Auskunftsansprüche unter Erben in der Erbengemeinschaft

Welche Miterben schulden wem welche Informationen?

Erben in einer Erbengemeinschaft sollten sich immer zunächst einen Überblick über den Nachlass verschaffen damit dieser richtig verwaltet und verteilt werden kann und jeder weiß, was ihm zusteht – inklusive Ausgleich von Zuwendungen zu Lebzeiten. Aber was ist, wenn manche Miterben mit mehr Informationen über den Nachlass ausgestattet sind als andere und diese ihre Informationen womöglich nicht freiwillig mit den anderen Mitgliedern der Erbengemeinschaft teilen, die Auskunft mithin verweigern?

Unsere Fachanwälte für Erbrecht geben Ihnen einen Überblick über die Rechtslage, wann und unter welchen Voraussetzungen Sie als Miterbe von anderen Miterben Auskunft verlangen können.

Anwaltliche Leistungen für Miterben

Unsere Fachanwälte für Erbrecht vertreten Miterben in allen rechtlichen Fragen rund um Auskunftsansprüche, Nachlassverwaltung, Aufteilung der Erbschaft und sonstige Konflikte in Erbengemeinschaften.

  • Prüfung und Durchsetzung bzw. Abwehr von Auskunftsansprüchen von Erben
  • Beratung zu Fragen der Nachlassverwaltung
  • Vertretung bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft

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Kein allgemeiner Auskunftsanspruch unter Miterben

Miterben haben untereinander nicht per se einen Anspruch darauf, dass sie sich gegenseitig Auskünfte erteilen. Das liegt daran, dass jeder Miterbe als Rechtsnachfolger des Verstorbenen alle Möglichkeiten hat, sich bei Dritten die erforderlichen Informationen zu holen. So können Erben sich beispielsweise von Banken die Kontoauszüge der letzten 10 Jahre aushändigen lassen oder auch die entsprechenden Grundbücher einsehen. Die Möglichkeit, bei Dritten Informationen anzufordern, reicht aber häufig nicht aus, um an alle Informationen über den Nachlass zu gelangen. Das Gesetz gibt daher Miterben in bestimmten Fällen Rechte an die Hand, auch von anderen Miterben Auskünfte zu verlangen.

Pflicht zur Rechenschaftslegung als Folge einer Vollmacht für einen Miterben

Häufig haben Angehörige oder Bekannte vor dem Eintritt des Erbfalls eine Vollmacht des Verstorbenen. Meist handelt es sich dabei entweder um umfassende Vorsorgevollmachten oder reine Bank- bzw. Kontovollmachten.

Nicht selten treten nach dem Tod des Vollmachtgebers Zweifel auf, ob der Bevollmächtigte seine Vollmacht immer ordnungsgemäß gebraucht oder vielmehr missbraucht hat. Ein solches Misstrauen wird insbesondere dann gesät, wenn der Bevollmächtigte seine Informationen nicht freiwillig mit der Erbengemeinschaft teilt oder wenn sich bei der Durchsicht der Kontoauszüge ungewöhnlich hohe Bargeldabhebungen oder Überweisungen bemerkbar machen.

Die Rechtsprechung gewährt in bestimmten, aber nicht in allen Fällen der Erbengemeinschaft einen Anspruch gegen den Vollmachtinhaber, dass dieser genaue Rechenschaft über alle Handlungen ablegt, die dieser mit der Vollmacht getätigt hat. Sofern der Vollmachtgeber gleichzeitig Miterbe ist, entsteht dadurch eine Pflicht zur Rechenschaftslegung innerhalb der Erbengemeinschaft. Voraussetzung für diese Rechenschaftslegungspflicht ist allerdings, dass der Vollmacht ein sogenanntes Auftragsverhältnis zugrunde liegt.

Wann ein solches Auftragsverhältnis der Vollmacht zugrunde liegt, ist stark einzelfallabhängig und wurde in der Vergangenheit in der Rechtsprechung nicht immer ganz eindeutig entschieden. Die neuere Rechtsprechung tendiert aber dazu, generell bei Vorsorgevollmachten, die als Generalvollmachten ausgestattet sind, also zur Vertretung in sämtlichen vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten befugt, ein solches Auftragsverhältnis und damit eine Rechenschaftspflicht des Bevollmächtigten anzunehmen. Häufig enthalten notariell beurkundete Vollmachten auch Regelungen zur Rechenschaftspflicht. Von diesem Grundsatz ist aber regelmäßig die Konstellation ausgenommen, in welcher der Ehegatte bevollmächtigt ist und zurecht zu Lebzeiten nicht davon ausgehen musste, dass er über alle Vorgänge Rechenschaft ablegen muss, etwa weil er immer davon ausgehen durfte, dass er Alleinerbe wird.

Ein Vollmachtnehmer, der rechtmäßigerweise von der Erbengemeinschaft zur Rechenschaftslegung aufgefordert wird, ist verpflichtet, einen geordneten und detaillierten Überblick über alle Vorgänge zu erstellen, die er mit der Vollmacht vorgenommen hat. Sofern der Vollmachtinhaber sich weigert, kann jeder einzelne Miterbe den Anspruch auf Rechenschaftslegung auch gerichtlich durchsetzen. Sofern ein Grund zur Annahme besteht, dass die Angaben vom Vollmachtinhaber nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, kann jeder Miterbe zudem verlangen, dass dieser seine Angaben eidesstattlich versichert, notfalls auch klageweise.

Beispiel

Die Witwe hat zu Lebzeiten zugunsten Ihrer Tochter eine Vorsorgevollmacht notariell beurkunden lassen. Diese Vollmacht war als Generalvollmacht ausgestattet. Da die Witwe in ihren letztem Lebensmonaten stark dement und pflegebedürftig war, nahm die Tochter in dieser Zeit sämtlich Überweisungen und Barabhebungen vor. Nach dem Tod der Witwe hat der miterbende Sohn gegen seine Schwester einen Anspruch darauf, dass diese ihm Rechenschaft über alle Kontobewegungen erteilt, die sie mit der Vollmacht vorgenommen hat.

Auskunftspflicht des beschenkten Miterben über pflichtteilsrelevante Schenkungen

Insbesondere dann, wenn der Erblasser bereits zu Lebzeiten hohe Vermögenswerte verschenkt hat und die Erben zugleich zum pflichtteilsberechtigten Personenkreis gehören, kann diesen ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Beschenkten zustehen. Sofern dies der Fall ist, entsteht gleichzeitig ein Auskunftsanspruch gegen den Beschenkten über die Umstände der Schenkung. Ist der Beschenkte zugleich Miterbe, kommt es zu einem Auskunftsanspruch gegen einen Miterben innerhalb der Erbengemeinschaft.

Ein Erbe hat aber nur in ganz bestimmten Konstellationen einen Pflichtteilsergänzungsanspruch. Erforderlich ist, dass der hinterlassene Erbteil geringer ist, als sein Pflichtteil wäre, wenn man den Wert der Schenkung dem Nachlass hinzurechnet.

Beispiel

Insbesondere dann, wenn der Erblasser bereits zu Lebzeiten hohe Vermögenswerte verschenkt hat und die Erben zugleich zum pflichtteilsberechtigten Personenkreis gehören, kann diesen ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Beschenkten zustehen. Sofern dies der Fall ist, entsteht gleichzeitig ein Auskunftsanspruch gegen den Beschenkten über die Umstände der Schenkung. Ist der Beschenkte zugleich Miterbe, kommt es zu einem Auskunftsanspruch gegen einen Miterben innerhalb der Erbengemeinschaft.

Ein Erbe hat aber nur in ganz bestimmten Konstellationen einen Pflichtteilsergänzungsanspruch. Erforderlich ist, dass der hinterlassene Erbteil geringer ist, als sein Pflichtteil wäre, wenn man den Wert der Schenkung dem Nachlass hinzurechnet.

Auskunftspflicht über ausgleichspflichtige Zuwendungen

Sofern Geschwister eine Erbengemeinschaft bilden, können bestimmte lebzeitige Zuwendungen von Eltern an Ihre Kinder beim Erbfall Ausgleichspflichten unter Geschwistern hervorrufen. Geschwister in einer Erbengemeinschaft sind gemäß § 2057 BGB gegenseitig dazu verpflichtet, nach Verlangen Auskunft über alle Zuwendungen zu erteilen, die auch nur möglicherweise nach den gesetzlichen Regeln auszugleichen sind. Die Auskunftspflicht erstreckt sich dann auf alle Umstände der Zuwendung und auf alle wertbildenden Faktoren des zugewendeten Gegenstandes.  

Beispiel

Der nicht sehr vermögende Vater hat seinem Sohn ein sehr kostspieliges Studium in der USA finanziert. Seiner Tochter finanzierte er ein solchen Studium nicht. Tochter und Sohn werden nach dem Tod des Vaters gesetzliche Erben. Da die Finanzierung des Studiums unter Umständen Ausgleichspflichten auslöst, ist der Sohn nach dem Erbfall auf Verlangen verpflichtet, seiner Schwester Auskunft über alle Mittel zu erteilen, die er vom Vater zur Finanzierung des Studiums erhalten hat.

Auskunftsanspruch gegen den Erbschaftsbesitzer

Gemäß § 2027 BGB hat jeder Miterbe gegen denjenigen, der Erbschaftsgegenstände unrechtmäßig in seinen Besitz genommen hat, einen Auskunftsanspruch über den Bestand und Verbleib dieser Gegenstände. Innerhalb der Erbengemeinschaft kommt daher dann ein Auskunftsanspruch in Betracht, sobald ein Erbe eine Sache, die eigentlich zum Nachlass gehört, für sich beansprucht und in Besitz nimmt. Unerheblich ist dabei, ob es denkt, er sei dazu berechtigt oder ob er ganz genau weiß, dass er kein Anrecht auf diese Sache hat.  

Beispiel

Der Sohn nimmt nach dem Tod seines Vaters eine wertvolle Taschenuhr an sich und verkauft diese im Anschluss, da er behauptet, sie sei ihm zu Lebzeiten vom Vater schon geschenkt worden. Tatsächlich hat diese Schenkung aber nie stattgefunden. Seine Geschwister, die neben ihm Erben geworden sind, haben einen Anspruch darauf, dass er sie informiert, an wen und zu welchem Preis die Uhr veräußert worden ist.

Auskunftsanspruch gegen den Hausgenossen

Erben haben gemäß § 2028 BGB einen Auskunftsanspruch gegen den so genannten Hausgenossen. Sofern dieser Hausgenosse ebenfalls Erbe geworden ist, entsteht ein Auskunftsanspruch innerhalb der Erbengemeinschaft. Dieser Auskunftsanspruch wird in der Praxis häufig übersehen, da vielen Erben regelmäßig nicht bewusst ist, dass der Begriff Hausgenosse sehr weit verstanden wird. Denn anders als man vielleicht erwarten würde, muss ein Hausgenosse nicht etwa zum Hausstand des Erblassers gehört haben oder ein Familienangehöriger sein. Erforderlich ist nur, dass er wegen einer engen persönlichen und räumlichen Beziehung zum Erblasser die Möglichkeit hatte, Kenntnisse über Erbschaftsgegenstände zu erlangen und dadurch auf diese einzuwirken. Hausgenosse kann demnach auch ein Kind des Erblassers sein, welches nur in den letzten Lebenswochen besuchsweise bei dem Erblasser geblieben ist. Der Auskunftsanspruch verpflichtet aber nicht etwa zur allumfassenden Auskunft über den Nachlass, sondern vielmehr nur zur Auskunft über den Verbleib von Erbschaftsgegenständen, sofern der Hausgenosse hierrüber Kenntnisse hat, oder über erbschaftliche Geschäfte, die er geführt hat.

Beispiel

Da sich der Tod des Erblassers bereits Wochen zuvor angekündigt hatte, war seine Tochter für diese letzten Wochen besuchsweise bei dem Erblasser eingezogen, um ihn zu pflegen und um ihn auf seinem letzten Lebensweg zu begleiten. Da der Erblasser das Bett ohnehin nicht mehr verlassen konnte, verkaufte die Tochter den wertvollen Oldtimer im Namen ihres Vaters. Der Sohn, der neben der Tochter Erbe ist, hat nach dem Tod seines Vaters Anspruch darauf, dass seine Schwester ihm Auskunft erteilt, was mit dem Oldtimer passiert ist und für welchen Kaufpreis er verkauft worden ist.

Auskunftspflicht der notverwaltenden Miterben

Erben in einer Erbengemeinschaft müssen in der Regel bis zur Auseinandersetzung für alle Handlungen, die zur Verwaltung des Nachlasses vorgenommen werden, entweder einen einstimmigen Beschluss oder zumindest einen Mehrheitsbeschluss fassen. Dies gilt aber nicht für so genannte Notverwaltungsmaßnahmen. Dies sind Maßnahmen, die zum Erhalt des Nachlasses notwendig sind und für die keine zeit verbleibt, dass die Erbengemeinschaft zuvor gemeinsam über die Vornahme entscheidet. In diesem Fall sind Mitglieder der Erbengemeinschaft auch allein berechtigt, solche Maßnahmen auszuführen. Miterben haben gegen den Erben aber im Anschluss einen Auskunftsanspruch über die Umstände der Notverwaltungsmaßnahme.

Beispiel

Der Erbe entdeckt zufällig einen Rohrbruch in der Nachlassimmobilie. Er verständigt sofort einen Klempner, der den Rohrbruch repariert und so einen schlimmeren Schaden an der Immobilie verhindert. Der Erbe muss die anderen miterben im Anschluss über alle Umstände informieren, wenn er dazu aufgefordert wird.

Video: Streit in der Erbengemeinschaft

Rechtsanwalt Bernfried Rose erklärt, worüber Miterben streiten und wie man in einer Erbengemeinschaft seine Interessen durchsetzt.

FAQ Auskunftsansprüche Erbengemeinschaft

Was kann ich tun, wenn ein Miterbe die Auskunft verweigert?

Sofern Ihnen ein Auskunftsanspruch nach den oben genannten Grundsätzen zusteht, kann dieser auch notfalls gerichtlich durchgesetzt werden. Oft kann es aber auch schon ausreichen, einen Anwalt zu beauftragen, der durch ein anwaltliches Schreiben den notwendigen Druck ausüben kann, ohne gleich den Weg zum Gericht zu wählen.

Was kann ich tun, wenn ich die Befürchtung habe, dass der Miterbe mir trotz Auskunftspflicht etwas verschweigt?

Die meisten Auskunftsansprüche berechtigen dazu, vom Auskunftsschuldner die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zu verlangen, sofern ein Grund zur Annahme besteht, dass der Auskunftsschuldner die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt hat. Dann drohen nämlich strafrechtliche Konsequenzen, sobald herauskommt, dass der Auskunftsverpflichtet falsche Angaben eidesstattlich versichert hat.

Woher bekomme ich Auskunft darüber, was alles im Nachlass ist?

Als Erbe liegt es in Ihrer Verantwortung, dass Sie sich alle Informationen über den Nachlass verschaffen. Da Sie als Rechtsnachfolger die gleichen Rechte erhalten, wie sie der Erblasser hatte, können Sie sich sämtliche Informationen von Dritten selbst beschaffen, wie zum Beispiel Kontoauskünfte von Banken. Daneben stehen Ihnen bestimmte Auskunftsansprüche auch gegen Miterben zu. Im Einzelfall kann es einer mühsamer Weg sein, bis alle Informationen über den Nachlass zusammengetragen worden sind.

Was kann ich tun, wenn ein Miterbe seine Vollmacht missbraucht?

Als Erstes sollten Sie die Vollmacht nach dem Tod des Erblassers widerrufen, wenn Sie eine solche Befürchtung haben. Dazu sind Sie als Erbe nämlich berechtigt. Also nächstes sollten Sie Ihren Anspruch auf Rechenschaftslegung gegen den Vollmachtsinhaber geltend machen, damit auch ein vorangegangener Missbrauch aufgeklärt werden kann.

Gibt es einer Muster, um meinen Auskunftsanspruch gegen die Miterben geltend zu machen?

Da es eine Vielzahl an Auskunftsansprüchen innerhalb der Erbengemeinschaft gibt, die jeweils zu ganz verschiedenen Auskünften verpflichten, gibt es nicht ein allgemeingültiges Muster, welches alle Auskunftsarten erfasst. Als auskunftsberechtigter Miterbe sollten Sie Ihren Miterben zunächst schriftlich zur Erteilung der gewünschten Information auffordern. Sobald es zu streit kommt, empfiehlt sich häufig die Beauftragung eines Anwalts.

So machen wir Erbrecht

Was wir unter einer guten Beratung im Erbrecht verstehen, wie wir das bei uns umsetzen und was Sie davon haben, erzählt Rechtsanwalt Bernfried Rose in diesem Video.

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