Wohnrecht oder Nießbrauch? Unterschiede, Vor- und Nachteile
Möglichkeiten bei der Nutzung und Übertragung von Immobilien
Bei Wohnhäusern oder Eigentumswohnungen kommt es vor, dass das Eigentum und die Nutzung in unterschiedlichen Händen liegt. Häufig passiert das aufgrund einer Schenkung, bei der sich der Schenker den Nießbrauch oder das Wohnrecht an der Immobilie vorbehält. Diese beiden Rechte sind ähnlich aber nicht identisch. In dieser Beitrag befasst sich mit den Unterschieden zwischen dem Wohnrecht und dem Nießbrauchsrecht und mit den individuell passenden Gestaltungsmöglichkeiten.
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Wohnrecht und Nießbrauch im Vergleich
Sowohl das Wohnrecht als auch der Nießbrauch sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Das Nießbrauchsrecht ermögllich dabei eine weitreichendere Nutzungsmöglichkeit durch den Berechtigten:
- Das Wohnrecht darf nur vom Begünstigten selbst ausgeübt werden. Das lebenslange Wohnrecht ist in § 1093 BGB ("Wohnungsrecht") geregelt und bedarf der Eintratung ins Grundbuch. Ein Wohnrecht kann ausschließlich an Grundbesitz bestellt werden.
- Der Nießbrauch gemäß § 1030 BGB berechtigt allgemein zur Nutzung der Immobilie, so dass der Nießbrauchsberechtigte das Objekt auch auf eigene Rechnung an Dritte vermieten kann. Auch der Nießbrauch wird ins Grundbuch eingetragen. Nießbrauch gibt es an Immobilien, aber zum Beispiel auch an Wertpapieren oder Unternehmensanteilen.
Sowohl das Wohnrecht als auch das Nießbrauchsrecht bleiben bei einer Veräußerung der Immobilie bestehen, so dass entsprechender Grundbesitz faktisch nur schwer bis gar nicht verkauft werden kann.
Gesetzliche Regelung des Wohnrechts und Nießbrauchs
Sowohl der Nießbrauch als auch das Wohnrecht sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt:
- § 1030 Gesetzlicher Inhalt des Nießbrauchs an Sachen: Eine Sache kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache zu ziehen (Nießbrauch).
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§ 1093 Wohnungsrecht: Als beschränkte persönliche Dienstbarkeit kann auch das Recht bestellt werden, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen.
Wann Wohnrecht, wann Nießbrauch?
Ob das Wohnrecht oder der Nießbrauch die Gestaltung der Wahl ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab Hierzu zwei Beispiele:
- Schenken Sie eine Immobilie an ein Kind und wollen sich selbst absichern, sollten Sie einen Vorbehaltsnießbrauch vereinbaren. Damit bleiben Sie praktisch wirtschaftlicher Eigentümer und können "Ihr" Haus nicht nur weiter selbst bewohnen, sondern es gegebenenfalls auch vermieten und mit den Mieteinnahmen zum Beispiel den Aufenthalt in einem Pflegeheim finanzieren.
- Bewohnen Sie mit Ihrem Lebensgefährten ein Haus, das nur Ihnen gehört und einmal Ihr Kind erben soll, ordnen Sie im Testament ein Wohnrecht für Ihren Lebensgefährten ein.
Steuerliche Aspekte bei Wohnrecht und Nießbrauch
Sowohl beim Wohnrecht als auch beim Nießbrauchsrecht sind eine Reihe von Punkten bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer und gegebenenfalls auch bei der Einkommensteuer zu beachten.
Die Schenkung einer Immobilie mit Nießbrauchsvorbehalt ist in vielen Fällen sogar steuerlich motiviert. Die lebzeitige Übertragung von Vermögen ermöglicht die mehrfache Ausnutzung der persönlichen Freibeträge bei der Erbschaftssteuer bzw. Schenkungssteuer. Behält sich der Schenker dann noch den Nießbrauch vor, mindert der kapitalisierte Wert des Nießbrauchs dann den Steuerwert der Immobilie und damit eine etwaige Schenkungsteuer. Der Effekt ist um so größer, je höher die tatsächliche oder potenzielle Miete ist und je jünger der Schenker bei der Übertragung ist.
Ein Wohnrecht wird dagegen regelmäßig nicht bei einer Immobilienschenkung vorbehalten (da der Nießbrauch hier zweckmäßiger ist). Das Wohnrecht wird vielmehr einer anderen Person zugewendet. Und diese (unentgeltliche) Zuwendung unterliegt der Schenkungssteuer. Wie beim Vorbehaltsnießbrauch ist das Wohnrecht auf der Basis der ersparten Miete und der Lebenserwartung des Wohnrecht-Berechtigten zu kapitalisieren. Genau hingucken müssen hier Wohnberechtigte, die nicht mit dem Eigentümer der Immobilie verwandt sind und daher nur einen persönlichen Freibetrag von 20.000 Euro haben.
Vorbehaltene Nutzungsrechte als Pflichtteilsfallen
Gelegentlich werden Immobilien auch zu dem Zweck verschenkt, Grundbesitz dem Zugriff eines enterbten pflichtteilsberechtigten Angehörigen zu entziehen. Nach der Schenkung zählen die Immobilien zwar zunächst noch zum pflichtteilsrelevanten Nachlass, ihre Berücksichtigung bei der Berechnung des Pflichtteils reduziert sich aber jährlich um 10 Prozent, so dass 10 Jahre nach der Schenkung der Wert des Hauses bzw. der Wohnung gar nicht mehr beim Pflichtteil berücksichtigt wird (Abschmelzung gemäß § 2325 BGB).
Dieses "Abschmelzen" funktioniert aber regelmäßig nicht, wenn sich der Schenker vertraglich ein umfassendes Nießbrauchsrecht oder Wohnrecht vorbehält. Entscheidend ist, wer "Herr im Haus" und "wirtschaftlicher Eigentümer" bleibt bzw. wird. Erstreckt sich das Wohnrecht nur auf einen untergeordneten Teil (z.B. eine von vier Etagen), funktioniert die Pflichtteilsreduzierung gegebenenfalls doch. Eine pauschale Einschätzung verbietet sich in diesem Fällen jedoch, so dass ganz genau auf die vertragliche Regelung im konkreten Fall geschaut werden muss.
Video: Pflichtteilsreduzierung, Hausschenkung, Wohnrecht und Nießbrauch
Rechtsanwalt Bernfried Rose erklärt in diesem Video, wie die Pflichtteilsreduzierung durch die lebzeitige Schenkung einer Immobilie funktioniert und welche Rolle ein Wohnrecht bzw. ein Nießbrauch dabei spielen.
FAQ Wohnrecht oder Nießbrauch
Schnelle Antworten auf häufige Fragen
Wohnrecht oder Nießbrauch - was ist besser?
Das Nießbrauchsrecht ist für den Berechtigten günstiger, da es ihm nicht nur das Recht gibt eine Immobilie selbst zu bewohnen. Der Nießbrauchsberechtigte kann das Haus oder die Wohnung auch auf eigene Rechnung vermieten. Daher kommt der Nießbrauch vor allem zur Anwendung, wenn sich der Schenker bei der Übertragung einer Immobilie ein Nutzungsrecht zur eigenen Absicherung vorbehält.
Kann man ein Haus trotz Wohnrecht oder Nießbrauch verkaufen?
Rechtlich ist es möglich, eine Immobilie auch dann zu verkaufen, wenn eine andere Person daran ein Wohnrecht oder ein Nießbrauchsrecht hat. Da das im Grundbuch eingetragene Nutzungsrecht jedoch auch gegenüber dem neuen Eigentümer gilt, ist es in der Praxis häufig schwierig bis unmöglich, eine solche Wohnimmobilie zu einem guten Preis zu verkaufen.
So machen wir Erbrecht
Was wir unter einer guten Beratung im Erbrecht verstehen, wie wir das bei uns umsetzen und was Sie davon haben, erzählt Rechtsanwalt Bernfried Rose in diesem Video.