Erbrecht bei Ehe und Scheidung
Erbquote, Pflichtteil, Testamente
Das Familienrecht ist an vielen Schnittstellen mit dem Erbrecht verknüpft. Die Familie erbt – bei Heirat kommt die Ehefrau hinzu. Die Eheschließung und die Scheidung haben großen Einfluss auf das Erbe. Das gilt sowohl für das gesetzliche Erbrecht, den Pflichtteil als auch auf die Wirksamkeit und Notwendigkeit von Testamenten. Was zu beachten ist, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Beratungsleistungen im Erbrecht und Familienrecht
Für eine Beratung rund um die Themen Ehe, Scheidung und Erbschaft stehen Ihnen unsere Fachanwälte für Familienrecht und Erbrecht an verschiedenen Standorten bundesweit zur Verfügung. Zu unseren Mandanten gehören sowohl vermögende Privatpersonen als auch Manager und Unternehmer.
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Die Heirat und das Erbrecht
Durch eine Heirat verändert sich die gesetzliche Erbfolge. In wilder Ehe haben die Partner kein gesetzliches Erbrecht und damit auch keinen Anspruch auf einen Pflichtteil. Dies ändert sich mit Eheschließung - das Bürgerliche Gesetzbuch räumt Eheleuten neben den Verwandten ein Erbrecht ein.
Wie viel geerbt wird, also wie hoch der gesetzliche Erteil des Ehegatten im Einzelfall ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen ist es entscheidend, welche anderen Verwandten da sind – Kinder, Eltern, Geschwister… Zum anderen, sehr entscheidend – hängt die Erbquote vom familienrechtlichen Güterstand ab, in dem die Ehegatten leben:
Wenn die Ehegatten keinen Ehevertrag geschlossen haben, leben sie im gesetzlichen Güterstand, der sogenannten Zugewinngemeinschaft. In dieser Konstellation wird der gesetzliche Erbteil um ein Viertel erhöht. Dieses Viertel wurde vom Gesetzgeber dem überlebenden Ehegatten als pauschaler Zugewinn zugesprochen - unabhängig davon, ob ein Zugewinn entstanden ist oder nicht. Im Übrigen hängt die Erbquote des überlebenden Ehegatten davon ab, in welchem Rang die Erben stehen, die mit ihm erben; im Einzelnen zur Übersicht:
- Erbt der überlebenden Ehegatte neben Kindern, so beträgt sein Erteil zunächst ¼. Lebten die Ehegatten in der Zugewinngemeinschaft, erbt der Ehegatten ein weiteres Viertel, den fiktiven pauschale Zugewinn. Somit erbt er in dieser Konstellation neben den Kindern insgesamt die Hälfte, die Kinder erben gemeinsam die andere Hälfte. Dies gilt für alle Erben erster Ordnung, also auch für Enkelkinder des Erblassers.
- Gibt es keine Kinder, so kommen die Erben zweiter Ordnung zum Zuge, dies sind die Eltern und Geschwister des Erblassers. Neben Ihnen erbt der Ehegatte ½, diese Hälfte wiederum um ¼ erhöht, sodass der Ehegatte im Ergebnis neben Eltern und Geschwister des Erblassers insgesamt ¾ erbt.
- Existieren weder Erben ersten noch zweiten Ranges, leben aber die Großeltern des Erblassers noch, so kommen diese zum Zuge. Hier erbt der überlebende Ehegatte wiederum zunächst ½, erhöht um ¼, also im Ergebnis ¾. Andere Erben dritter Ordnung –wie zum Beispiel Cousins und Cousinen erben neben dem überlebenden Ehegatten nichts.
Wenn die Ehegatten einen Ehevertrag geschlossen haben und dort den Güterstand der Gütertrennung gewählt haben, sieht es anders aus: Grundsätzlich gilt das oben ausgeführte, jedoch fällt die Erhöhung des Erbteils um ¼ als pauschaler Zugewinn weg. Der überlebende Ehegatte erbt neben Kindern und Enkelkindern also ¼, neben Eltern, Geschwistern und Großeltern ½. Eine Ausnahme gibt es jedoch auch hier: Erben neben dem überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder, so erben alle zu gleichen Teilen, bei einem Kind also Ehegatte und Kind jeweils ½, bei zwei Kindern erben der Ehegatte und jedes Kind jeweils zu 1/3.
Der dritte gesetzlich geregelte Güterstand der Gütergemeinschaft führt ebenfalls zu Besonderheiten im Erbrecht. Allterdings spielt die Gütergemeinschaft in der Praxis keine Rolle mehr, da sie in der Regel mehr Nachteile als Vorteile bringt.
Ganz erhebliche Auswirkungen hat das Ehegattenerbrecht bei der Erbschaftssteuer. Um im Erbfall nicht unnötig viel an den Fiskus zu zahlen, kann man durch letztwillige Verfügungen steuergünstige Gestaltungen wählen. Neben unseren Fachanwälten für Familienrecht und Erbrecht stehen Ihnen ergänzend unsere Steuerrechtsexperten zur Verfügung.
Video: Ehegattenerbrecht
Rechtsanwalt Bernfried Rose gibt auf unserem YouTube-Kanal einen Überblick über das Erbrecht des Ehegatten - in 60 Sekunden.
Pflichtteil, Ehegattenvoraus und Dreißigster
Von den dargestellten Erbquoten hängen auch Pflichtteilsansprüche ab. Ehegatten gehören zu den pflichtteilsberechtigten Personen. Der Pflichtteil beträgt stets die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Darüber hinaus steht dem Ehegatten im Erbfall - soweit notwendig – auch der sogenannte Voraus zu, zu dem die Gegenstände des ehelichen Haushalts gehören. Schließlich regelt die gesetzliche Bestimmung des sogenannten Dreißigsten, dass der überlebenden Ehegatte bis zu dreißig Tage nach dem Tod die eheliche Wohnung weiter nutzen darf und gegebenenfalls weiter Unterhalt bezieht.
Diese gesetzlichen Auswirkungen der Eheschließung auf das Erbrecht können durch lebzeitige Gestaltungen mit Testamenten, Eheverträgen und Vermögensverschiebungen durch Schenkungen geändert und individuell gestaltet werden.
Die Scheidung und das Erbrecht
Mit der Scheidung ist alles wie vor der Heirat: Da die zwei Ex‘ keine Ehegatten mehr sind, haben sie auch kein gesetzliches Erbrecht mehr. Manchmal kommen die geschiedenen Ehegatten über Umwege im Erbfall trotzdem an den Nachlass. Zum einen, wenn es ein Testament aus glücklichen Tagen gibt, das noch nicht widerrufen oder geändert wurde. Oder wenn gemeinsame minderjährige Kinder da sind, für die der überlebende Ehegatte als Teil des Sorgerechts die Vermögenssorge innehat. Damit der Ex nichts vom Nachlass bekommt, kann man Vorsorge treffen. Wie, das lesen Sie am besten auf unseren Spezialseiten:
Letztwillige Verfügungen von Ehegatten
Für Ehegatten sieht das Bürgerliche Gesetzbuch bei den letztwilligen Verfügungen eine Besonderheit vor: Sie können gemeinsam ein Testament errichten, also ein gemeinschaftliches Testament, auch Berliner Testament genannt.
Das Besondere am Berliner Testament ist, dass die darin getroffenen Verfügungen regelmäßig wechselseitig sind. Dies bedeutet, dass die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen Ehegatten getroffenen worden wäre. Mit Verfügung ist in der Regel die Erbeinsetzung gemeint. Durch die Wechselseitigkeit werden die Verfügungen in der Regel binden, das heißt nach dem Tod des Erstversterbenden kann der überlebende Ehegatte das Testament nicht mehr ändern bzw. widerrufen.