Kündigungsgründe im Arbeitsrecht
Welche Umstände rechtfertigen eine Entlassung?
Wird ein Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet, kommt es häufig zu arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen. Neben der Einhaltung der Form stellt sich dann regelmäßig auch die Frage nach dem Kündigungsgrund. Nachfolgend geben wir Ihnen Informationen über mögliche Kündigungsgründe im Arbeitsrecht.
Weitere Informationen zum Thema Kündigung finden Sie hier:
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Wann ist ein Kündigungsgrund erforderlich?
Grundsätzlich bedarf jede Kündigung in Deutschland eines Kündigungsgrundes, unabhängig davon, ob auf das Arbeitsverhältnis der Kündigungsschutz des KSchG Anwendung findet. Ausgeschlossen werden damit willkürliche Kündigungen.
Bei ordentlichen Kündigungen genießt ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nicht von dem Kündigungsschutz des KSchG umfasst ist, aber nur einen eher rudimentären Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber ist in diesen Fällen gerade nicht gehalten, die vom Kündigungsschutzgesetz vorgegebenen Bedingungen für die Wirksamkeit einer Kündigung einzuhalten und kann sich so leichter von seinem Arbeitnehmer lösen. So muss beispielsweise eine Abmahnung im Vorwege nicht ausgesprochen oder auch keine Sozialauswahl durchgeführt werden.
Damit ein Arbeitnehmer unter den Kündigungsschutz fällt, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Arbeitnehmer ist seit mindestens 6 Monaten für den Arbeitgeber tätig.
- Bei dem Arbeitgeber sind mehr als 10 Angestellte beschäftigt. Teilzeitbeschäftigte werden anteilig berechnet.
Zu beachten ist aus Arbeitgebersicht zudem, dass auf die Darlegung der Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben stets verzichtet werden sollte. Nur auf Verlangen des Arbeitnehmers sollten diese nachgereicht werden. Die Wirksamkeit der Kündigung wird durch das Weglassen der Kündigungsgründe nicht berührt.
Welche Kündigungsgründe gibt es bei der ordentlichen Kündigung?
Schon das Gesetz unterscheidet zwischen verschiedenen Kündigungen. Dabei unterscheidet man drei verschiedene Arten von Kündigungsgründen:
- die verhaltensbedingte Kündigung
- die personenbedingte Kündigung
- die betriebsbedingte Kündigung
Wie sich schon aus den Begriffen selbst ergibt, liegen bei Nr. 1 und 2 die Gründe für die Kündigung in der Person des Angestellten, während bei Nr. 3 Gründe innerhalb des Unternehmens die Kündigung rechtfertigen.
Die verhaltensbedingte Kündigung
Anders als die betriebsbedingte Kündigung sind die Gründe einer verhaltensbedingten Kündigung stets in der Sphäre des Arbeitnehmers zu finden. Dabei geht es, grob gesagt, darum, dass der Arbeitnehmer seinen Pflichten entweder vorsätzlich oder fahrlässig nicht hinreichend nachkommt.
Zentrale Rolle spielt bei der verhaltensbedingten Kündigung die Frage, ob eine Abmahnung im Vorwege wirksam ausgesprochen wurde oder eine solche ausnahmsweise entbehrlich war. Folgende Gründe können eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen:
- Alkohol- und Drogenmissbrauch (nicht bei Abhängigkeit)
- Grundlose Strafanzeigen oder Anzeigen zu Lasten des Arbeitgebers -
- Arbeitsverweigerung
- Vermögensdelikte zu Lasten des Arbeitgebers
- Beleidigungen, rassistische Äußerungen
- Verstöße gegen die betriebliche Ordnung
- Vortäuschen eines Krankheitsfalls
- Verletzung der Anzeige- und Nachweispflichten bei Erkrankungen -
- Private ungenehmigte Internetnutzung
- Sexuelle Belästigung
- Zahlreiche Pfändungen, wenn sie einen erheblichen Arbeitsaufwand für den Arbeitgeber hervorrufen
Dabei muss im jeweiligen Einzelfall eine genaue Prüfung vorgenommen werden, ob die Umstände eine Kündigung auch wirklich rechtfertigen. Dabei müssen u.a. die Art und Schwere des Verstoßes, aber auch die Auswirkungen auf die Tätigkeit bewertet werden und eine angemessene Abwägung der gegenseitigen Interessen auch unter Berücksichtigung der Länge der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers erfolgen.
In besonders schwerwiegenden Fällen kann auch eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden, wenn dem Arbeitgeber eine Beschäftigung des Arbeitnehmers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Die personenbedingte Kündigung
Bei der personenbedingten Kündigung, deren Gründe ebenfalls in die Sphäre des Arbeitnehmers fallen, wird zwischen subjektiven und objektiven Leistungsmängeln unterschieden.
Von subjektiven Leistungsmängeln ist die Rede, wenn dem Arbeitnehmer Eigenschaften fehlen, über die er nach dem Inhalt seines Arbeitsvertrages verfügen müsste. Objektive Leistungsmängel liegen hingegen immer dann vor, wenn sie außerhalb der Persönlichkeit des Arbeitnehmers liegen, aber die für die ordnungsgemäße Verrichtung der Arbeitsleistung erforderlichen Voraussetzungen fehlen oder aber Leistungshindernisse in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht bestehen. Folgende Gründe können eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen:
- Krankheit ist dann ein Kündigungsgrund, wenn eine negative Gesundheitsprognose vorliegt, betriebliche Interessen erheblich beeinträchtigt werden (i.d.R. bei Langzeitkranken oder auch häufig Kurzerkrankten), die betrieblichen Interessen vorrangig sind, keine alternative Einsatzmöglichkeit (Eingliederungsmanagement) besteht und kein leidensgerechter Arbeitsplatz vorhanden ist. Auch bei einer Kündigung wegen Alkohol- und Drogenabhängigkeit sind die Maßstäbe einer krankheitsbedingten Kündigung anzuwenden.
- Fehlende Arbeitserlaubnis, wenn die Erlangung nicht in absehbarer Zeit bevorsteht
- Fehlende fachliche, körperliche oder persönliche Eignung (z. B. bei unüberwindbaren Glaubens- oder Gewissenshindernisse oder erheblichen Lohnpfändungen bei einem Arbeitnehmer mit Vermögensbetreuungspflichten)
- Inhaftierung des Arbeitnehmers
- Sicherheitsbedenken bei Arbeitnehmern im militärischen oder polizeilichen Tätigkeitsbereich
- Straftaten außerhalb des Dienstes, wenn sie negative Auswirkungen auf den Betrieb haben
Die betriebsbedingte Kündigung
Fällt das Arbeitsverhältnis unter den Kündigungsschutz im Sinne des KSchG, ist es notwendig, dass ein im KSchG aufgeführter Grund vorliegt, um die Wirksamkeit der Kündigung annehmen zu können. Dabei stellen betriebliche Gründe die Hauptmotivation für eine Kündigung durch den Arbeitgeber dar. Die betriebsbedingte Kündigung ist die einzige Kündigung, bei der die Gründe in die Sphäre des Arbeitgebers fallen.
Die Kündigung wird in diesen Fällen durch den Grundsatz der freien unternehmerischen Entscheidung erleichtert, die Dreh- und Angelpunkt für eine wirksame betriebsbedingte Kündigung ist. Zu unterscheiden ist zwischen inner- und außerhalb des Betriebes liegenden Umständen. Aus Arbeitgebersicht ist es ratsam, sich aus Gründen der einfacheren Darlegungsmöglichkeit stets auf innerbetriebliche Gründe zu berufen.
Innerbetriebliche Gründe können sein:
- Rationalisierungsmaßnahmen
- Umstellungen der Produktion oder Produktionsverlagerung ins Ausland
- Stilllegung eines Betriebes oder Betriebsteils
- Zusammenlegung von Arbeitsbereichen
- Dauerhafte Reduzierung des Personalbestandes
Außerbetriebliche Gründe können sein:
- Auftragsmangel, Auftragsverlust oder allgemeine Absatzschwierigkeiten
- Umsatzrückgang
- Wegfall von Drittmitteln
- Streichung von Haushaltsmitteln
Im Rahmen der außerbetrieblichen Kündigung gibt es diverse Einschränkungen, die der Arbeitgeber beachten muss. Im Rahmen einer sog. Vorprüfung muss sichergestellt werden, dass der betroffene Angestellte auch nicht etwa besonders schurtzwürdig im Vergleich zu seinen KollegInnen ist oder auch auf einen anderen Arbeitsplatz versetzt werden könnte.
Nähere Informationen über besondere Schutzwürdigkeit von Arbeitnehmern, etwa in der Schwangerschaft, der Elternzeit und für Schwerbehinderte, finden Sie auf unserer Seite zum Kündigungsschutz: Kündigungsschutz
Sonderfall: Kündigungsgründe bei der außerordentlichen Kündigung
Während die ordentliche Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen bzw. vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen nur möglich, wenn einer der oben genannten Kündigungsgründe tatsächlich vorliegt, gelten für die außerordentliche Kündigung besondere Regeln.
Eine außerordentliche Kündigung erfolgt zunächst fristlos, also zu sofort ohne Einhaltung von Kündigungsfristen. Eine außerordentliche Kündigung ist nur ausnahmsweise möglich. Sie erfordert einen besonderen Kündigungsgrund in Form eines erheblichen Pflichtverstoßes des Arbeitnehmers, der ein weiteres Zusammenarbeiten unzumutbar macht. Ob ein solcher Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegt, muss im Einzelfall geprüft werden. In der Rechtsprechung sind beispielsweise folgende Gründe für eine außerordentliche Kündigung anerkannt worden:
- Diebstahl
- Sexuelle Belästigung
- Beleidigung
- Konkurrenztätigkeit
- Betrug bei der Arbeitszeit
Dem Arbeitgeber ist zu empfehlen, bei einer außerordentlichen Kündigung hilfsweise immer auch ordentlich zu kündigen für den Fall, dass die für eine außerordentliche Kündigung erforderliche Schwere des Verstoßes nicht vorliegt.
Verhältnismäßigkeit der Kündigung: Abmahnung, Sozialauswahl usw.
Insbesondere bei außerordentlichen Kündigungen streiten die Parteien oft darum, ob eine Kündigung im konkreten Einzelfall auch verhältnismäßig war. Denn: nicht jeder Kündigungsgrund rechtfertigt auch die unmittelbare Kündigung. Vielmehr muss die Kündigung der letzte gangbare Weg sein.
Dazu gehört, dass mildere Mittel nicht erfolgreich waren. Dem kommt besondere Bedeutung bei verhaltensbedingten Kündigungsgründen in der Person des Betroffenen zu. Kommt ein Mitarbeiter beispielsweise häufig zu spät, muss der Arbeitgeber erstmal eine Abmahnung aussprechen, und damit den Betroffenen auf seine Fehler und mögliche Konsequenzen hinweisen.
Bei betriebsbedingten Kündigungen muss der Arbeitgeber als Ausfluss des Gebots der Verhältnismäßigkeit bei Geltung des Kündigungsschutzgesetzes eine sog. Sozialauswahl vornehmen:
- Wer (noch) nicht unter die Geltung des KSchG fällt, etwa weil er gerade erst angefangen hat, muss vornehmlich gekündigt werden.
- Besonders schutzbedürftige ArbeitnehmerInnen, die aufgrund eines sog. Sonderkündigungsschutzes nicht ordentlich kündbar sind (z.B. Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder oder Schwangere), sind eher schutzwürdig als andere.
- Danach muss der Arbeitgeber innerhalb aller ArbeitnehmerInnen, die über einen vergleichbaren, quasi austauschbaren Arbeitsplatz verfügen, diejenigen für eine Kündigung auswählen, die am wenigsten sozial schutzbedürftig sind. Entscheidende Kriterien sind beispielsweise die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter und eventuell bestehende Unterhaltsverpflichtungen.
Angabe & Nachschieben von Kündigungsgründen
Eine Angabe von Kündigungsgründen im Kündigungsschreiben ist grundsätzlich nicht erforderlich, sondern nur dann, wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich nach den Kündigungsgründen fragt. Arbeitgeber werden daher oft entsprechend beraten, die Gründe erstmal nicht anzugeben, um sich ggf. weniger angreifbar zu machen. Verlangt der Arbeitnehmer, die Gründe genannt zu bekommen, kann der Arbeitgeber dies nachträglich tun, ohne dass die Wirksamkeit der ursprünglichen Kündigung davon berührt wird.
Ein sog. Nachschieben von Kündigungsgründen ist ebenfalls möglich. Dies wird relevant, wenn der Arbeitgeber zum Beispiel aus Grund A kündigt und später von weiteren Kündigungsgründen erfährt, die noch während der Zugehörigkeit des Betroffenen zum Unternehmen eingetreten sind, von denen der Arbeitgeber aber zuvor keine Kenntnis hatte. In dieser Konstellation kann dann der Arbeitgeber auch nachträglich weitere Gründe für die Kündigung "nachschieben".
Was passiert bei unwirksamer Kündigung?
Wenn ein Kündigungsgrund erforderlich ist, aber tatsächlich nicht vorliegt, haben die Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Für die bis zum Urteil vergangene Zeit erhält der Arbeitnehmer denn auch grundsätzlich weiter sein volles Gehalt. Aus praktischen Gründen enden entsprechende Gerichtsverfahren aber meist mit einer geldwerten Abfindung für den Arbeitnehmer, durch die der Anspruch auf Weiterbeschäftigung abgegolten wird.
Wenn Ihnen gekündigt wurde, müssen Sie schnell handeln. Gegen die Kündigung muss binnen 3 Wochen nach Zugang der Erklärung beim Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhoben werden. Auch wer eine Klage eigentlich scheut, sollte unbedingt Kontakt zu einem Rechtsanwalt für Arbeitsrecht aufnehmen und die Wirksamkeit der Kündigung prüfen lassen. Möglicherweise ist die Aushandlung einer Vergleichssumme mit dem Arbeitgeber auch außergerichtlich möglich.
Denken Sie weiterhin daran, sich binnen drei Tagen als arbeitslos zu melden, wenn Sie Arbeitslosengeld beziehen wollen.
Kündigungsgründe für die Kündigung durch ArbeitnehmerIn
ArbeitnehmerInnen können ihr Arbeitsverhältnis ordentlich jederzeit ohne Nennung eines Grundes beenden. Sie müssen sich dafür aber ebenfalls an die gesetzlichen bzw. vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen halten.
Nicht nur Arbeitgeber, sondern auch ArbeitnehmerInnen sind darüber hinaus stets auch zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt, wenn ein entsprechender wichtiger Grund vorliegt, der für sie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar macht. Auch hier ist eine Einzelfallabwägung der gegensätzlichen Interessen der Parteien stets notwendig. Anerkannte Gründe für eine außerordentliche Kündigung sind:
- Fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten von Mitarbeitenden in Vollzeit, die auf eine Tätigkeit in Teilzeit nicht zurückgreifen dürfen oder können (so eine fachliche Weisung der Agentur für Arbeit)
- Mobbing durch oder mit Wissen des Arbeitgebers
- Krankheit des Mitarbeitenden oder dessen naher Familienangehörigen, die eine Pflege erforderlich machen
FAQ Kündigungsgründe
Schnelle Antworten auf häufige Fragen
Kann der Arbeitgeber ohne Kündigungsgrund entlassen?
Grundsätzlich bedarf jede Kündigung eines Grundes. Das Gesetz kennt vier Kündigungsgründe. Die verhaltensbedingte, die personenbedingte, die betriebsbedingte und die außerordentliche Kündigung.
Wann kann der Arbeitgeber betriebsbedingt kündigen?
Für eine betriebsbedingte Kündigung muss der Stellenabbau im Unternehmen erforderlich und der konkrete Arbeitsplatz weggefallen sein.
Welche Gründe rechtfertigen eine fristlose Kündigung?
Eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber kommt dann in Betracht, wenn ihm aufgrund schwerer Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Die Kündigung muss aber verhältnismäßig sein. In der Regel ist daher oft zunächst eine Abmahnung erforderlich.
Ist vor einer Kündigung immer eine Abmahnung erforderlich?
Grundsätzlich besteht keine Pflicht zur vorherigen Abmahnung. Allerdings wird in der ständigen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, zumindest vor einer verhaltensbedingten Kündigung, eine Abmahnung in der Regel gefordert.