnachfolger ein „Landwirt“ sein muss. Eine Ausnahme ist das Bremische Höfegesetz, das in § 11 bestimmt: “Ist der an erster Stelle berufene Abkömmling kein Landwirt, so tritt der nächstberechtigte jüngere Abkömmling, welcher Landwirt ist, an seine Stelle." Eine Definition bleibt das Gesetz aber schuldig. Daher bleibt insoweit offen, ob ein Landwirt jemand ist, der eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert hat, oder jemand, der beruflich Landwirtschaft ausübt. Der Begriff ”Bauer" taucht im landwirtschaftlichen Erbrecht nicht auf. Üblicherweise wird als Bauer auch nicht derjenige bezeichnet, der über bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten verfügt, sondern derjenige, der einen eigenen Hof bewirtschaftet. 

Wer ist wirtschaftsfähig?

Wichtiger im landwirtschaftlichen Erbrecht ist der Begriff der Wirtschaftsfähigkeit. Dieser taucht z.B. in der in Nord- und Westdeutschland geltenden Höfeordnung auf, die definiert, was unter Wirtschaftsfähigkeit zu verstehen ist. 

Wirtschaftsfähigkeit gemäß § 6 Absatz 7 Höfeordnung

“Wirtschaftsfähig ist, wer nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbständig ordnungsmäßig zu bewirtschaften.”

Die gleiche Definition findet sich auch in § 6 Absatz 7 der Brandenburgischen Höfeordnung, wonach eine nicht wirtschaftsfähige Person als Hoferbe ausgeschlossen wird. Diesen Ausschluss sieht auch § 17 der Höfeordnung Rheinland-Pfalz vor. 

Wem die gesetzliche Definition nicht konkret genug ist, wird in der Rechtsprechung fündig. Eine gute Zusammenfassung der wichtigsten Kriterien findet sich zum Beispiel in einer Entscheidung des Landgerichts Celle aus dem Jahr 2016 (LG Celle, Beschluss vom 11.11.2016 - 7 W 38/16 (L). Hieraus lassen sich die zentralen Aspekte der Wirtschaftsfähigkeit entnehmen: 

  • Um wirtschaftsfähig zu sein, muss der Hofanwärter den Hof in Eigenbewirtschaftung nehmen können. Die Absicht, den Hof selbst zu bewirtschaften, wird aber nicht gefordert.
  • Die Wirtschaftsfähigkeit ist auch dann zu bejahen, wenn der Hoferbe sich mit dem Gedanken trägt, den ihm angefallenen Hof zu veräußern oder ihn nicht selbst zu bewirtschaften. Allein die Fähigkeit, für eine gehörige Verpachtung zu sorgen und die Rechte und Pflichten eines Verpächters wahrzunehmen, soll jedoch nicht genügen.
  • Eine Ausbildung zum examinierten Landwirt begründet die Vermutung der Wirtschaftsfähigkeit, die jedoch widerlegt werden kann, wenn der Betreffende bis zum Erbfall über lange Jahre landwirtschaftsfremd tätig war und weiterhin ist.
  • Zur Annahme der Wirtschaftsfähigkeit reicht bei großen Höfen der Verweis auf angestellte Hilfskräfte oder eine Lebenspartnerschaft mit einem Landwirt nicht. Andererseits verlangen größere Höfe die Unterstützung des Eigentümers durch Hilfskräfte. In dem Fall muss der Eigentümer nach seinen Fähigkeiten und Kenntnissen sowie seiner Persönlichkeit in der Lage sein, den Betrieb zu lenken und Personal zu führen.
  • Die Wirtschaftsfähigkeit des Hofanwärters muss grundsätzlich im Zeitpunkt des Erbfalls vorliegen; der Hoferbe muss bereits zu diesem Zeitpunkt imstande sein, den Hof ohne längere Umstellungszeit („Lehrzeit“) ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Insoweit soll es nicht ausreichend sein, dass er theoretisch nur über die erforderlichen Fachkenntnisse zur Bewirtschaftung des Hofes verfügt. Er muss die Kenntnisse in der Praxis auch erfolgreich selbständig umsetzen können. 

Video: Erbrechtliche Gleichbehandlung von Geschwistern?

Bei landwirtschaftlichem Besitz ohne Hofeigenschaft gilt das gewöhnliche Erbrecht ohne die die Bevorzugung eines einzelnen Nachfolgers. Was dann unter Geschwistern gilt, erklärt Rechtsanwalt Bernfried Rose in diesem Video. 

Warum soll der Hofnachfolger wirtschaftsfähig sein?

Hauptzweck der erbrechtlichen Sonderregelungen im Höferecht ist der dauerhafte Erhalt bäuerlicher Strukturen und wirtschaftlich überlebensfähiger landwirtschaftlicher Betriebe. Dieser Zweck kann nicht allein dadurch erreicht werden, dass die Erbfolge und die Regelungen zu Abfindungen und Pflichtteilen weichender Erben (insbesondere Geschwister) zugunsten des Hoferben modifiziert werden. Daneben muss auch die ordnungsgemäße Bewirtschaftung durch einen geeigneten Nachfolger gewährleistet sein. Dessen Privilegierung als “Haupterbe” ist nur dann gerechtfertigt, wenn er über die entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. 

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