Homeoffice nach deutschem Recht
Aktuelle Rechtslage in Deutschland: Recht auf Homeoffice oder gar Pflicht?
In Deutschland arbeiten momentan rund 27,9 Prozent der Arbeitnehmer von zu Hause aka aus dem Homeoffice. Ganz im Gegensatz zu den Niederlanden gibt es in Deutschland grundsätzlich noch keinen gesetzlichen Anspruch für Arbeitnehmer, Homeoffice einfordern zu können. In unserem Nachbarland wurde der Rechtsanspruch auf das Arbeiten von Zuhause im Jahr 2015 eingeführt.
Wer zurzeit im Homeoffice arbeiten möchte, der braucht die Zustimmung des Arbeitgebers, welcher darüber entscheiden darf, ob die Tätigkeit seiner Arbeitnehmer im Homeoffice möglich ist. Mitarbeitende können also nicht vom Unternehmen fordern, von zuhause aus zu arbeiten.
Arbeitnehmer haben allerdings insoweit eine Möglichkeit die Homeoffice-Option zu beeinflussen, dass sie als Betriebsrat gemäß dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit mitbestimmen können (§ 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG). Die Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers über das „Ob“ der Arbeit von Zuhause bleibt dadurch allerdings unberührt. Die Betriebsräte können lediglich die inhaltliche Ausgestaltung des Homeoffices beeinflussen, also das „Wie“ (u.a. Arbeitszeit, Arbeitsort, Anwesenheitspflichten, Erreichbarkeit, Arbeitsmittel, Sicherheit im Homeoffice).
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Ausnahmezustand Corona: Kann ich von meinem Chef das Homeoffice einfordern?
Die derzeitige Corona-Situation, inklusive der neuen Regelungen des Infektionsschutzgesetzes, hat vorübergehend dazu geführt, dass Arbeitgeber aus Infektionsschutzgründen dazu verpflichtet waren, ihren Arbeitnehmern – soweit die Arbeitnehmertätigkeit es zulässt – die Homeoffice-Option anzubieten. Demzufolge musssten Arbeitgeber bei Büroarbeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten grundsätzlich die Option zum Arbeiten im Homeoffice anbieten. Sofern der Arbeitnehmer seiner Arbeit wie gewohnt auch von Zuhause aus nachkommen kann, muss der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern also erlauben, zuhause zu bleiben.
Das heißt allerdings nicht, dass Arbeitnehmer künftig von ihren Chefs verlangen bzw. erzwingen können, im Homeoffice arbeiten zu dürfen. Das Arbeitsrecht kennt grundsätzlich kein sogenanntes Gewohnheitsrecht. Für die Etablierung eines solchen war der Zeitraum, über den die Corona-Arbeitsschutzverordnung Anwendung gefunden hat, ohnehin viel zu kurz. Außerdem gibt es nach wie vor kein Recht auf Homeoffice und daran wird sich in absehbarer Zeit sehr wahrscheinlich auch nicht so schnell etwas ändern. Wer also demnächst ein – seiner Meinung nach bestehendes – Recht auf Homeoffice einklagen will, der hat schlechte Karten und müsste dafür ein Ass aus dem Ärmel zaubern können.
Ein rechtlicher Anspruch auf Homeoffice ergibt sich ausschließlich dann, wenn eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgehalten ist. Daran hat auch das Infektionsschutzgesetz nichts geändert bzw.die Regelung, verpflichtend Homeoffice zu ermöglichen, war bis zum 19. März 2022 befristet und ist nicht verlängert worden.
Regelungen zum Homeoffice im Arbeitsvertrag
Erlaubt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern das Arbeiten aus dem Homeoffice, dann ist es empfehlenswert entsprechende Vereinbarungen im Arbeitsvertrag festzuhalten. Dabei ist darauf zu achten, dass die Regelungen betreffend die Umstände und Anforderungen an das Arbeiten aus dem Homeoffice möglichst genau und bestimmt festgelegt werden. Was auf jeden Fall geregelt sein sollte, sind der zeitliche Umfang des Homeoffices, die Erreichbarkeit zuhause und die Dokumentationspflicht des Arbeitnehmers.
Der Arbeitgeber kann in diesem Rahmen auch Vertrauensarbeit anbieten, d.h. der Arbeitnehmer darf seine Arbeitszeit selbst gestalten. Dann sollte aber auch eine Regelung über selbstbestimmte Überstunden getroffen werden. Darüber hinaus sollte festgelegt werden, dass im Homeoffice der Arbeitnehmer der Pflicht der Arbeitszeitdokumentation nachkommen muss. Außerdem bietet es sich im Sinne des technischen Arbeitsschutzes an, die Nutzung privater Arbeitsmittel zu verbieten. Zusätzlich kann es ebenfalls im Sinne des Arbeitsschutzes im Einzelfall sinnvoll sein, ein vertragliches Zutrittsrecht des Arbeitgebers in den Vertrag aufzunehmen, um mögliche Gefährdungen am Arbeitsplatz identifizieren und den Datenschutz gewährleisten zu können.
Wenn es im Unternehmen einen Betriebsrat gibt, können die Anforderungen und Bedingungen ans Arbeiten von Zuhause auch in einer Betriebsvereinbarung festgehalten werden, welche jederzeit durch individuelle Regelungen konkretisiert und ergänzt werden kann. Wenn darin Telearbeit vereinbart ist, kann der Arbeitnehmer jedoch nicht auf eigene Faust beschließen, dass er einfach aus dem Ausland arbeitet, da sich aus arbeitsrechtlicher, sozialversicherungsrechtlicher und steuerrechtlicher (Stichwort = Betriebsstätte im Ausland) Sicht dann Probleme ergeben können (ArbG München, Urteil vom 27. August 2021 – 12 Ga 62/21). Grundsätzlich bestimmt also weiterhin der Arbeitgeber den Arbeitsort, nicht der Arbeitnehmer.
Ankündigung einer Reform: Recht auf Homeoffice bald Gesetz?
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat sich dafür ausgesprochen, das Homeoffice künftig dauerhaft im deutschen Arbeitsalltag etablieren zu wollen. Arbeitgeber sollen seiner Ansicht nach in Zukunft den Mitarbeitern das Arbeiten aus den eigenen vier Wänden ermöglichen müssen, sofern keine betrieblichen Gründe dagegensprechen. Als Beispiel für eine solche Ausnahme nannte er Arbeiter im Stahlwerk, die natürlich zuhause keinen eigenen Hochofen im Garten stehen haben und deshalb nicht von zu Hause arbeiten können. Aber für den Fall, dass keinerlei betriebliche Gründe dagegensprechen, sollen Arbeitnehmer einen grundsätzlichen Anspruch auf die Arbeit im Homeoffice haben. So könnten viele Menschen auch nach der Pandemie die Chance bekommen, von zu Hause aus zu arbeiten.
Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur äußerte Heil, dass „aus dem coronabedingten ungeplanten Großversuch zum Homeoffice grundlegende Konsequenzen für die Arbeitswelt“ gezogen werden sollen. Dementsprechend werde die neue Regierung „moderne Regeln für mobiles Arbeiten in Deutschland“ sowie einen Rechtsanspruch auf das Arbeiten von Zuhause schaffen.
Die wichtigsten Rechtsfolgen von Homeoffice:
Auch wenn das Arbeiten aus dem Homeoffice sowohl für die meisten Arbeitgeber als auch Mitarbeiter eine ungewohnte Situation darstellt, die beide Seiten vor Herausforderungen stellt, müssen Arbeitgeber ein rechtssicheres Arbeiten gewährleisten. Denn arbeitsrechtliche Vorgaben müssen auch dann eingehalten werden, wenn das eigene Heim der neue Arbeitsplatz ist. Um Bußgelder zu vermeiden, sollten sowohl die Vorschriften zum Arbeitsschutz und Datenschutz als auch Arbeitszeitregelungen im Homeoffice eingehalten werden. Diese Pflichten ergeben sich vor allem aus § 3 ArbSchG, § 2 Abs. 7 ArbStättV sowie Art. 25 Abs. 2, Art. 32 DS-GVO und gelten grundsätzlich auch, wenn die Arbeitnehmer im hauseigenen Büro arbeiten.
Arbeitsunfall im Homeoffice
Was passiert, wenn ich im Homeoffice auf dem Weg ins hauseigene Büro die Treppe runterfalle? Bin ich dann unfallversichert?
Beim Arbeiten von Zuhause aus gehen die beruflichen und privaten Tätigkeiten fließend ineinander über. Unklarheit besteht dann regelmäßig über den Versicherungsschutz, wenn sich ein Unfall abseits des betrieblichen Umfeldes ausnahmsweise im Homeoffice ereignet. Ein Unfall aufgrund einer versicherten Tätigkeit ist grundsätzlich als Arbeitsunfall zu definieren und steht damit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Es gilt dann bei Unfällen, dass jene Tätigkeiten und Handlungen im Homeoffice, die nach objektivierter Handlungstendenz des Arbeitnehmers im Interesse des Arbeitgebers ausgeführt wurden, unfallversichert sind. Auf gut Deutsch: Versichert sind alle Wege und Tätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arbeit standen, wie beispielsweise das Sitzen auf dem ergonomischen Sitzball, der Gang zum Drucker oder zum Schrank mit den Aktenordnern. Schwierig wurde es allerdings zu beurteilen, ob der Weg zur Kaffeemaschine, in die Küche oder zur Toilette mit inbegriffen war. Vor Ort im Betrieb wären auch diese Wege vom Versicherungsschutz gedeckt, im Homeoffice war dies bislang streitig.
Im Juni 2021 wurde aber mit dem Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes ein erweiterter Unfallversicherungsschutz für Beschäftigte, die aus dem Homeoffice arbeiten, eingeführt. § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII lautet dabei wie folgt: „Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.“ Infolgedessen unterliegen nun auch sämtliche Tätigkeiten im Homeoffice dem Versicherungsschutz, die gleichartig bei Präsenzarbeit im Betrieb auch versichert wären. Diese neue Regelung gilt nicht für solche Unfälle, die sich bis einschließlich dem 17.06.2021 ereignet haben.
Wenn man also auf dem Weg vom Bett zum Homeoffice die Treppe runterstürzt, um in das Büro, welches sich in einer anderen Etage befindet, zu gelangen, handelt es sich um einen Arbeitsunfall, der gesetzlich unfallversichert ist (BSG, Urteil vom 8. Dezember 2021 – B 2 U 4/21 R). Es handelt sich quasi um einen Unfallschutz auch vor Arbeitsbeginn im Homeoffice.
Aufgrund der Gesetzesneuerung sind nun auch Unfälle auf Wegen aus dem Homeoffice und zurück versichert, vorausgesetzt sie erfolgen, um infolge der beruflichen Tätigkeit im Homeoffice am selben Tag die Kinder in fremde Obhut zu bringen, also z.B. in den Kindergarten oder zur Kindertagespflegeperson. Dies gilt wieder nicht für Unfälle, die sich bis einschließlich dem 17.06.2021 ereignet haben.
Arbeitsplatz einrichten (u.a. Steuern absetzen?)
Wer von uns hat zuhause ein vollständig ausgestattetes Homeoffice, von dem aus man seiner Büroarbeit in gleichem Maße nachkommen kann wie am Arbeitsplatz? Naja, die meisten eher nicht. So müssen im Fall der Fälle Arbeitsmittel auf eigene Tasche angeschafft werden. Dazu kommt noch, dass Strom- und Internetkosten unvermeidbar steigen. Welche Kosten hat der Arbeitgeber dabei zu tragen und welche Materialien muss er zur Verfügung stellen?
Wurde sich einvernehmlich auf die Tätigkeit im Homeoffice geeinigt, trägt der Arbeitgeber grundsätzlich die Kosten, welche für den Arbeitnehmer entstehen, um seiner Arbeitspflicht wie gewohnt nachzukommen. Anders als man annehmen könnte, sind Arbeitnehmer nicht verpflichtet ihre privaten Computer, Smartphones oder Tablets zu verwenden, diese müssen vielmehr von Arbeitgeberseite bereitgestellt werden. Die Nutzung privater Endgeräte kann sogar datenschutzrechtlich problematisch sein. Das heißt aber nicht, dass der Arbeitgeber direkt einen neuen Computer kaufen muss. Ein Mieten oder Leasen von Geräten genügt grundsätzlich. Hinsichtlich der Strom- oder Internetkosten kann im Einzelfall eine Nutzungspauschale mit dem Arbeitgeber vereinbart werden.
Darüber hinaus kann das Arbeiten im Homeoffice auch in der Steuererklärung angegeben werden. Ein steuerlich anerkanntes häusliches Arbeitszimmer ist grundsätzlich abzugsfähig. Wie sieht es aber aus, wenn man vom Sofa, Küchentisch oder der Sonnenliege auf der Terrasse aus arbeitet? Diese „Arbeitsplätze“ können nicht als Arbeitszimmer steuerlich gelten gemacht werden. Dafür gibt es seit Ende 2020 die Homeoffice-Pauschale, wodurch mit 5 EUR pro Homeoffice-Tag maximal 600 EUR im Jahr steuerlich geltend gemacht werden können. Diese Pauschale gibt es allerdings nicht zusätzlich zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1000 EUR; diese ist vielmehr darin enthalten. Da die Home-Office-Pauschale durch die Pandemie ins Leben gerufen wurde, hat sie nur vorübergehenden Charakter. Für 2022 soll sie aber noch im Rahmen der Werbungskosten geltend gemacht werden können. Aber Vorsicht! Diese Pauschale steht nur denjenigen zu, die im Homeoffice gearbeitet haben, nicht aber denjenigen, die mobil gearbeitet haben.
Zutrittsregelung / Arbeitsschutz durch den Arbeitgeber
Auch im heimeligen Büro müssen Arbeitgeber den Arbeitsschutz der Mitarbeitenden gewährleisten und mögliche Gefährdungen ausschließen. Nach § 5 ArbSchG und § 3 ArbStättV ist der Arbeitgeber verpflichtet herauszufinden, welche Arbeitsschutzmaßnahmen erforderlich sind und eine Gefährdungsbeurteilung (z.B. bezüglich schlechter Monitorpositionierung oder den Lichtverhältnissen) vornehmen.
Dafür muss er allerdings nicht zwingend den Homeoffice-Arbeitsplatz persönlich begutachten, wohl aber die Angestellten nach der Arbeitsplatz-Situation befragen sowie eine angemessene Unterweisung der Mitarbeitenden auch hinsichtlich der Vorgaben der Betriebssicherheitsverordnung für Arbeitsmittel durchführen. Dazu können den Angestellten Fragebögen zur Selbstbeantwortung bzw. Checklisten aushändigt werden. Diese sollten im besten Fall auf die jeweilige Arbeitsvariante zugeschnitten sein (Telearbeit / Home-Office / mobiles Arbeiten). Fragen nach dem Arbeitsschutz könnten sich auf die Positionierung des Monitors, die Arbeitsplatzhöhe, die Beleuchtung oder das Mobiliar (Sitzmöbel, Schreibtisch) beziehen. Im Sinne des technischen Arbeitsschutzes bietet es sich außerdem an, ein Verbot zur Nutzung privater Arbeitsmittel zu vereinbaren. Ein generelles Zutrittsrecht des Arbeitgebers zur Privatwohnung der Angestellten kann aus den Pflichten zum Arbeitsschutz und Datenschutz zwar nicht abgeleitet werden, wohl aber individualvertraglich vereinbart werden.
Darüber hinaus müssen Arbeitgeber und Mitarbeiter den Datenschutz im Homeoffice einhalten und gegebenenfalls technische / organisatorische Maßnahmen (z.B. Datensicherheit für den Datentransfer über VPN-Verbindungen) treffen, damit dieser gewährleistet werden kann, Art. 32 DS-GVO. Außerdem sollten sämtliche Daten über einen Server im Betrieb gespeichert werden. Denn an Datensicherheit und IT-Infrastruktur sind regelmäßig hohe Anforderungen zu stellen, die auch im heimischen Büro erfüllt werden müssen. Die entsprechenden geeigneten Datenschutzvorkehrungen sind in diesem Rahmen vom Arbeitgeber zu treffen.
Außerdem muss er gewährleisten, dass die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen während der Tätigkeit außerhalb des betrieblichen Büros dauerhaft vom Arbeitnehmenden eingehalten werden. Der Mitarbeitende muss sicherstellen, dass er der Einzige in der Wohnung ist, der Zugang zum Computer und (Arbeits-)Telefon hat, um die vertraulichen Daten am Homeoffice-Arbeitsplatz vor unbefugtem Zugriff durch Familie oder Dritte zu schützen.
Dokumentationspflicht der Arbeitszeit
Auch für die Mitarbeiter im Homeoffice gilt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Das heißt, dass auch bei der Arbeit von zuhause aus die Regelungen zu Höchstarbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezeiten sowie das Verbot von Sonn- und Feiertagsarbeit beachtet werden müssen. Der Arbeitgeber muss dementsprechend ein Regelungsmodell für die Zeiterfassung finden, das die Arbeitszeit aufzeichnet während die Arbeitnehmer nicht vor Ort im Betrieb sind.
Gem. § 16 Abs. 2 ArbZG ist der Chef grundsätzlich dazu verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 ArbZG (8 Stunden) hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer zu dokumentieren. Diese Pflicht kann er für die Zeit des Homeoffices auf seine Angestellten übertragen.
Homeoffice, mobile Arbeit und Telearbeit, die kleinen Schwestern der mobilen Arbeit
Im alltäglichen Gebrauch werden die Begriffe gerne synonym verwendet, obwohl es bedeutende Unterschiede gibt. Beim Homeoffice im engeren Sinne handelt es sich um eine Tätigkeit, die grundsätzlich durch eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber auf den Arbeitsplatz am Wohnsitz beschränkt ist. Heißt: Es wird ein fester Arbeitsplatz bestimmt und an diesem hat der Mitarbeiter seine Tätigkeit zu erledigen.
Mobile Arbeit dagegen ist an keinen speziellen Arbeitsplatz gebunden und kann wirklich von überall aus stattfinden. Es ist denkbar, dass ein Arbeitnehmer aus der Bahn arbeitet, aus einem Café, aus dem Zoo (z.B. wenn der Kindergeburtstag gefeiert wird, aber noch eine dringende Abgabe fertig werden muss), aus dem Kino (die 30 Minuten Werbung kann man bestimmt noch effizient nutzen, um ein paar Emails zu verschicken), oder wenn es ganz brenzlig wird auch aus dem Wartezimmer vom Zahnarzt.
Daneben gibt es auch noch die Arbeitsform der Telearbeit. Diese liegt regelmäßig vor, wenn der Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten bereitstellt und diese Arbeit in ihrer Dauer konkret festgelegt und beschränkt wurde. Arbeitsplatz ist dann ähnlich wie im Homeoffice, einzig und allein der dafür bestimmte Raum. Die Besonderheit der Telearbeit ist, dass sie der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) unterliegt, welche die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit der Beschäftigten an deren Arbeitsstätten regelt.
Workation – „Homeoffice“ am Strand im Ausland
Immer mehr Arbeitnehmer, die längere Zeit mobil oder aus dem Homeoffice arbeiten, kommen auf die Idee Arbeit und Urlaub zu vereinbaren. Die Rede ist dann von Workation. Der Begriff setzt sich zusammen aus den Wörtern Work (= Arbeit) und Vacation (= Urlaub). Gemeint ist also eine Mischung von Arbeit und Urlaub. Im deutschen Arbeitsrecht ist diese Arbeitsform recht neu und noch nicht großartig etabliert. Manchmal wollen Arbeitnehmer aufgrund familiärer Probleme vorübergehend in ihrem Heimatland, also dem deutschen Ausland, arbeiten. In den meisten Fällen jedoch träumen die Angestellten eher davon, am Palmenstrand mit einem – am besten alkoholfreien – Cocktail an der Bar oder während sie im Infinity-Pool baden vom Laptop aus zu arbeiten. Aber geht das so einfach?
Zunächst muss einmal klar sein, dass es sich beim Arbeiten aus dem Ausland in den meisten Fällen um mobile Arbeit handelt und nicht um Arbeiten aus dem Homeoffice. Dies wäre nur der Fall, wenn der Arbeitnehmer ohnehin einen Wohnsitz im Ausland hat. Beschließt ein Arbeitnehmer einfach auf eigene Faust, dass er zwei Wochen lang auf dem Ballermann remote work betreibt, dann verstößt er genau genommen gegen eine arbeitsvertragliche Pflicht, wenn im Vertrag lediglich das Arbeiten aus dem Homeoffice vereinbart ist. In allen Fällen sollte das Workation-Vorhaben daher mit dem Arbeitgeber besprochen und vorausschauend geplant werden, denn nicht selten entstehen neben arbeits- und steuerrechtlichen Konsequenzen auch sozialversicherungsrechtliche.
Daher macht es Sinn schon im vornherein individuelle Regelungen zum Arbeitsmodell Workation im Arbeitsvertrag aufzunehmen, um die rechtlichen Folgen zu begrenzen und bestimmbar zu machen.Vor allem sollte dann der zeitlichen Rahmen begrenzt werden, um den arbeitsrechtlichen Mehraufwand so gering wie möglich zu halten. Denn nicht selten entwickelt sich eine Reise, die nur von kurzer Dauer sein sollte, zu einem längeren Aufenthalt und aus kurzfristig wird langfristig. Und dann wird die Personalabteilung von dem ungeplanten Aufwand überrumpelt, sich mit den ausländischen Regelungen hinsichtlich der Workation vertraut machen zu müssen. Ausnahmen sind Workation-Aufenthalte, die nicht länger als vier Wochen dauern, dann entsteht keinerlei arbeitsrechtlicher Handlungsbedarf.
Versteuerung der Arbeit im Urlaub
Workation beeinflusst unter Umständen die Steuerpflicht des Arbeitnehmers. Dabei gilt, wer mehr als 183 Tage im Jahr (über 50 % der Arbeitszeit) im Ausland arbeitet, muss im jeweiligen Ausland Steuern bezahlen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die steuerlichen Auswirkungen beschränken, wenn die Arbeitstätigkeit im ausländischen Arbeitszimmer den Rahmen der 183-Tage-Regel nicht übersteigt, somit nur vorübergehender Art ist und der deutsche Wohnsitz weiterhin besteht. Detailliertere Informationen über die steuerrechtlichen Besonderheiten ergeben sich aus den konkreten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) sowie dem ausländischen Steuerrecht der jeweiligen Länder.
Welchem Arbeitsrecht unterliegen die „Urlauber“?
Es findet vorrangig das Arbeitsrecht des Staates Anwendung in dem der "gewöhnliche Arbeitsort" liegt. Sofern ein Arbeitnehmer nur vorübergehend aus dem ausländischen Homeoffice tätig wird, entstehen grundsätzlich erstmal keine Probleme. Denn dann verbleiben Schwerpunkt der Arbeitstätigkeit und des Arbeitsverhältnisses in Deutschland.
Kompliziert wird es auch in diesem Zusammenhang erst, wenn die 183-Tage-Regelung überschritten wird. Arbeitet ein Mitarbeiter länger als 183 Tage im Homeoffice im Ausland, hat seine Arbeit dort keinen vorübergehenden Charakter mehr und die rechtliche Situation ändert sich. Ähnlich ist es zu beurteilen, wenn Mitarbeiter ausschließlich im Ausland tätig sind. Dann liegen der gewöhnliche Arbeitsort sowie der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses entsprechend im Ausland. Ggf. wird dann sogar der Arbeitgeber durch die Begründung einer ausländischen Betriebsstätte im Ausland steuerpflichtig.
Zwar ist es arbeitsrechtlich möglich, eine Rechtswahlvereinbarung zu Gunsten des deutschen Rechts zu treffen, um z.B. Urlaubsansprüche weiterhin aus dem Bundesurlaubsgesetz ableiten zu können oder gemäß des deutschen Entgeltfortzahlungsgesetzes die Auszahlung des Gehalts im Krankheitsfall zu sichern. In den Fällen des langfristigen Auslandsaufenthalts sind eine Rechtswahl und Zusatzvereinbarung nach deutschem Recht allerdings häufig nicht mehr ausreichend. Ebenfalls verlieren solche Vereinbarungen ihre Wirkung, wenn im Ausland höhere arbeitsrechtliche Standards (z.B. höherer Mindestlohn, Höchstarbeitszeit niedriger) gelten als in Deutschland.
Auslandsentsendung – Sozialversicherungspflicht
In den meisten Fällen kommen die Arbeitnehmer auf ihre Chefs zu und erkundigen sich nach der Möglichkeit einer Workation. Mithin erfolgt sie nicht im Auftrag des Arbeitgebers. Grundsätzlich würde es sich bei dieser Reise darum nicht um eine Auslandsentsendung handeln, wodurch allerdings Probleme mit der sozialen Absicherung während des Auslandsaufenthalts entstehen. Es ergeben sich zwar im EU-Inland (inkl. Schweiz, Island, Liechtenstein und Norwegen; nicht aber Dänemark) grundsätzlich keine abweichenden sozialversicherungsrechtlichen Regelungen und das jeweilige Sozialversicherungsrecht des Beschäftigungsstaates bleibt weiterhin anwendbar. Im EU-Ausland ist die Situation jedoch im Einzelfall speziell zu klären; gegebenenfalls wurden Abkommen mit dem jeweiligen Land geschlossen.
Zur Freude aller Beteiligten haben sich die Sozialversicherungsträger im Jahr 2021 dafür ausgesprochen, die Workation im Ausland auch als Entsendung zu definieren. Die Versicherung der Mitarbeiter ist dadurch sichergestellt. Steht der Plan Workation, sollten Arbeitgeber also die zuständige Krankenkasse kontaktieren, um erforderliche Anträge zu stellen. Dann kann gewährleistet werden, dass Angestellte auch während ihres Auslandsaufenthalts sozialversichert bleiben. Diese Regelung gilt allerdings nur vorübergehend bis Ende Juni des Jahres 2022.
Kündigungsgrund Arbeit aus dem Homeoffice
Kann man gekündigt werden, weil man vom vorübergehenden Homeoffice nicht mehr ins Büro zurückkehren will? Grundsätzlich kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei jedem Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten abmahnen, ob es sich dabei um eine Haupt- oder Nebenpflichten handelte, tut nichts zur Sache. Nur im Einzelfall kann es ausnahmsweise passieren, dass eine Pflichtverletzung sofort zu einer Kündigung führt.
Im Rahmen seines Direktionsrechts kann der Arbeitgeber die Rückkehr des Arbeitnehmers aus dem Homeoffice in den Betrieb anordnen, soweit nichts anderes vereinbart wurde. Wenn man also, trotz Forderung des Chefs wieder im Büro zu erscheinen, weiterhin zuhause bleibt und von dort arbeitet, kann man zumindest mit einer Abmahnung rechnen. Wenn man aber zum wiederholten Mal nach mehrmaliger Aufforderung des Chefs nicht im Büro auftaucht, dann riskiert man unter Umständen eine fristlose außerordentliche Kündigung.
Vor- und Nachteile, Risiken von Homeoffice
Das Arbeiten von zuhause aus kann sowohl von Vorteil sein als auch mit Nachteilen verbunden sein. Menschen, die dauerhaft in Vollzeit im Homeoffice arbeiten, haben weder einen langen Weg zur Arbeit noch müssen sie die Büros der Kollegen aufsuchen, dafür gibt es ja das Telefon oder E-Mails. In der Folge bewegen sie sich aber auch weniger und verlassen den Tag über tendenziell seltener das Haus. Außerdem laufen Arbeitnehmer im hauseigenen Büro Gefahr, dass Arbeit und Leben innerhalb der Räumlichkeiten verschmelzen und eine klare Trennung der beiden Sphären nicht mehr gegeben ist.
Darüber hinaus kann es passieren, dass Arbeitgeber erwarten, dass man permanent verfügbar und abrufbereit ist. Neben den Verfügbarkeitserwartungen kann auch eine schlechte Ausstattung im Homeoffice den Arbeitnehmer erheblich stressen. Zudem fühlen sich Mitarbeitende aus dem Homeoffice regelmäßig unter Druck besonders viel zu schaffen, um dem Vorurteil, nicht zu arbeiten, zu entgehen. Dadurch entstehen vielerorts unbezahlte Überstunden und zusätzlicher Stress. Wer also langfristig aus dem Homeoffice arbeiten möchte, sollte über eine gute Portion Selbstdisziplin verfügen.
Aber das Arbeiten von Zuhause aus hat nicht nur Schattenseiten. Vielerorts können sich Arbeitgeber über eine höhere Produktivität ihrer Mitarbeiter freuen. Die Arbeitnehmer selbst profitieren von der Zeit- und Geldersparnis hinsichtlich der sonst zurückzulegenden Arbeitswege. Dadurch haben vor allem Berufspendler weniger Stress am frühen Morgen und sind somit entspannter und produktiver als sonst. Meistens geht das Homeoffice mit flexibleren Arbeitszeiten einher, wodurch sich die work-life-balance verbessert und sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf optimieren lässt. Ein beidseitiger Vorteil ist außerdem der Infektionsschutz. Wenn mal wieder eine Grippewelle ansteht oder im Kindergarten ein Magen-Darm-Virus rumgeht, müssen nicht alle Angestellten daran teilhaben und im wahrsten Sinne des Wortes mitfiebern.
FAQ Homeoffice
Schnelle Antworten auf häufige Fragen
Gibt es einen Anspruch auf Homeoffice?
Einen solchen Anspruch kennt das Arbeitsrecht nicht. Dieser kommt nur bei entsprechenden Vereinbarungen in Arbeits-, Tarifveträgen oder in der Betriebsvereinbarung in Betracht.
Welche Pflichten hat der Arbeitgeber gegenüber den Mitarbeitern im Homeoffice?
Der Arbeitgeber hat alle erforderlichen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen. Allerdings besteht keine Pflicht zur Zahlung von z.B. Internetkosten oder Ähnlichem.
Worauf muss der Arbeitnehmer im Homeoffice achten?
Als Arbeitnehmer im Homeoffice sind dieselben Pflichten wie auch bei der Arbeit im Unternehmen einzuhalten. Insbesondere die geltenden Datenschutzvorschriften müssen eingehalten werden.