GmbH-Anteilsübertragung ohne Notar
Mit Einziehung von Geschäftsanteilen Notargebühren sparen
GmbH-Geschäftsanteile werden grundsätzlich durch einen notariell zu beurkundenden Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrags übertragen. Dabei können je nach Höhe des Kaufpreises sehr hohe Notargebühren ausgelöst werden. Die Notarkosten der deutschen Notare sind im Gerichts- und Notarkostengesetz (kurz GNotKG) geregelt. Unlängst versucht die Praxis die hohen Gebühren der deutschen Notare durch kostengünstige Notarbeurkundungen im Ausland wie der Schweiz zu umgehen.
In vielen Fällen lassen sich jedoch Beteiligungsverschiebungen innerhalb des Gesellschafterkreises der GmbH gänzlich ohne eine notarielle Beurkundung und somit auch ohne Notarkosten organisieren. In der gesellschaftsrechtlichen Praxis wird das Einziehungsmodell genutzt, um kostenpflichtige notarielle Beurkundungen zu vermeiden.
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Einen Überblick zum Einziehungsmodell, mit dem sich ein notariell zu beurkundender Anteils- und Übertragungsvertragsvertrrag vermeien lässt, finden Sie in unserem YouTube-Video:
Was bedeutet „Einziehung von GmbH-Anteilen“?
Die Einziehung von Geschäftsanteilen einer GmbH führt dazu, dass die Geschäftsanteile vernichtet werden. Die Geschäftsanteile gehen mit allen Rechten und Pflichten unter. Der Gesellschafter, dessen Geschäftsanteile eingezogen worden sind, scheidet aus der GmbH aus und er erhält mit der wirksamen Anteilseinziehung eine Abfindung von der GmbH. Die Einziehung spielt in der Unternehmenspraxis in zwei Situationen eine Rolle:
- Gestaltungsinstrument: Die Einziehung kann mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters als Gestaltungsinstrument für die Übertragung von Geschäftsanteilen genutzt werden. Durch den einziehungsbedingten Austritt eines oder mehrerer Gesellschafter lassen sich Beteiligungen innerhalb des Gesellschafterkreises verschieben, ohne dass es eines notariellen Anteilskaufvertrags bedarf.
- Gesellschafterstreit / Hinauskündigung von Gesellschaftern: Im Rahmen von zugespitzten Gesellschafterstreitigkeiten und Deadlocks im Unternehmen kann ein Ausschluss von Gesellschaftern mittels einer Anteilseinziehung vollzogen werden. Durch eine solche Zwangseinziehung kann ein Gesellschafter gegen seinen Willen aus der GmbH gedrängt werden, wenn ein Einziehungsgrund vorliegt.
Wie funktioniert das Einziehungsmodell zwecks Anteilsübertragung?
Eine Einziehung von GmbH-Anteilen mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters (freiwillige Einziehung) erfolgt durch Gesellschafterbeschluss. Die Anteilseinziehung selbst wird in aller Regel durch die Gesellschafterversammlung beschlossen (§ 46 Nr. 4 Var. 2 GmbHG) und zwar mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Auch wenn die Einziehung mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann, muss bei der freiwilligen Einziehung immer auch die Zustimmung des betroffenen Gesellschafters vorliegen. Anderenfalls liegt der Fall der Zwangseinziehung vor, der auch einen Einziehungsgrund voraussetzt.
Wurde die Einziehung wirksam beschlossen, gehen die eingezogenen GmbH-Geschäftsanteile unter und der Gesellschafter scheidet aus der GmbH aus. Mit dem Untergang der Anteile steigen pro rata die Beteiligungsquoten der verbleibenden Gesellschafter. Es kommt also zu einer Verschiebung der Beteiligungen innerhalb der GmbH.
BEISPIEL:
Wenn ein Gesellschafter mit einer 50 %-igen Beteiligung aus der GmbH auf der Grundlage eines Einziehungsbeschlusses ausscheidet, kann seine Beteiligung auf die verbleibenden Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligungen übergehen. Verbleiben in der GmbH zum Beispiel zwei Minderheitsgesellschafter, die bisher eine Beteiligung von je 25 % hielten, dann wachsen ihre Beteiligungen auf je 50 % an. Beide verbleibenden Gesellschafter erhalten durch das Einziehungsmodell einen Zuwachs von je 25 %.
Der ausscheidende Gesellschafter erhält einen Abfindungsanspruch gegen die GmbH. Gemeinhin vereinbaren die beteiligten Gesellschafter eine Abfindungshöhe im Vorfeld der Einziehung. Abfindungsbeschränkende Satzungsklauseln spielen bei der freiwilligen Einziehung eine untergeordnete Rolle. Sie greifen primär bei Zwangseinziehungen. Bei einer einvernehmlichen Einziehung wird die Abfindungshöhe in aller Regel einvernehmlich zwischen den Gesellschaftern ausgehandelt. Wird eine Einigung bzgl. Abfindung bzw. Unternehmensbewertung erreicht, kann die Einziehung und damit der Beteiligungstransfer schnell im Wege des Einziehungsbeschlusses vollzogen werden.
Lassen sich beim Einziehungsmodell Anteile auf Dritte übertragen?
Die Anteilsübertragung über das Einziehungsmodell ohne die Einbindung eines Notars bietet sich grundsätzlich bei einfachen Fallgestaltungen an, bei denen eine Beteiligung eines ausscheidenden Gesellschafters auf die verbleibenden Gesellschafter übertragen werden soll.
Zwar wird in der Fachliteratur vertreten, dass nach einer Einziehung neu gebildeten Anteile (Revalorisierung) sich auch Dritten außerhalb des Gesellschafterkreises zuordnen lassen. Dies ist aber umstritten und mit einer Rechtsunsicherheit verbunden. Will man eine notarielle Beurkundung vermeiden, sollte das Einziehungsmodell nicht für einen Beteiligungserwerb eines Dritten genutzt werden.
Warum führt die Einziehung nur zur quotalen Beteiligungsübertragung?
Grundsätzlich empfehlen wir das Einziehungsmodell nur bei verhältniswahrenden Beteiligungsübertragungen im Gesellschafterkreis. Dabei bedeutet „verhältniswahrend“, dass die verbleibenden GmbH-Gesellschafter von der eingezogenen Beteiligung entsprechend ihrer Beteiligungshöhe, also pro rata, profitieren. Disquotale Übertragungen auf die Mitgesellschafter sind mit einer Rechtsunsicherheit verbunden.
Nach der Einziehung von Geschäftsanteilen entspricht die Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile nicht mehr dem Stammkapital (Nennbetragslücke). Diese Lücke lässt sich durch verschiedene Kapitalmaßnahmen schließen. In der Fachliteratur wird diskutiert, ob im Wege einer Aufstockung der vorhandenen Geschäftsanteile der verbleibenden Gesellschafter auch eine disquotale Aufstockung der Geschäftsanteile der verbleibenden Gesellschafter die Nennbetragslücke schließen kann. In unserem oben skizzierten Beispielsfall würden die beiden verbleibenden Gesellschafter bei einer disquotalen Aufstockung die eingezogene Beteiligung von 50 % willkürlich zwischen sich aufteilen können. Ließe man den Beschluss einer disquotalen Aufstockung zu, könnte ein Gesellschafter zum Beispiel 40 % und der andere 10 % der Beteiligung des ausscheidenden Gesellschafters übernehmen. In der Fachliteratur ist eine solche nicht verhältniswahrende Aufstockung jedoch heftig umstritten. Teilweise wird ihr die Zulässigkeit komplett abgesprochen, teils wird die disquotale Aufstockung für zulässig gehalten, wenn alle betroffenen Gesellschafter zustimmen und die Aufstockung notariell beurkundet wird. Andere sprechen sich indes gegen ein Beurkundungserfordernis aus. Bis sich eine höchstgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet hat, empfehlen wir von einer disquotalen Aufstockung im Rahmen des Einziehungsmodells abzusehen.
Wann bietet sich ein Einziehungsmodell an?
Das Einziehungsmodell, mit dem die Gesellschafter bei einer Beteiligungsübertragung Notarkosten sparen wollen, bietet sich an, wenn die Beteiligung des ausscheidenden Gesellschafters verhältniswahrend zwischen den verbleibenden Gesellschaftern aufgeteilt werden soll. Wenn die eingezogene Beteiligung pro rata aufgeteilt wird, bestehen keine rechtlichen Bedenken und auch keine notarielle Beurkundungspflicht.
Die von einer Einziehung ausgelöste Abfindungszahlung darf nicht ins Stammkapital eingreifen. Die GmbH muss über ausreichend Eigenkapital, konkret freies Vermögen, verfügen, mit dem sie ihre Abfindungsverbindlichkeit begleichen kann. Steht bereits zum Zeitpunkt des Einziehungsbeschlusses fest, dass die Abfindung das Stammkapital tangieren wird, ist der Gesellschafterbeschluss und damit der Beteiligungstransfer nichtig. In so einer Situation können im Vorfeld gestaltete Eigenkapitalfinanzierungen Nichtigkeitsrisiken beseitigen.
Das Einziehungsmodell bietet sich für einfache Fallgestaltungen an. Komplexe Garantien des ausscheidenden Gesellschafters, absichernde Closing Conditions, Kaufpreisanpassungsklauseln (zum Beispiel Earn out), wie sie bei notariellen Geschäftsanteils- und Übertragungsvereinbarungen (SPA) Usus sind, lassen sich nur bedingt im Rahmen von Einziehungsmodellen regeln.
Welche Vorteile bietet das Einziehungsmodell?
Die Anteilsstrukturierung über die Einziehung unterscheidet sich grundlegend von einem Anteilskaufvertrag zwischen Gesellschaftern. Bei einem Anteilskauf schuldet der kaufende Gesellschafter dem Verkäufer den Kaufpreis für seine GmbH-Beteiligung. Dagegen erhält der ausscheidende Gesellschafter bei einer Einziehung seinen Gegenwert für seine Beteiligung von der GmbH. Insbesondere wenn Privatpersonen Anteile erwerben, müssen sie nicht ihr bereits (ggf. hoch) versteuertes Geld für den Kaufpreis aufwenden. Bei der Einziehung wird Geld der GmbH, in der grundsätzlich eine niedrige Steuerbelastung herrscht (KSt und GewSt), verwandt. In diversen Fallkonstellationen wird man über das Einziehungsmodell daher Steuern sparen und Finanzierungsvorteile nutzen können, da die GmbH den ausscheidenden Gesellschafter vergütet. Die Vorteile des Einziehungsmodells lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Ersparnis von Notargebühren, da eine notarielle Beurkundung der Anteilsübertragung entfällt;
- Ersparnis von Steuern, da der Anteilserwerber kein persönlich versteuertes Geld für den Kaufpreis aufbringen muss;
- Finanzierungsvorteil für den Anteilserwerber, da nicht er, sondern die GmbH, an der er beteiligt ist, die Abfindung für den ausscheidenden Gesellschafter finanziert.
Es wird darauf hingewiesen, dass auch im Fall von Gesellschafterstreitigkeiten, die einen zwangsweisen Ausschluss eines Gesellschafters zur Folge haben, die oben aufgeführten Vorteile der erwerbenden Gesellschafter genutzt werden können. Weiterführende Informationen zum Gesellschafterausschluss im Rahmen eines streitigen Verfahrens finden Sie hier: Zwangseinziehung von GmbH-Geschäftsanteilen.
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