Wochenarbeitszeit statt 8-Stunden Werktag
Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts?
Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD sieht vielfältige Änderungen des Arbeitsrechts vor. Insbesondere fällt die Einführung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit, anstelle der bisherigen täglichen Höchstarbeitsarbeit, auf.
Im Koalitionsvertrag 2025 haben CDU/CSU und SPD zahlreiche Veränderungen vorgesehen. Auch das Arbeitsrecht blieb dabei nicht unberücksichtigt. Neben Vereinbarungen zum Mindestlohn, zur Arbeitszeiterfassung und zur Einführung eines Tariftreuegesetzes fand auch das Thema der Wochenarbeitszeit Eingang in den Koalitionsvertrag
Gehört werktägliche Arbeitszeit nun zur Vergangenheit?
Bislang sieht § 3 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) eine tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden vor, in Ausnahmefällen bis zu zehn Stunden. Künftig soll dies durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden ersetzt werden. Ziel ist insbesondere die Entlastung von Branchen mit saisonalen oder projektbezogenen Belastungsspitzen entlastet werden. Zudem soll die Vereinbarkeit einer Vollzeitstelle mit dem Privatleben, insbesondere für diejenigen die Angehörige pflegen oder Kinder erziehen, verbessert werden.
Allerdings sind bereits jetzt flexiblere Arbeitszeitregelungen möglich: Gemäß § 7 ArbZG können durch Tarifverträge sowie Betriebs- oder Dienstvereinbarungen Ausnahmen von der täglichen Höchstarbeitszeit vorgesehen werden. So sind zum Beispiel in Krankenhäusern höhere Tagesarbeitszeiten lange schon der Standard.
Nichtsdestotrotz würde eine gesetzliche Regelung zur Wochenarbeitszeit den Anknüpfungspunkt des Arbeitszeitgesetzes von der werktäglichen auf die wöchentliche Arbeitszeit verlagern.
Endlose Arbeitstage?
Schnell entsteht die Befürchtung, dass eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu unendlich langen Schichten führen könnte. Diese Sorge ist aber zumindest in dem Maße unbegründet. Die 48-Stunden-Woche wurde nämlich nicht willkürlich von CDU/CSU und SPD festgelegt, sondern entspricht den Vorgaben der EU-Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG. Jede Neufassung des deutschen Arbeitszeitgesetzes muss mit dieser Richtlinie im Einklang stehen.
Die Richtlinie schreibt unter anderem eine tägliche ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden vor. Dadurch verbleiben 13 Stunden potenzieller Arbeitszeit pro Tag. Zudem verlangt die Arbeitszeitrichtlinie eine Ruhepause nach 6 Stunden Arbeitszeit. Wie lang diese ist, definiert die Richtlinie zwar nicht, das deutsche Recht sieht hierfür allerdings 45 Minuten vor. Zieht man auch diese Ruhezeit ab bleiben faktisch 12 Stunden und 15 Minuten maximale tägliche Arbeitszeit übrig.
Praktische Folgen
Bereits seit einigen Wochen werden hitzige Diskussionen über die Wochenarbeitszeit geführt. . Auch wenn die Vorteile auf der Hand liegen, dürfen die möglichen Nachteile nicht außer Acht gelassen werden. Gewerkschaften sehen die geplante Neuregelung kritisch: Sie befürchten nicht nur eine Zunahme psychischer und physischer Belastungen, sondern auch potenziellen Missbrauch durch Arbeitgeber.
Noch offen ist derzeit, ob auch das Tarifvertragsgesetz (TVG) und das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) entsprechend angepasst werden müssen. Denn nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich des Beginnes und Ende der täglichen Arbeitszeit, welches auch nach Umsetzung der Wochenarbeitszeit von Relevanz sein wird.
Viele Branchen und Unternehmen dürften die aktuelle Entwicklung beobachten. Insbesondere auch Kanzleien. Denn schließlich sind die Arbeitszeiten von Rechtsanwälten und auch Rechtsanwaltsfachangestellten in vielen Kanzleien nicht mit dem geltenden Arbeitsrecht vereinbar.