Virtuelle Mitarbeiterbeteiligung (VSOP)
VSOP, Virtual Stock Options, Virtual Shares - Kanzlei für Startups
Im deutschen Mittelstand und bei Startup-Unternehmen besteht eine große Bandbreite unterschiedlicher Modelle zur Beteiligung von Mitarbeitern. Auch durch Venture Capital finanzierte Jungunternehmen legen für ihre GmbH zunehmend Beteiligungsprogramme auf, die als Virtual Stock Options oder virtuelle Mitarbeiterbeteiligung bezeichnet werden. Da bei Startups die finanziellen Mittel zur Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter beschränkt sind, wird den Mitarbeitern mit einer virtuellen Beteiligung eine Teilhabe an einem (ungewissen) zukünftigen Unternehmensverkauf eingeräumt. Einen Überblick über die wichtigsten Informationen zu virtuellen Anteilen geben Ihnen hier unsere Rechtsanwälte, Fachanwälte für Gesellschaftsrecht, Steuerrecht & Steuerberater:
Auf dieser Seite
- Was ist eine virtuelle Beteiligung (VSOP)?
- Unterschied zur echten Beteiligung (ESOP)
- Vor- und Nachteile der virtuellen Beteiligung
- Besteuerung von virtuellen Anteilen
- Wie werden virtuelle Beteiligungen in der GmbH strukturiert?
- Typische Vertragsmechanismen: Vesting, Leaver, Anti-Dilution, Down-Rounds, Exit
- Risiken für Mitarbeiter und Geschäftsführung bei VSOP-Programmen
- Steuerliche Behandlung virtueller Beteiligungen
- Anwaltliche Expertise bei Mitarbeiterbeteiligungsverträgen (VSOP)
Beratung von Start-ups mit Auszeichnung!
Unsere Kanzlei wurde auf der Bestenliste des bedeutenden Wirtschaftsmagazins brand eins als Gesellschaftsrechtskanzlei ausgezeichnet.
1. Was ist eine virtuelle Beteiligung (VSOP)?
Eine virtuelle Beteiligung (kurz: VSOP) ist ein schuldrechtlicher Vertrag, bei dem Mitarbeiter in gewissen Fällen (zum Teil) wie Gesellschafter eines Unternehmens gestellt werden. Dadurch wird die (partielle) Rechtsposition als Anteilseigner quasi vertraglich fingiert (daher: virtuell), oft um ein niedrigeres Festgehalt auszugleichen. Die Wette lautet: Wenn der Exit gelingt (man spricht von einer build to sell-Politik), werden die Mitarbeiter über die virtuellen Beteiligungsprogramme am Exit-Erlös in beachtlicher Weise finanziell beteiligt.
Die rechtliche Konstruktion ist dabei recht komplex und viele Punkte der in der Praxis gängigen Verträge werden von vielen Juristen in Zweifel gezogen und von der Rechtsprechung bisher noch nicht hinreichend geprüft.
2. Unterschied zur echten Beteiligung (ESOP)
Um die Unterschiede und das Konstrukt der virtuellen Beteiligung im Gegensatz zur echten Beteiligung zu verstehen, muss man sich zunächst die Rechtspositionen eines echten Anteilseigners vor Augen führen:
Wer echte Geschäftsanteile (ESOP) übertragen bekommt, hat all die Rechte, die einem Gesellschafter des Unternehmens zustehen. Dazu gehören vor allem
- Informations- und Stimmrechte: der Gesellschafter wirkt bei der Bestimmung der Zukunft des Unternehmens mit.
- Er hat Rechte auf eine Beteiligung am jährlichen Gewinn der Gesellschaft gemäß den Regelungen der Satzung und sonstigen Gesellschaftervereinbarungen.
- Im Falle eines gesamten oder anteiligen Verkaufs des Unternehmens wird er am Verkaufspreis entsprechend der Höhe seiner Anteile beteiligt.
- Als Gesellschafter werden diese seine Rechte vom Gesetz besonders geschützt: Die Anteile dürfen ihm nur unter bestimmten, besonderen Voraussetzungen wieder entzogen werden. Hierfür muss ihm eine angemessene Abfindung gezahlt werden.
Bei virtuellen Anteilen werden Informations- und Stimmrechte nicht gewährt.
Eine Gewinnbeteiligung kennen nur einige wenige VSOP-Programme.
Stattdessen wird regelmäßig nur eine Beteiligung am Verkaufserlös im Exit-Fall oder nach Ablauf einer gewissen Zeit eine Auszahlung der Anteile geregelt. Dabei handelt es sich aber nicht um eine echte Kapitalbeteiligung, sondern nur um einen schuldrechtlichen Anspruch auf Prämienzahlung. Die Voraussetzungen und Konditioinen variieren dabei stark zwischen den verschiedenen VSOP-Programmen in der Praxis.
Ob und bis zu welchem Grad virtuell Beteiligte einem Schutz entsprechend dem gesetzlichen Schutz von Gesellschaftern unterfallen, ist von der Rechtsprechung noch nicht eindeutig geklärt worden. Das bedeutet für die Beteiligten eine größere Rechtsunsicherheit, insbesondere dann, wenn bestimmte Klauseln der Verträge vorsehen, dass ihnen Anteile ohne weiteres wieder entzogen und/oder nicht angemessen abgefunden werden können.
Ausgewogene Programme gewährleisten gleichwohl zumindest im Exit-Fall eine gewisse Transparenz zugunsten des Mitarbeiters, dem dadurch die Berechnung seiner Beteiligungsquote ermöglicht wird. Der Inhaber der Virtual Shares behält in aller Regel die Rechtsstellung eines Arbeitnehmers im Sinne des Arbeitsrechts, Steuerrechts und Sozialversicherungsrechts. Denkbar sind jedoch auch atypische Beteiligungsgestaltungen (gesellschaftsrechtliche Konstruktionen, stille Beteiligungen, etc.).
3. Vor- und Nachteile der virtuellen Beteiligung
3.1. Vorteile für Startups & Gründer:
Für Gründer und Investoren haben die virtuellen Beteiligungen entscheidende Vorteile:
Vorteil Nr. 1: Mittelbare Finanzierung, finanzielle Flexibilität
Da bei Startups die finanziellen Mittel zur Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter beschränkt sind, ermöglichen virtuelle Beteiligungsprogramme es, qualifizierte Führungskräfte unter Einsparung von Ressourcen für das Unternehmen zu gewinnen. Daher sind virtuelle Beteiligungen auch und in erster Linie eine Form der mittelbaren Finanzierung für das Startup: Durch die Ausgabe begrenzter virtueller Anteile wird zu Beginn Kapital gespart, also gewonnen.
Vorteil Nr. 2: Bindung von Mitarbeitern an das Unternehmen
Alle Formen der Gesellschaftsbeteiligung haben aber auch immer das gemeinsame Ziel, Führungskräfte und Spezialisten längerfristig an das Unternehmen zu binden. Mit einer speziellen Anreizstruktur im Exit-Fall beteiligen virtuelle Mitarbeiterbeteiligungsprogramme qualifizierte Mitarbeiter am unternehmerischen Erfolg - und sorgen so für ein motivierteres Arbeiten am Projekt über längere Zeit. Mitarbeiter begreifen das Unternehmen als "ihr" Unternehmen und fühlen eine bestimmte Zugehörigkeit und Verantwortung.
Vorteil Nr. 3: Differenzierte Übertragung einzelner Rechte
Schließlich erlauben virtuelle Beteiligungsprogramme ein großes Maß an Flexibilität bei der Vertragsgestaltung: Da die gesetzlichen Grenzen für echte Anteile gerade nicht greifen, kann der Unternehmer sehr unabhängig entscheiden, welche Rechte er den Mitarbeitern genau einräumen möchte und welche nicht. Dabei ermöglichen gerade virtuelle Beteiligungen auch eine größtmögliche Differenzierung zwischen verschiedenen Mitarbeitern, etwa sog. key employees, wichtigen Führungskräften und sonstigen wichtigen Mitarbeitern.
3.2. Vorteile für Mitarbeiter:
Auch für Mitarbeiter haben virtuelle Anteile einige Vorteile:
Vorteil Nr. 4: Vorteilhafter Zeitpunkt der Besteuerung
Anfänglich wurden virtuelle Beteiligungen entwickelt, um vor allem steuerliche Nachteile von echten Beteiligungen zu umgehen. Ausführlich dazu gleich zur Besteuerung von virtuellen Anteilen. Dieser Vorteil hat sich nun durch die Reform der Besteuerung von Anteilsübertragungen an Startups in den meisten Fällen relativiert. Nähere Informationen dazu finden Sie auf unserer Seite über (echte) Mitarbeiterbeteiligungen.
Vorteil Nr.5: Weniger Formalitäten
Anders als bei der Übertragung einer echten GmbH-Beteiligung ist bei der Begründung einer virtuellen Mitarbeiterbeteiligung der Gang zum Notar entbehrlich bei Übertragung an die Mitarbeiter.
3.3. Nachteile von virtuellen Beteiligungen:
Der Hauptgrund, warum VSOP-Programme sich bis heute bei Mitarbeitern großer Beliebtheit erfreuen, ist - im Endeffekt derselbe, wie bei ESOP-Programmen - die sog. "Wette auf den Exit", also die Hoffnung, dass das Unternehmen während der eigenen Tätigkeit enorm an Wert zulegen wird und bei Einlösung der Anteile eine signifikante Summe Geld anfallen wird. Ob und wie häufig sich dieser Traum erfüllt, hängt sicherlich von dem konkreten Startup und den Konditionen im Einzelfall ab.
Die vielen Nachteile, die virtuelle Anteile gegenüber echten Anteilen haben (keine Informations-, Überwachungs- und gesellschaftsrechtlichen Gewinnrechte, siehe Unterschiede oben), sind vielen Mitarbeitern dagegen nicht präsent.
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4. Exkurs: Besondere Vorteile bei der Besteuerung von VSOP-Anteilen
Der große Vorteil von VSOP-Anteilen ist steuerlicher Natur: Sie werden in der Regel, wenn sie richtig konstruiert werden (Ausnahmen vor allem bei Gewinnbeteiligungen und im Einzelfall), erst besteuert, wenn der Mitarbeiter auch Geld sieht - nämlich im Exit-Fall. Steuern, die er auf seine virtuellen Anteile zahlen muss, kann er dann einfach von dem Exit-Erlös abziehen.
Bei echten Anteilen dagegen wächst der Wert der Anteile dem Mitarbeiter grundsätzlich schon im Zeitpunkt der Übertragung an - also oft schon lange bevor der Mitarbeiter überhaupt das erste Geld sieht. Eine vorgezogene Bezahlung der Steuerlast können sich viele Mitarbeiter aber nicht leisten. Erst jüngst wurde hier eine Ausnahme für Startups getroffen, die aber nur ganz zu Beginn des Unternehmens bis zu einer bestimmten Größe greift.
5. Wie werden virtuelle Beteiligungen in der GmbH strukturiert?
Die virtuellen Beteiligungen werden durch einen schuldrechtlichen Vertrag zwischen dem Startup und den teilnehmenden Mitarbeitern abgeschlossen. Von Rechtsanwälten werden dabei für die Praxis stark voneinander abweichende Programme entwickelt. Der Mitarbeiter bekommt typischerweise für den Exit-Fall (Unternehmensverkauf durch Anteilsübertragung, Umwandlungsvorgang, Asset Deal oder Börsen-IPO) einen Anspruch auf Prämienzahlungen.
Durch den Beteiligungsvertrag nimmt der Mitarbeiter also an der künftigen Steigerung des Unternehmenswerts der GmbH im Erfolgsfall teil. Regelmäßig findet sich eine Formel im Beteiligungsvertrag, nach der dem Mitarbeiter eine bestimmte Anzahl von Bucheinheiten eingeräumt wird, die an einen Nominalbetrag des GmbH-Stammkapitals gekoppelt ist.
6. Typische Vertragsmechanismen: Vesting, Leaver, Anti-Dilution, Down-Rounds, Exit
In den meisten Beteiligungsverträgen wird den Mitarbeitern nicht sofort mit Vertragsabschluss die versprochene Beteiligung in voller Höhe eingeräumt. Diverse Vertragsmechanismen sorgen dafür, dass die Beteiligungen gestaffelt und nur unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen gewährt werden. Dazu gehören insbesondere:
- Vesting-Klauseln
- Ausdifferenzierte Abfindungsregelungen, sog. Good & Bad Leaver Klauseln
- Verwässerungsschutz, sog. Anti-Dilution Klauseln
- Down-Rounds
- Liquidationspräferenzen und Abfindungsmechanismen beim EXIT
Was das bedeutet, erklären wir Ihnen nun.
6.1. Vesting-Klauseln
Mitarbeiter erdienen sich hier die Beteiligung zeitlich gestaffelt ("Vesting") - nach Ablauf einer sogenannten Wartezeit („Cliff“) - innerhalb eines Ansparzeitraums von regelmäßig bis zu fünf Jahren („Vesting-Periode“).
Zum Teil sehen die Beteiligungsverträge auch ein Accelerated Vesting vor, welches dem Mitarbeiter die versprochene Beteiligung in voller Höhe zuweist, wenn das Exit-Ereignis bereits innerhalb der Vesting-Periode stattfindet.
6.2. Good & Bad Leaver
Die gevesteten Anteile können verfallen, wenn das Anstellungs- bzw. Geschäftsführerdienstverhältnis zwischen Mitarbeiter und Unternehmen aufgrund eines vom Mitarbeiter „verschuldeten“ Umstands beendet wird. Nach Eingreifen einer wirksamen Verfallklausel ist eine Prämienzahlung dann ausgeschlossen, der Wetteinsatz also quasi verloren.
Die Beteiligungsprogramme enthalten die in der M&A-Praxis üblichen good leaver- und bad leaver-Mechanismen, die darüber entscheiden, ob ein aus dem Dienstvertrag ausgeschiedener Mitarbeiter seine Beteiligung überhaupt, in welcher Höhe und wie lange behalten kann. Zu enge und einseitige Regelungen im Interesse des Unternehmens können ggf. aus arbeitsrechtlicher Sicht oder über das allgemeine AGB-Recht angreifbar sein.
6.3. Anti-Dilution
Zumeist wird dem virtuell Beteiligten der jungen GmbH bei bestimmten Kapitalmaßnahmen der Verwässerungsschutz (Anti-Dilution) versagt, damit in späteren Finanzierungsrunden Investoren z.B. in Form von Bar-Kapitalerhöhungen ohne Hindernisse aufgenommen werden können. Das bedeutet, dass sich die Beteiligungsquote des Mitarbeiters durch eine von einem (neuen) Investor übernommene Kapitalerhöhung des Startups – wirtschaftlich gesehen – reduzieren kann.
Aber Achtung: Nicht bei jeder Kapitalmaßnahme ist der Verzicht auf einen Verwässerungsschutz interessengerecht.
6.4. Down-Rounds
Für den Mitarbeiter ist auch interessant, inwieweit Investoren sich bei einem sinkendem Unternehmenswert einen Schutz vor Down-Rounds haben einräumen lassen und über Full-Ratchet, Wighted-Average und ähnliche Vertragskonstrukte verbilligt Beteiligungen in zukünftigen Finanzierungsrunden übernehmen können, die auch zu einer Beteiligungsverwässerung der virtuellen Beteiligten führen.
6.5. Liquidationspräferenzen und Abfindungsmechanismen beim EXIT
Wenn die Exit-Voraussetzungen vorliegen, erhält der Mitarbeiter einen schuldrechtlichen Zahlungsanspruch gegen die GmbH.
Die Höhe der Prämienzahlung ist einer im Vertrag geregelten Formel zu entnehmen und an den im Rahmen eines Exits orientierten Erlös gebunden. Verbreitet ist in der Praxis, dass
- ein sogenannter Liquidationserlös eines oder mehrerer Gesellschafter und Finanzinvestoren zunächst einmal vom Exit-Erlös abgezogen wird (häufig Veräußerungs- und Transaktionskosten).
- An dem Netto-Erlös partizipiert der Mitarbeiter dann (auf der zweiten Stufe) in Höhe seiner quotalen virtuellen Beteiligung.
Sonderregelungen finden sich oft für partielle Unternehmensverkäufe. Wenn nur 80 % des Startups verkauft werden, gebietet die Gleichstellung mit einem echten Gesellschafter, dass der Mitarbeiter auch nur mit 80 % seiner virtuellen Beteiligung partizipiert. In Höhe von 20 % bleibt er weiterhin am Unternehmen virtuell beteiligt.
Teilweise werden in Beteiligungsprogrammen dem Unternehmen Möglichkeiten des Herauskaufens von gevesteten Anteilen eingeräumt. Ein Unternehmen kann einem Mitarbeiter dann über dieses Abfindungsrecht die gevesteten virtuellen Geschäftsanteile vor dem Exit abkaufen.
7. Risiken für Mitarbeiter und Geschäftsführung bei virtuellen Beteiligungen
Weil die Verträge sehr komplex und die Materie von den obersten Gerichten noch nicht entschieden ist, bergen virtuelle Beteiligungsprogramme viele rechtliche Risiken und Unsicherheiten für die Beteiligten. Die wichtigsten 10 Risiken von VSOP-Verträgen sind:
- Steuerfalle bei Unternehmensbewertung
- Unwirksame, stark benachteiligtende Leaver-Konstellationen
- Intransparente Erlös- und Liquidationspräferenzen zugunsten von Investoren und Altgesellschafter
- Erhöhung der Sozialversicherung
- Unwirksamkeit von Klauseln nach AGB-Kontrolle bei starker Benachteiligung der Mitarbeiter
- Verwässerung der Anteile ohne Anti-Dilution
- Verfall der Rechte nach einer bestimmten Zeit
- Unternehmenswert sinkt, "Wette auf den Exit" geht nicht auf
- Nachteilige Berechnung der Beteiligung am Exit-Erlös
- Unfaire Abfindungsregelungen
Neben den oben bereits erörterten Risiken in der Vertragsgestaltung wollen wir auf weitere wichtige Risiken von VSOP-Programmen hier weiter eingehen:
7.1. Risiko: Sozialversicherungsbeiträge
Neben den genannten Steuerrisiken bergen virtuelle Mitarbeiterbeteiligungsprogramme auch Risiken auf Ebene der Sozialversicherungsbeiträge, wenn der Beteiligte mit seinem laufenden Gehalt unterhalb der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze bei Kranken-/Pflegeversicherung, Renten- und Arbeitslosenversicherung liegt.
Es gilt zu verhindern, dass die VSOP unbemerkt die laufende Sozialversicherungspflicht erhöhen und die Beiträge vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer dann nicht richtig entrichtet werden. Die Risiken aus dem Steuer- und Sozialversicherungsbereich tangieren nicht nur den beteiligten Mitarbeiter (erhöhte, ggf. unbemerkte Belastungen), sondern können auch zu einer persönlichen Haftung der Geschäftsführer auf zivil- und strafrechtlicher Ebene führen.
Nähere Informationen zur strafrechtlichen Haftung des Geschäftsführers finden Sie hier: Steuerstrafrecht
7.2. Achtung bei Vorzugsrechten der Investoren
Insbesondere intransparente Erlös- und Liquidationspräferenzen zugunsten von Investoren und Altgesellschafter dürfen die Mitarbeiter nicht zu weit finanziell benachteiligen. Anders als bei Gesellschaftervereinbarungen und Beteiligungsverträgen im Zusammenhang mit dem Beitritt von VC-Finanzinvestoren sehen viele virtuelle Beteiligungsprogramme nur abstrakte und für den Mitarbeiter nicht nachvollziehbare Vorzugsrechte von Investoren und Gesellschafter vor, die sich für den Mitarbeiter stark anspruchsmindernd auswirken können.
Es sollte in den Beteiligungsverträgen transparent gehalten werden, inwieweit Transaktionskosten, Gebühren, Steuern und sonstige Positionen im Falle eines Exits den Erlös des Mitarbeiters reduzieren können. Für den virtuell Beteiligten muss auch klar sein, ob nicht-anrechenbare Liquidationspräferenzen (Participating Liquidation Preference) zu einem zusätzlichen finanziellen Malus führen
7.3. Vorschriften des Arbeitsrechts beachten
Der Inhaber der Virtual Shares behält in aller Regel die Rechtsstellung eines Arbeitnehmers im Sinne des Arbeitsrechts, Steuerrechts und Sozialversicherungsrechts. Denkbar sind jedoch auch atypische Beteiligungsgestaltungen (gesellschaftsrechtliche Konstruktionen, stille Beteiligungen, etc.).
Angemerkt sei an dieser Stelle auch, dass Beteiligungsverträge auf Grundlage von Arbeitsrecht und AGB-Recht bei einer Übervorteilung und Intransparenz zu Lasten des Mitarbeiters rechtlich angreifbar sein können. Hier empfiehlt es sich unbedingt, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren. Gerade die im Arbeitsvertrag angeordnete Trennung von Arbeitsverhältnis und virtueller Beteiligung ist häufig unwirksam.
7.4. Achtung: AGB-Kontrolle nötig!
Unabhängig davon, ob das virtuelle Beteiligungsprogramm direkter Bestandteil des Arbeitsvertrags ist, wird sich immer die Frage der AGB-Inhaltskontrolle (§§ 305 ff. BGB) und damit des rechtlichen Schutzes zugunsten des Mitarbeiters stellen.
Finanzinvestoren, Geschäftsführer und Gründungsgesellschafter sollten beachten, dass eine Bereichsausnahme für das Gebiet des Gesellschaftsrechts (§ 310 Abs. 4 Satz 1 BGB) in der Regel nicht vorliegen dürfte, da dem Mitarbeiter gerade keine echte Beteiligung mit allen Mitgliedschaftsrechten eingeräumt wird. Hier ist eine individuelle Prüfung des Einzelfalles unbedingt notwendig!
8. Steuerliche Behandlung virtueller Beteiligungen
Da es sich bei virtuellen Beteiligungen um eine Form der Mitarbeitervergütung handelt, können sich im Einzelfall Abgrenzungsschwierigkeiten hinsichtlich der richtigen steuerlichen Einordnung ergeben. Mitarbeiterbeteiligungsvergütungen können grundsätzlich als
- Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
- Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder
- Kapitaleinkünfte
bewertet werden. In aller Regel wird es bei den virtuell Beteiligten an einer Mitunternehmerschaft fehlen, sodass keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen. Da die virtuelle Beteiligung dem Mitarbeiter auch nicht gegen Entgelt zur freien Nutzung überlassen wird, dürften grundsätzlich auch Einkünfte aus Kapitalvermögen ausscheiden.
Vor dem Hintergrund, dass die virtuelle Beteiligung dem Mitarbeiter für seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt wird (als Lohn bzw. Lohnsurrogat), werden diese regelmäßig als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit eingeordnet. Entsprechende Beteiligungsprogramme sollten daher aus steuerlicher Sicht so gestaltet werden, dass keine Einkommensteuer mit der Einräumung bzw. dem sukzessiven Vesting anfällt. Ein gewöhnlicher Mitarbeiter würde die Steuerlast mangels Zuflusses von liquiden Geldmitteln nicht finanzieren können.
Dagegen wird eine an einen Mitarbeiter unentgeltlich oder verbilligt übertragene echte GmbH-Beteiligung im Zeitpunkt der Anteilsübertragung zu einem Vermögenszuwachs führen und Steuern auslösen. Die virtuelle Beteiligung sollte daher nicht zu eng an eine echte GmbH-Beteiligung angelehnt sein. Andernfalls droht je nach vertraglicher Strukturierung eine Lohnsteuerschuld des virtuell beteiligten Mitarbeiters im Zeitpunkt der Einräumung, also weit vor dem prämienauslösenden Exit-Fall. Die steuerrechtlichen Risiken sollten bei jedem virtuellen Beteiligungsprogramm geprüft werden.
9. Rechte des virtuell beteiligten Mitarbeiters
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass virtuelle Beteiligungsprogramme nicht mit einer echten Beteiligung als Gesellschafter gleichzustellen sind. Der im Recht der GmbH wichtige Minderheitenschutz greift bei virtuellen Beteiligungsverträgen mithin nicht. Daher muss ein gewisses Schutzniveau im Interesse der Mitarbeiter auf individualvertraglicher Ebene in den Programmen festgeschrieben werden. Zentral ist insbesondere die Regelung eines Mindestniveaus an Kontroll- und Informationsrechten.
Die Beteiligungsverträge haben das Ziel, dass der Angestellte durch das spezielle Anreizsystem quasi zum Unternehmer wird. Der Mitarbeiter übernimmt mit seinem Engagement auch entsprechende Risiken. Das Gebot der Fairness gebietet es, dass dem virtuell Beteiligten hinsichtlich aller Chancen und Risiken die nötige Transparenz eingeräumt wird.
10. Anwaltliche Expertise bei Mitarbeiterbeteiligungsverträgen (VSOP)
Das Kanzlei-Team aus Rechtsanwälten, Fachanwälten für Gesellschaftsrecht und Steuerrecht und Steuerberatern plant und gestaltet Mitarbeiterbeteiligungsprogramme an unseren Standorten in Hamburg, Berlin, München und Frankfurt. Nachfolgend finden Sie unser Beratungsspektrum im Zusammenhang mit Managementbeteiligungen und Mitarbeiterbeteiligungen:
- Vergleich der verschiedenen Mitarbeiterbeteiligungsmodelle und Beratung zum passenden Beteiligungsprogramm
- Planung und Beratung zur virtuellen Mitarbeiterbeteiligung in der GmbH
- Gestaltung und Strukturierung von Virtual Stock Options sowie Anpassungen der jeweiligen Arbeitsverträge und Geschäftsführerdienstverträge
- Schulungen und Informationsveranstaltungen für qualifizierte Mitarbeiter, die am Unternehmen beteiligt werden sollen
- Prüfung bestehender virtueller Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, gerichtliche und außergerichtliche Durchsetzung bzw. Abwehr von Beteiligungs- und Gewinnansprüchen, Vertretung vor Schiedsgerichten.
Virtuelle Beteiligungsprogramme sind an bei Aktiengesellschaften häufig eingesetzten klassischen Stock Options (Aktienoptionen) für Mitarbeiter angelehnt.
11. Vertragliche Transparenz und Fairness nötig
Virtuelle Beteiligungsverträge sind für junge GmbHs und qualifizierte Mitarbeiter ein sinnvolles Instrument, wenn auf die nötige Transparenz und einen ausgewogenen Interessenausgleich zwischen allen Beteiligten geachtet wird. Zugunsten der beteiligten Manager und Mitarbeiter muss ein gewisses Schutzniveau vertraglich festgelegt werden. In aller Regel setzen Finanzinvestoren viel daran, ihre Interessen möglichst weitgehend umzusetzen.
Dies kann indes leicht zu Ungleichgewichten bei der Konzeption von Mitarbeiterprogrammen und im schlimmsten Fall zur vollständigen Unwirksamkeit der Klausel führen.
Hier finden Sie nähere Informationen zu Interessenkonflikten im Venture Capiital Bereich: Venture Capital
Unsere Anwälte auf YouTube
Auf unserem Youtube-Kanal erklären unsere Anwälte und Steuerberater für junge Startups relevante Themen rund um Gründung 6 Finanzierung und geben hilfreiche Tipps für Gründer und Investoren.
13. FAQ - Fragen zu VSOP an unsere Anwälte
Häufig gestellte Fragen von Mitarbeitern, Gründern und Investoren an unsere Fachanwälte für Gesellschaftsrech, Steuerrecht & Steuerberater sammeln wir hier.
Was ist eine virtuelle Beteiligung (VSOP)?
Eine virtuelle Beteiligung (kurz: VSOP) ist ein schuldrechtlicher Vertrag, bei dem Mitarbeiter in gewissen Fällen (zum Teil) wie Gesellschafter eines Unternehmens gestellt werden. Dadurch wird die (partielle) Rechtsposition als Anteilseigner quasi vertraglich fingiert (daher: virtuell), oft um ein niedrigeres Festgehalt auszugleichen. Die Wette lautet: Wenn der Exit gelingt (man spricht von einer build to sell-Politik), werden die Mitarbeiter über die virtuellen Beteiligungsprogramme am Exit-Erlös in beachtlicher Weise finanziell beteiligt.
Was ist der Unterschied zwischen ESOP und VSOP?
Der Unterschied zwischen echten und virtuellen Anteilen ist, dass bei virtuellen Anteilen keine Informations-, Überwachungs- und gesellschaftsrechtlichen Gewinnrechte und auch keine echte Kapitalbeteiligung übertragen werden, sondern nur ein schuldrechtlicher Anspruch auf Prämienzahlung, angelehnt an eine Anzahl von fiktiven Anteilen im Exit-Fall zugesprochen wird. Aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung werden ESOP und VSOP-Anteile in der Regel auch unterschiedlich besteuert.
Welche Vorteile bieten virtuelle Anteile?
Virtuelle Anteile haben für Startups & Mitarbeiter diverse, insbesondere die folgenden 5 Vorteile:
- Mittelbare Finanzierung, finanzielle Flexibilität für das Startup
- Bindung von qualifizierten Fachkräften & Führungspersonal an das Unternehmen
- Differenzierte Übertragung einzelner Rechte möglich
- Geringe Formalia: Kein Notar zur Übertragung nötig
- Steuervorteile: Besteuerung regelmäßig erst beim Exit
Was beinhaltet ein virtuelles Beteiligungsprogramm?
Ein VSOP-Programm enthält regelmäßig die folgenden 5 wichtigsten Vertragsbestandteile:
- Vesting-Klauseln
- Ausdifferenzierte Abfindungsregelungen, sog. Good & Bad Leaver Klauseln
- Verwässerungsschutz, sog. Anti-Dilution Klauseln
- Down-Rounds
- Liquidationspräferenzen und Abfindungsmechanismen beim EXIT
Welche Risiken bergen VSOP-Programme?
Weil die Verträge sehr komplex und die Materie von den obersten Gerichten noch nicht entschieden ist, bergen virtuelle Beteiligungsprogramme viele rechtliche Risiken und Unsicherheiten für die Beteiligten. Die wichtigsten 10 Risiken von VSOP-Verträgen sind:
- Steuerfalle bei Unternehmensbewertung
- Unwirksame, stark benachteiligtende Leaver-Konstellationen
- Intransparente Erlös- und Liquidationspräferenzen zugunsten von Investoren und Altgesellschafter
- Erhöhung der Sozialversicherung
- Unwirksamkeit von Klauseln nach AGB-Kontrolle bei starker Benachteiligung der Mitarbeiter
- Verwässerung der Anteile ohne Anti-Dilution
- Verfall der Rechte nach einer bestimmten Zeit
- Unternehmenswert sinkt, "Wette auf den Exit" geht nicht auf
- Nachteilige Berechnung der Beteiligung am Exit-Erlös
- Unfaire Abfindungsregelungen