Testamentsvollstrecker entlassen bzw. ablehnen
Gründe, Durchsetzung, Folgen, Kosten, Fristen
Bei Konflikten zwischen dem Testamentsvollstrecker und den Erben besteht die Möglichkeit, dass der Vollstrecker gegen seinen Willen abgesetzt wird. Die Beteiligten sollten die Anforderungen an eine solche Entlassung kennen, um erfolgreich ihre Interessen durchsetzen zu können. Im folgenden Beitrag geben unsere Erbrechtsexperten einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Entlassung des Testamentsvollstreckers.
Anwaltliche Leistungen für Testamentsvollstrecker und Erben
Unsere Fachanwälte für Erbrecht und Steuerrecht betreuen Testamentsvollstrecker und Erben in allen rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen.
- Prüfung der Erfolgsaussichten eines Antrags auf Entlassung des Testamentsvollstreckers
- Vertretung im Streit um die Entlassung von Testamentsvollstreckern
- Außergerichtliche und gerichtliche Durchsetzung bzw. Abwehr von Schadensersatzansprüchen gegen den Testamentsvollstrecker
- Strategien zur Haftungsvermeidung im Vorfeld und nach der Amtsübernahme
- Vertretung im Streit um die Vergütung
- Erbschaftsteuererklärungen für Testamentsvollstrecker
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Die Gründe für die Entlassung des Vollstreckers
Die Entlassung des Testamentsvollstreckers ist in § 2227 BGB geregelt.
Dort heißt es:
Das Nachlassgericht kann den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines der Beteiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.
Für eine erfolgreiche Entlassung des Testamentsvollstreckers ist also erforderlich, dass ein Antrag gestellt wird, ein wichtiger Grund vorliegt und das Nachlassgericht sich zur Entlassung entscheidet.
Wann ein wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt, ist immer eine Einzelfallentscheidung des Nachlassgerichts. Hierbei hat es im Wesentlichen das Entlassungsinteresse des Antragstellers gegen das Fortführungsinteresse anderer Beteiligter und des Testamentsvollstreckers miteinander abzuwägen.
Nach dem Gesetz stellt es insbesondere einen wichtigen Grund dar, wenn der Testamentsvollstrecker eine grobe Pflichtverletzung begangen hat oder wenn er zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung unfähig ist. Hierbei handelt es sich aber um nicht abschließende Entlassungsgründe; in der Rechtsprechung sind auch zahlreiche andere Gründe entschieden worden, die weder eine grobe Pflichtverletzung noch die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung sind.
a. Grobe Pflichtverletzung
Eine grobe Pflichtverletzung setzt voraus, dass der Testamentsvollstrecker eine ihm auferlegte Pflicht schuldhaft und erheblich verletzt. Das heißt konkret, dass nicht jede Verletzung einer Pflicht die Entlassung des Testamentsvollstreckers begründet. In der Rechtsprechung ist bereits über eine Vielzahl von Pflichtverletzungen entschieden, welche einen wichtigen Grund darstellen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass immer jeder Einzelfall konkret im Zusammenhang mit den Gesamtumständen geprüft wird. Fälle aus der Rechtsprechung sind daher häufig nicht 1 zu 1 auf den eigenen Fall zu übertragen. Beispiele für Entlassungsgründe wegen einer schweren Pflichtverletzung sind zum Beispiel die Folgenden:
- Das Nachlassverzeichnis ist spät oder unvollständig vom Testamentsvollstrecker vorgelegt worden
- Der Testamentsvollstrecker bleibt untätig
- Der Testamentsvollstrecker verfolgt eigennützige Zwecke
- Der Testamentsvollstrecker verschweigt den Erben Vermögen im Ausland
- Die unwirtschaftliche Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker
- Das Verlangen einer unverhältnismäßigen Vergütung
b. Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung
Einen wichtigen Entlassungsgrund kann auch darstellen, dass der Testamentsvollstrecker zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung unfähig ist. Diese Unfähigkeit begründet sich häufig in der Person des Testamentsvollstreckers und setzt nicht etwa ein verschuldetes Fehlverhalten im Hinblick auf den Nachlass voraus. Entlassungsgründe können zum Beispiel sein:
- Krankheit
- Dauernde Abwesenheit
- Fachliche Nichteignung
- Untätigkeit
- Insolvenz
- Vermögensverfall
- Ein grundlegender und umfangreicher Interessenkonflikt zum Erben
c. Weitere Aspekte
Misstrauen oder Feindschaft gegenüber dem Testamentsvollstrecker allein kann keinen wichtigen Grund für eine Entlassung darstellen, da das Amt kein Vertrauensverhältnis zwischen Erben und dem Testamentsvollstrecker voraussetzt. Sofern Feindschaft oder Misstrauen besteht, müssen diese immer durch Gründe gerechtfertigt sein, welche einen wichtigen Grund für die Entlassung darstellen, damit eine Entlassung in Betracht kommt.
Doch selbst wenn ein wichtiger Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers vorliegt, ist das Nachlassgericht nicht verpflichtet, den Testamentsvollstrecker zu entlassen. Denn es steht dem Gericht ein sogenanntes Ermessen zu. Bei Vorliegen der Voraussetzungen für einen wichtigen ist das Gericht darüber hinaus verpflichtet, zwischen der Schutzbedürftigkeit der am Nachlass beteiligten Personen sowie der Vertrauensstellung des Testamentsvollstreckers abzuwägen.
Der Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers
Damit die Entlassung des Testamentsvollstreckers in Betracht kommt, ist immer ein Antrag auf Entlassung Testamentsvollstreckers beim zuständigen Nachlassgericht zu stellen. Ohne einen Antrag wird das Nachlassgericht eine Entlassung niemals prüfen. Es ist also allein Aufgabe der am Nachlass Beteiligten, die Handlungen des Testamentsvollstreckers kritisch zu überprüfen.
Der Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers ist bei dem zuständigen Nachlassgericht zu stellen, § 2227 BGB, das heißt bei dem Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte.
Es sind die Erben, die Pflichtteilsberechtigten und Vermächtnisnehmer antragsberechtigt. Erben dürfen den Antrag einschränkend allerdings nur dann stellen, wenn hinsichtlich ihres Erbteils auch Testamentsvollstreckung angeordnet ist. Der Entlassungsantrag kann grundsätzlich formfrei und ohne einen Rechtsanwalt. Bedenken sollte jeder Antragssteller allerdings, dass der Antrag in der Regel inhaltlich gut begründet sein sollte, damit er eine hinreichende Erfolgsaussicht hat.
Das Entlassungsverfahren
Nach Stellung des Entlassungsantrags durch einen Beteiligten bekommt der Testamentsvollstrecker zunächst Gelegenheit, sich zu dem Antrag zu äußern. Auch die übrigen Beteiligten werden angehört.
Beim Nachlassgericht gilt der sogenannte Amtsermittlungsgrundsatz. Das heißt konkret, dass das Gericht nicht an die vorgetragenen Entlassungsgründe gebunden ist. Sobald ein Entlassungsantrag gestellt worden ist, ermittelt das Gericht von Amts wegen, ob Gründe für die Entlassung vorliegen.
Das Entlassungsverfahren ist für alle Beteiligten in aller Regel und unserer Erfahrung nach eine ganz erhebliche Belastung. Für den jeweiligen Antragsteller ist es notwendig, die einzelnen Pflichtverletzungen des Testamentsvollstreckers substantiiert, nach Ort und Zeit sowie Schwere der jeweiligen (vermeintlichen) Pflichtverletzung darzulegen, dem Testamentsvollstrecker obliegt es, seine Handlungen umfassend darzustellen.
Nicht selten münden erstinstanzlich vor dem zuständigen Nachlassgericht durchgeführte Entlassungsverfahren in der Beschwerdeinstanz bei dem örtlich zuständigen Oberlandesgericht. In aller Regel lässt sich nur bei sehr klar ersichtlichen und groben Pflichtverletzungen des Testamentsvollstreckers eine klare Erfolgsprognose im Hinblick auf den Verfahrensausgang abgeben.
Folgen einer erfolgreichen Entlassung
Sofern sich das Nachlassgericht zur Entlassung des Testamentsvollstreckers entschieden hat, wird diesem der Entlassungsbeschluss zugestellt. Mit Zugang erlischt dann bereits sein Amt als Testamentsvollstrecker. Das gilt auch dann, wenn er direkt gegen den Entlassungsbeschluss eine sofortige Beschwerde einlegt – das Rechtsmittel lässt das Amt nicht unmittelbar wieder aufleben. Sofern der Testamentsvollstrecker bereits ein Testamentsvollstreckerzeugnis beantragt hatte, wird dieses ebenfalls mit Zugang des Entlassungsbeschlusses per Gesetz kraftlos. Ein Entlassungsverfahren ist übrigens auch möglich, bevor der Testamentsvollstrecker sein Amt überhaupt angenommen hat.
FAQ Testamentsvollstrecker entlassen
Dürfen der Testamentsvollstrecker und ein Erbe dieselbe Person sein?
Ja, grundsätzlich darf auch ein Miterbe zum Testamentsvollstrecker ernannt werden.
Kann ich als Erbe den Testamentsvollstrecker ablehnen?
Erben können beim Nachlassgericht einen Entlassungsantrag stellen. Es müssen aber besondere Gründe vorliegen, damit ein Testamentsvollstrecker aus dem Amt entlassen wird. Formlos ablehnen können Erben den Testamentsvollstrecker nicht.
Welche Kosten entstehen bei der Entlassung des Testamentsvollstreckers?
Für das Entlassungsverfahren im ersten Rechtszug entsteht lediglich eine 0,5 Gebühr. Da der Geschäftswert in der Regel lediglich 10 % des Nachlasswertes beträgt, sind die Verfahrenskosten vergleichsweise gering. Hinzu kommen gegebenenfalls Rechtsanwaltskosten.
Gibt es Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts?
Gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts kann ein Rechtsmittel eingelegt werden. Bei einer Entlassung ist die Beschwerde das richtige Rechtsmittel, bei einer Ablehnung der Entlassung die befristete Beschwerde.