Zugewinnausgleich bei Scheidung und als Gestaltung
Auskunft, Bewertung, Steuern - Ratgeber und Beratung
Bei einer Scheidung erfolgt die güterrechtliche Auseinandersetzung der Ehegatten durch den sogenannten Zugewinnausgleich. Wer während der Ehe Vermögen hinzugewonnen hat, schuldet dem anderen dafür grundsätzlich einen Ausgleich. Problematisch ist die Ermittlung des Zugewinns unter anderem, wenn zum Vermögen eines Ehegatten Immobilien oder Unternehmensanteile gehören. In diesem Beitrag erhalten Sie die wichtigsten Informationen zum Zugewinnausgleich bei Scheidung und zur steuerlichen Nutzung des Ausgleichsanspruchs bei intakter Ehe.
Anwaltliche Leistungen rund um den Zugewinnausgleich
Unsere Fachanwälte für Familienrecht und Steuerberater betreuen bundesweit vermögende Privatpersonen und Unternehmer in allen Fragen rund um die Themen Ehe, Scheidung, Steuern:
- Prüfung und Berechnung des Zugewinnausgleichs
- Durchsetzung bzw. Abwehr von Zugewinnausgleichsansprüchen (außergerichtlich und gerichtlich)
- Vereinbarungen rund um den Zugewinn: Eheverträge und Scheidungsfolgenvereinbarungen
- Schutz des Betriebsvermögens durch Regelung des Zugewinns beim Unternehmer-Ehevertrag
- Unternehmensbewertungen für die Ermittlung des Zugewinnausgleichs bei Betriebsvermögen in der Unternehmer- bzw. Gesellschafterscheidung
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Überblick Zugewinngemeinschaft
Rechtsanwalt Bernfried Rose erklärt die rechtlichen Folgen für Paare, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft heiraten - von den Verfügungsbeschränkungen während der Ehe bis zum Zugewinnausgleich bei Scheidung.
Was ist der Zugewinnausgleich?
Mit der Eheschließung werden die Vermählten automatisch in den gesetzlichen Güterstand übergeführt – die Zugewinngemeinschaft. Das Gesetz ist geschrieben für die klassische Hausfrauenehe, in der die erwerbslose erziehende Ehefrau am Vermögenserwerb des verdienenden Ehegatten angemessen beteiligt werden soll.
Kommt es zur Scheidung, so wird der Vermögenszuwachs ausgeglichen, also der Zugewinn. Dieser umfasst das während der Ehe erworbene Vermögen. Der Ausgleichsanspruch ist ein reiner Geldanspruch, der jeweilige Vermögenszuwachs wird bewertet und beziffert, um den Zugewinnausgleichsanspruch zu errechnen. Sowohl bei der Berechnung als auch der Durchsetzung des Zugewinnausgleichsanspruchs müssen praktische und juristische Details berücksichtigt werden. Auch hier gilt: Vereinbarungen sind immer möglich und oft sinnvoll.
Wie wird der Zugewinnausgleich berechnet?
Der Zugewinn wird wie folgt berechnet:
- Zunächst wird das Anfangsvermögen (bei Eheschließung) und das Endvermögen (bei Zustellung des Scheidungsantrags) beider Ehegatten getrennt ermittelt. Verbindlichkeiten sind von den Vermögenswerten abzuziehen. Zum Zugewinnausgleich gehören also auch Wertsteigerungen von solchen Vermögenswerten, die sowohl im Anfangsvermögen als auch im Endvermögen vorhanden sind.
- Die Differenz von Anfangs- und Endvermögen ist der Zugewinn, der aber mindestens Null beträgt, also nicht negativ sein kann.
- Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte der Differenz dem anderen Ehegatten als Ausgleichsanspruch zu.
- Der Zugewinnausgleichsanspruch ist auf den Wert des Vermögens des ausgleichspflichtigen Ehegatten begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung der Scheidung vorhanden ist. Sogenannte illoyale Vermögensminderungen werden jedoch rechtlich nicht berücksichtigt.
Beispiel für die Berechnung des Zugewinnausgleichs: Die Ehefrau hat bei Eheschließung ein Vermögen von 100.000 Euro, der Ehemann in Höhe von 50.000 Euro. Bei Scheidung beträgt das Vermögen der Ehefrau noch immer 100.000 Euro - z.B. weil wegen Kinderbetreuungszeiten kein eigener Vermögensaufbau möglich war -, das des Ehemannes dagegen 350.000 Euro. Der Zugewinn der Ehefrau beträgt demnach 0 Euro, der des Ehemannes 300.000. Der Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau bei Scheidung beläuft sich dann auf 150.000 Euro (Hälfte der Differenz).
Stichtag für die Ermittlung des Zugewinns ist nicht etwa der Tag der Rechtskraft der Scheidung, sondern bereits der Tag, an dem der Scheidungsantrag dem anderen Ehegatten vom Gericht zugestellt wird.
Der Zugewinnausgleich erfolgt nicht nur bei Beendigung der Ehe durch Scheidung, sondern auch im Todesfall oder bei vertraglicher Beendigung (zum Beispiel bei Vereinbarung der Gütertrennung im Rahmen eines Ehevertrags).
Wie werden Erbschaften und Schenkungen berücksichtigt?
Wird das Vermögen eines der Ehegatten durch eine Erbschaft oder Schenkung gemehrt, werden die betreffenden Vermögenswerte dem Anfangsvermögen zugeschlagen. Hierdurch bleibt dieses sogenannte privilegierte Vermögen bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichs grundsätzlich außen vor, wenn es zum Stichtag der Ermittlung des Endvermögens noch vorhanden ist. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht hinsichtlich etwaiger Wertsteigerungen, die diese Vermögenswerte bis zur Scheidung erzielen.
Wie werden Ausgleichsansprüche im Scheidungsverfahren geltend gemacht?
Der Zugewinnausgleich wird nicht automatisch durchgeführt. Macht keiner der Ehegatten seinen Anspruch geltend, so findet ein Ausgleich nicht statt. In manchen Fällen ist der Anspruch trotz hoher Vermögenswerte gering. Häufig ist ein Zugewinnausgleich dann weder gewünscht noch zweckmäßig.
Macht ein Ehegatte Zugewinnausgleichsansprüche gelten und erzielt hierüber mit seinem Ex-Partner keine Einigung, muss regelmäßig ein Gericht entscheiden. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens wird dann neben dem eigentlichen Scheidungsantrag noch einen Antrag im Hinblick auf den Zugewinn gestellt.
Was sind die Zankäpfel des Zugewinns?
Bei der Eheschließung denken die Eheleute meist nicht an eine Scheidung und die Folgen. Beim späteren Kampf um den Zugewinn geht es dann meist um Folgendes:
- Streit um das jeweilige Anfangsvermögen und Endvermögen
- Streit um die Bewertung einzelner Vermögenswerte, besonders bei der schwierigen Wertermittlung von Unternehmen und Beteiligungen, aber auch zum Beispiel bei Immobilien
- Streit um die Zuordnung einzelner Vermögenswerte zu den Ehegatten
- Verhältnis von Zugewinnausgleichsansprüchen zu anderen Ansprüchen, zum Beispiel aus Gesellschaftsrecht
Welche steuerlichen Vorteile bietet der Zugewinnausgleich?
Der Zugewinn wirkt sich auch steuerrechtlich mitunter massiv aus, besonders bei der Erbschaftssteuer bzw. Schenkungssteuer, denn der Zugewinn wechselt die Seiten steuerfrei: Leben die Ehegatten in der Zugewinngemeinschaft, so erhöht sich der Erbteil des überlebenden Ehegatten regelmäßig von Gesetzes wegen um ein Viertel. Dieses Viertel ist ein vom Gesetzgeber pauschal zugrunde gelegter Zugewinn – und damit ist das Viertel als Zugewinn erbschaftssteuerfrei. Wird die Ehe durch Scheidung beendet, so bleibt das übertragene Vermögen ebenfalls von der Steuer verschont.
Der Zugewinn kann sogar bei bestehender Ehe ausglichen werden, um in den Genuss der Steuervorteile zu kommen: Haben die Ehegatten während der Ehe Vermögen erworben, das die Steuerfreibeträge übersteigt, so können Sie durch Ehevertrag in den Güterstand der Gütertrennung wechseln und den entstandenen Zugewinn ausgleichen – steuerfrei. Anschließend können sie in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurück wechseln. Dieses Steuersparmodell wird die Güterstandschaukel genannt, sie ist durch notariellen Ehevertrag zu regeln.
Auch im Übrigen können Vereinbarungen zum Güterstand als Instrumente des Vermögensschutzes (asset protection) und der lebzeitigen Vermögensnachfolge eingesetzt werden.
Wie kann man den Zugewinnausgleich im Ehevertrag regeln?
Will man die dargestellten Folgen und Risiken des Zugewinnausgleichs für den Scheidungsfall nicht hinnehmen, gleichzeitig aber steuerliche Vorteile wahren, gibt es zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten des Güterstandes durch einen Ehevertrag. Sowohl Privatpersonen als auch Unternehmer können ehevertraglich eine interessengerechte Lösung finden, die im Scheidungsfall Streit verhindert und bedeutende Vermögenswerte aus dem Privat- oder Betriebsvermögen vor der Zerschlagung bewahrt. Auch am Ende der Ehe können die gesetzlichen Regelungen des Familienrechts zum Zugewinnausgleich im Rahmen einer Scheidungsvereinbarung abbedungen werden.
Beispiele für vertragliche Regelungen zum Zugewinnausgleich:
- Ausschluss des Zugewinnausgleichs durch Vereinbarung der Gütertrennung (steuerliche Nachteile!)
- Ausschluss des Zugewinnausgleichs bei Scheidung
- Vertragliche Vereinbarung der Bewertung von Vermögenswerten und Berechnungsmodalitäten
- Begrenzung der Höhe des Zugewinns
- Ausschluss bestimmter Vermögenswerte aus der Berechnung des Zugewinns (Schutz des Betriebsvermögens im Falle der Unternehmerscheidung)
FAQ Zugewinnausgleich
Schnelle Antworten auf häufige Fragen
Wann findet der Zugewinnausgleich statt?
Der Zugewinnausgleich findet bei der Beendigung der Zugewinngemeinschaft statt. Das kann bei der Beendigung der Ehe durch Scheidung oder auch Tod eines Ehegatten sein, aber auch bei der Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch einen Ehevertrag, wenn nachträglich ein anderer Güterstand (insbesondere Gütertrennung) vereinbart wird.
Was ist der Zugewinn?
Unter Zugewinn versteht man den Vermögenszuwachses eines Ehegatte während der Ehe in Zugewinngemeinschaft. Er wird berechnet, indem man vom Endvermögen bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft (insbesondere bei Scheidung) das Anfangsvermögen bei Begründung der Zugewinngemeinschaft (insbesondere bei Eheschließung) abzieht.
Was ist das Endvermögen beim Zugewinn?
Das Endvermögen für die Ermittlung etwaiger Zugewinnausgleichsansprüche bei Scheidung ist ausdrücklich in § 1375 BGB wie folgt geregelt:
(1) Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Verbindlichkeiten sind über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen.
(2) Dem Endvermögen eines Ehegatten wird der Betrag hinzugerechnet, um den dieses Vermögen dadurch vermindert ist, dass ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands
1. unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen hat,
2. Vermögen verschwendet hat oder
3. Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen.
Ist das Endvermögen eines Ehegatten geringer als das Vermögen, das er in der Auskunft zum Trennungszeitpunkt angegeben hat, so hat dieser Ehegatte darzulegen und zu beweisen, dass die Vermögensminderung nicht auf Handlungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 zurückzuführen ist.
(3) Der Betrag der Vermögensminderung wird dem Endvermögen nicht hinzugerechnet, wenn sie mindestens zehn Jahre vor Beendigung des Güterstands eingetreten ist oder wenn der andere Ehegatte mit der unentgeltlichen Zuwendung oder der Verschwendung einverstanden gewesen ist.
Was ist das Anfangsvermögen beim Zugewinn?
Das Anfangsvermögen für die Ermittlung etwaiger Zugewinnausgleichsanpsrüche bei einer Scheidung ist ausdrücklich in § 1374 BGB wie folgt geregelt:
(1) Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstands gehört.
(2) Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist.
(3) Verbindlichkeiten sind über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen.