Vertragshändler - Vertragsgestaltung, Ausgleichsanspruch, Rechte & Pflichten
Ratgeber und Rechtsberatung für Händler, Hersteller und Unternehmer
Der Vertragshändler - auch Eigenhändler - ist ein selbstständiger Unternehmer, der ständig damit betraut ist, die Produkte eines anderen Unternehmers (Herstellers) im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abzusetzen und deren Absatz zu fördern. Dabei gelten zahlreiche Aspekte, die sowohl Händler als auch Hersteller beachten müssen - bei der Vertragsverhandlung und -gestaltung, während der Zusammenarbeit und auch bei der Beendigung bzw. im Konfliktfall. Einige dieser rechtlichen Aspekte haben wir Ihnen im folgenden Ratgeber zusammengefasst.
Anwaltliche Leistungen im Bereich Vertragshändler
Unsere Fachanwälte für Vertriebsrecht, Handelsrecht sowie gewerblichen Rechtsschutz beraten in allen Rechtsfragen rund um Handel und Vertrieb:
- Wir bewerten das Vertriebssystem und prüfen vertragliche und nachvertragliche Ansprüche des Vertragshändlers;
- Entwurf von Vertriebsverträgen, die nachvertragliche Ansprüche des Vertragshändlers ausschließen oder sichern;
- Gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen der Vertragshändler in Klageverfahren und Schiedsverfahren
- Beratung zum Thema Prozessfinanzierung zwecks Minimierung von Prozesskostenrisiken
- Vertretung von Herstellern bei der Abwehr von Ansprüchen der Vertragshändler.
Für eine unverbindliche Anfrage kontaktieren Sie bitte direkt telefonisch oder per E-Mail einen unserer Ansprechpartner oder nutzen Sie das Kontaktformular am Ende dieser Seite.
Was ist ein Vertragshändler?
Der Vertragshändler ist ein unabhängiger Händler, der Verträge mit Herstellern oder Lieferanten abschließt, um deren Produkte, Waren oder Dienstleistungen zu vertreiben. Er handelt dabei als selbstständiger Unternehmer in eigenem Namen und auf eigene Rechnung. Grundlage für seine Tätigkeit ist der Vertragshändlervertrag zwischen ihm und dem Hersteller oder Lieferanten.
Es liegt ein Drei-Personen-Verhältnis vor, bei dem der Vertragshändler als Vermittler zwischen Hersteller und Kunden agiert, ohne dabei eine direkte Vertragsbeziehung zwischen diesen beiden zu begründen. HIerfür erhält er vom Hersteller eine Vergütung, in der Regel in Gestalt von Rabatten oder einer Provision.
Vertragshändlervertrag: Bedeutung und wichtige Klauseln
Da der Vertragshändler gesetzlich nicht geregelt ist, ist für ihn der Abschluss eines schriftlichen Vertrages besonders wichtig. Dieser sollte stets individuell an die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen der beteiligten Parteien angepasst sein.
Neben den Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit, wie z.B. der Absteckung des Vertriebsgebietes oder der Vertragsdauer, ergeben sich aus dem Vertrag regelmäßig auch die jeweiligen Rechte und Pflichten der Vertragspartei sowie die Frage, wie mit Pflichtverletzungen umzugehen ist. Zu den wichtigsten Klauseln des Vertragshändlervertrages gehören:
- Vertragsdauer und Kündigung: Diese Klausel legt die Dauer des Vertrages fest und definiert die Bedingungen, unter denen die Parteien den Vertrag kündigen können.
- Vertriebsgebiet und Kundenkreis: In dieser Klausel wird das geografische Gebiet oder der Kundenkreis festgelegt, in dem der Vertragshändler die Produkte vertreiben darf. Eine solche Klausel ist besonders auch dann entscheidend, wenn der Hersteller mehrere Vertragshändler einsetzen und diesesn exklusive Gebiete zusprechen möchte.
- Leistungen und Vergütung: Der Vertrag kann zudem bestimmte Vertriebsleistungen definieren, der der Vertragshändler zu erbringen hat, wie beispielsweise bestimmte Verkaufsziele, die erreicht werden müssen. Besonders wichtig ist zudem die Regelung, welche Vergütung der Vertragshändler für die jeweils erbrachten Leistungen erhält.
- Garantien und Gewährleistung: In Garantie- und Gewährleistungsklauseln gibt der Hersteller dem Vertragshändler Zusagen, betreffend der Qualität und Beschaffenheit seiner Produkte. Dies ist für den Vertragshändler besonders relevant, da er die Waren oder Dienstleistungen in eigenem Namen und auf eigene Rechnung vertreibt und damit in der Regel erster Ansprechpartner der Kunden im Falle von Mängeln oder anderen Problemen ist.
- Wettbewerbsverbote: Durch Wettbewerbsverbote kann es dem Vertragshändler untersagt werden, während der Vertragsdauer Konkurrenzprodukte zu vertreiben oder sich an Konkurrenzunternehmen zu beteiligen. Auch die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes - also eines entsprechenden Verbotes für die Zeit nach dem Vertragsende - ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Vertragshändler trägt unternehmerisches Risiko selbst
Eine Kernfrage des Vertragshändlerrechts ist regelmäßig, ob für den Vertragshändler die Vorschriften über den Handelsvertreter analog angewendet werden können/müssen. In der Praxis stellt sich diese Frage ganz besonders dann, wenn es um den sogenannten Ausgleichsanspruch geht.
Gemäß § 89b HGB erhält der Handelsvertreter vom Unternehmer nach der Vertragsbeendigung eine Ausgleichszahlung, für die Vorteile, die dem Unternehmer aus der Zusammenarbeit mit dem Handelsvertreter verbleiben. Hintergrund dieses Ausgleichsanspruches ist, dass dem Unternehmer regelmäßig der durch den Handelsvertreter vermittelte Kundenstamm erhalten bleibt, der Unternehmer also über die Dauer der Tätigkeit des Handelsvertreters hinaus Einnahmen erzielt, während der Handelsvertreter nach Vertragsbeendigung keinen Provisionsanspruch mehr hat.
Ähnliche Konstellationen kann es auch bei Vertragshändlern geben, weshalb sich auch in diesen Konstellationen regelmäßig die Frage nach einem Ausgleichsanspruch stellt. Auch der Vertragshändler hat oft viel in den Aufbau des Vertriebes investiert. Endet der Vertragshändlervertrag muss er befürchten, dass die Kundem dem Produkt und damit dem Hersteller treu bleiben, dieser also weiterhin von der Vertriebstätigkeit des Vertragshändlers profitiert, während dem Vertragshändler die Einnahmen wegfallen. Anders als der Handelsvertreter ist der Vertragshändler jedoch in eigenem Namen und auf eigene Rechnung tätig, weshalb er grundsätzlich auch das unternehmerische Risiko seiner Tätigkeit tragen muss.
Ausgleichsanspruch auch für Vertragshändler möglich
Dennoch kann sich der Vertragshändler unter bestimmten Voraussetzungenauf die Vorschriften über den Handelsvertreter berufen und somit auch einen Ausgleichsanspruch haben. Entscheidend ist, ob der Vertragshändler in die Absatzorganisation des Herstellers/Lieferanten eingebunden ist und damit im Wesentlichen Aufgaben und Pflichten wie der Handelsvertreter hat, dies kann sich beispielsweise an Gebietsschutzklauseln oder Konkurrenzverboten zeigen. In diesen Fällen, wenn die Interessenlage mit der eines Handelsvertreters vergleichbar ist, kann auch der Vertragshändler analog § 89b HGB einen Anspruch auf Ausgleichszahlung geltend machen. Regelmäßig ist dies der Fall, wenn der Vertragshändlervertrag vorsieht, dass der Vertragshändler nach der Vertragsbeendigung dem Hersteller bzw. Lieferanten den Kundenstamm übertragen muss und dieser sich diesen Kundenstamm auch ohne Weiteres nutzbar machen kann.
Im Ergebnis kommt es für die Frage der analogen Anwendbarkeit des HGB zum einen auf die Ausgestaltung des Vertragshändlervertrags an, insbesondere aber auch darauf, wie der Vertrag tatsächlich gelebt und faktisch gehandhabt wird und wurde. Zum Beispiel könnte eine regelmäßig praktizierte Übermittlung der Kundendaten - auch ohne eine entsprechende vertragliche Grundlage - als stillschweigend vereinbarte Pflicht des Vertragshändlers angesehen werden und einen Ausgleichsanspruch begründen. Der Unternehmer, der eine Ausgleichszahlungspflicht in der Regel vermeiden möchte, muss dahersowohl im Vorfeld bei der Vertragsgestaltung, aber auch bei der tatsächlichen Handhabung der Geschäftsbeziehung, die richtigen Weichen stellen.
Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
Die konkreten Rechte und Pflichten der Vertragsparteien sollten je nach Anforderungen des jeweiligen Vertriebssystems individuell ausgehaldelt werden und können daher von Vertrag zu Vertrag unterschiedlich sein.
Die Pflichten des Herstellers umfassen in der Regel
- die Bereitstellung von Produkten, die den vereinbarten Qualitätsstandards entsprechen,
- die Lieferung der Produkte innerhalb der vereinbarten Fristen,
- die Unterstützung des Vertragshändlers bei der Vermarktung und dem Verkauf der Produkte und
- die Einhaltung der vereinbarten Konditionen in Bezug auf die Preisgestaltung, Lieferung, Zahlung und Gewährleistung.
Die Pflichten des Vertragshändlers umfassen in der Regel
- die Vermarktung und den Verkauf der Produkte im vereinbarten Vertriebsgebiet bzw. an den vereinbarten Kundenkreis,
- die EInhaltung der vereinbarten Konditionen in Bezug auf die preisgestaltung, Lieferung, Zahlung und Gewährleistung,
- die Erreichung der vereinbarten Verkaufsziele bzw. das ernste Bemühen diese Ziele zu erreichen,
- die Sicherstellung, dass die vertriebenen Produkte bei Auslieferung den vereinbarten Qualitätsstandards entsprechen.
Darüberhinaus treffen beide Vertragsparteien grundsätzliche Rücksichtnahme- und Treuepflichten. Beide Parteien müssen daher die Interessen der jeweils anderen Partei berücksichtigen, auch wenn dies nicht ausdrücklich im Vertrag festgelegt ist.
FAQ zum Vertragshändler und Vertragshändlervertrag
Was ist ein Vertragshändler und welche Rolle spielt er beim Vertrieb von Produkten?
Der Vertragshändler ist ein Vertriebsmittler, der aufgrund eines Vertagshändlervertrages mit einem anderen Unternehmer, dessen Waren oder Dienstleistungen in eigenem Namen und auf eigene Rechnung vertreibt.
Welche Bestandteile enthält ein typischer Vertragshändlervertrag?
Ein Vertragshändlervertrag enthält in der Regel Klauseln zu den Vertragsparteien, dem Vertragsgegenstand, der Dauer der Zusammenarbeit und dem Vertragsgebiet in dem der Vertragshändler tätig sein darf. Besonders wichtig ist auch die Konkretisierung der gegenseitigen Rechte und Pflichten sowie die Festlegung der zu zahlenden Vergütung, die Vereinbarung von Wettbewerbsklauseln und die Klärung von Haftungsfragen.
Welche Rechte und Pflichten haben Vertragshändler und Hersteller innerhalb eines Vertragshändlervertrags?
Die konkreten Rechte und Pflichten hängen immer von dem individuell gestalteten Vertragshändlervertrag und den Anforderungen des jeweiligen Vertriebssystems ab. Grundsätzlich haben Vertragshändler aber das Recht, die Produkte des Herstellers in einem bestimmten Gebiet zu vertreiben und ggf. auch Service- und Supportleistungen anzubieten. Im Gegenzug haben sie die Pflicht, die Produkte ordnungsgemäß zu vertreiben, das Image des Herstellers zu wahren und dessen Interessen zu berücksichtigen. Hersteller haben das Recht, ihre Produkte über den Vertragshändler zu vertreiben und von dessen Verkaufstätigkeit zu profitieren. Sie haben jedoch auch die Pflicht, den Vertragshändler angemessen zu vergüten und ihm ausreichend Unterstützung bei Marketing, Schulungen und Serviceleistungen zu bieten.
Welche Folgen haben Pflichtverletzungen?
Pflichtverletzungen der Vertragspartner können - sofern dies vertraglich vorgesehen ist - Vertragsstrafen auslösen. Alternativ kann die verletzte Partei einen Schadensersatzanspruch geltend machen. Eine besonders erhebliche Pflichtverletzungen kann daneben auch einen Kündigungsgrund für eine außerordentliche - also fristlose - Kündigung darstellen.