Recht auf Vergessen
Suchergebnisse auf Google löschen lassen
Das „Recht auf Vergessenwerden“ schützt Personen gegen dauerhaft abrufbare Informationen im Internet. Aber welche Informationen sind unter welchen Voraussetzungen zu löschen, und wann kann ein bestehendes öffentliches Informationsinteresse das Recht zur Löschung übertrumpfen? Hier die wichtigsten Informationen zu folgenden Themen:
- Was beinhaltet das Recht auf Vergessen?
- Wo ist das Recht auf Vergessen geregelt?
- Wann steht mir dieses Recht zu?
- Wie mache ich meine Rechte geltend?
- Wie wird das technisch umgesetzt?
- Was bedeutet die neue Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts?
- Was besagt das Google Spain Urteil?
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Was beinhaltet das Recht auf Vergessen?
Das Recht auf Vergessen beschreibt das Recht des Einzelnen darauf, dass seine personenbezogenen Daten nach einer gewissen Zeit aus dem Internet gelöscht werden. Früher umfasste der Anspruch nur ein Recht auf Unterlassen, also ein Recht etwa gegen eine Zeitung oder Zeitschrift, die Informationen zu veröffentlichen.
Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und einer Reform der Datenschutzbestimmungen in ganz Europa geht dieser Anspruch aber nun weiter. Er kann insbesondere gegen Suchmaschinen geltend gemacht werden und beinhaltet das Recht, dass ein bestehender Artikel gelöscht wird bzw. aus den Suchmaschinen-Ergebnissen verschwindet.
Wo ist das Recht auf Vergessen geregelt?
Das Recht auf Vergessen ist in Art. 17 der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geregelt. Dieses Gesetz ist seit Mai 2018 in allen europäischen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar. Darin heißt es in Absatz 2:
„Hat der Verantwortliche die personenbezogenen Daten öffentlich gemacht und ist er gemäß Absatz 1 zu deren Löschung verpflichtet, so trifft er unter Berücksichtigung der verfügbaren Technologie und der Implementierungskosten angemessene Maßnahmen, auch technischer Art, um für die Datenverarbeitung Verantwortliche, die die personenbezogenen Daten verarbeiten, darüber zu informieren, dass eine betroffene Person von ihnen die Löschung aller Links zu diesen personenbezogenen Daten oder von Kopien oder Replikationen dieser personenbezogenen Daten verlangt hat.“
In Deutschland ist das Recht auf Vergessen zusätzlich in § 35 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geregelt. Darin wird auf Art. 17 der DSGVO Bezug genommen.
Wann steht mir dieses Recht zu?
Ein Recht auf Löschung besteht immer dann, wenn die betroffenen Rechte des Einzelnen auf Löschung andere möglicherweise betroffenen Interessen überwiegt. Für die Löschung streitet in der Regel das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, dass auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung umfasst. Das bedeutet, jeder kann bestimmen, welche Informationen er über sich Preis gibt. Als sog. „Unternehmenspersönlichkeitsrecht“ besteht dieses auch für Unternehmer. Dazu kommt das Recht am eigenen Bild aus dem Urheberrecht.
Weiterhin können im Einzelfall auch noch andere Rechte relevant werden, etwa das Recht auf Resozialisierung verurteilter Straftäter. Diese können nach einer gewissen Zeit einen Anspruch darauf haben, dass eine geringfügige Verfehlung sie nicht für den Rest ihres Lebens verfolgt. Grundsätzlich gilt: Je sensibler die Daten und je länger der Vorfall her ist, desto gewichtiger sind die Rechte des Einzelnen zu bewerten.
Im Gegensatz dazu kann aber das Interesse der Gesellschaft auf Information stehen. Denn vor allem bei seriöser journalistischer Berichterstattung über Themen von öffentlichem Interesse können die Rechte des Einzelnen zurückstehen. Beide Positionen sind hier in Einklang zu bringen. Dabei ist entscheidend häufig, wie lange die Geschehnisse her sind. Aber auch die Betreiber von Suchmaschinen können sich ihrerseits auf ihre Kommunikationsfreiheit sowie ihre Berufsfreiheit berufen.
Wie mache ich meine Rechte geltend?
95% der geltend gemachten Ansprüche auf Löschung richten sich gegen Google als Marktführer im Bereich der Suchmaschinen. Google verfügt über ein Antragsformular zur Entfernung personenbezogener Daten.
Kommt Google einer Anfrage nicht nach, bleibt die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche. Die nationalen Fachgerichte müssen dabei die widerstreitenden Grundrechte bereits beachten. Gegen ihre Urteile kommt eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Betracht. Nationale Gerichte können zudem Fragen zur Auslegung an den EuGH richten.
Wie wird das technisch umgesetzt?
Google bekommt jährlich über eine Milliarde Löschanträge weltweit. Knapp die Hälfte davon wird statistisch gesehen gelöscht. Wo dann was gelöscht werden muss, ist streitig. Nach einem Urteil des EuGH aus dem Jahr 2019 ist Google aufgrund nationaler Gerichtsurteile nicht verpflichtet, die entsprechenden Einträge weltweit zu löschen. Vielmehr müssen die Inhalte nur in dem jeweiligen Herkunftsland gelöscht werden.
Dabei wird die sogenannte „Geoblocking“-Technik eingesetzt. Dabei wird die IP-Adresse des Nutzers ermittelt und anschließend automatisiert länderspezifisch bestimmte Inhalte unterdrückt. Greift man von einem anderen Land aus zu, wären die Inhalte also weiterhin zu finden.
Problematisch bei der Umsetzung ist vor allem die rasend schnelle Verbreitung von Informationen und die freie Verfügbarkeit von Daten und Bildern. Da jeder Nutzer Bilder frei kopieren und anschließend veröffentlichen kann, ist eine vollkommene Löschung aus dem Internet ab einem gewissen Grad an Popularität kaum zu vermeiden. Dem Betroffenen bleibt dann nur, Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche auch gegen Private geltend zu machen.
Was bedeutet die neue Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts?
Im November 2019 hat das Bundesverfassungsgericht die berühmte „Recht auf Vergessen II“-Entscheidung verkündet. Diese ist vor allem deshalb in juristischen Kreisen schnell berühmt geworden, weil das BVerfG darin erstmals direkt europäische Grundrechte aus der EU-Grundrechtecharta und der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) heranzieht und unmittelbar selbst anwendet. Damit schwingt das Gericht sich zur Überprüfung des Europarechts in eigener Kompetenz auf.
Vorher war nationaler Gerichtsschutz nur möglich, wenn diese mittelbar bei der Auslegung betroffen waren. Um einen direkten Verstoß geltend zu machen, mussten Bürger zuvor geltend machen, dass die Verfassung in ihrer Identität verletzt ist, das absolute Grundrechtsschutzniveau absinkt oder die Union gegen ihre Kompetenzen verstößt. Das ist nun nicht mehr erforderlich. Das genaue Verhältnis von Grundgesetz und europäischem Verfassungsrecht ist aber weiter stark umstritten.
Was besagt das Google Spain Urteil?
Dem sogenannten „Google Spain Urteil“ lag das Verfahren eines spanischen Bürgers zugrunde, der sich gegen Google Spain und Google Inc. mit der Begründung wandte, ein bei Eingabe seines Namens erscheinender Bericht über finanzielle Schwierigkeiten aus dem Jahr 1998 stelle einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorgaben dar. Seiner Ansicht nach sei der Bericht inhaltlich zwar zutreffend, allerdings die Verlinkung des Jahre zurückliegenden Sachverhalts durch Google datenschutzwidrig.
Nach Ansicht des EuGH ist im Ergebnis zu prüfen, ob die betroffene Person ein Recht darauf hat, dass die Information über sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr durch eine Ergebnisliste, die im Anschluss an eine anhand ihres Namens durchgeführte Suche angezeigt wird, mit ihrem Namen in Verbindung gebracht wird. Die Feststellung eines solchen Rechts setzt indes nicht voraus, dass der betroffenen Person durch die Einbeziehung der betreffenden Information in die Ergebnisliste ein Schaden entsteht.
Hinsichtlich der Abwägung zwischen Geheimhaltungsinteresse und Öffentlichkeitsinteresse ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Anonymitätsinteressen des Betroffenen grundsätzlich dem wirtschaftlichen Interesse des Suchmaschinenbetreibers und auch gegenüber dem Interesse der Öffentlichkeit daran, die Information bei einer anhand des Namens der betroffenen Person durchgeführten Suche zu finden, überwiegen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die betreffende Person im öffentlichen Leben steht und daher das Informationsinteresse doch überwiegt.
Im konkreten Fall kommt der EuGH zum Schluss, dass an der Veröffentlichung von 16 Jahre alten Anzeigen eher kein öffentliches Interesse bestehen kann und die Beiträge daher zu löschen sind.