Google muss Verfasser negativer Bewertungen offenlegen

Nicht ganz so anonyme Bewertungsseiten

Online-Bewertungen ermöglichen Kunden und Arbeitnehmern, ihre Erfahrungen öffentlich zu teilen – nicht immer positiv. Problematisch wird es für Unternehmer, wenn rufschädigende oder Falschaussagen anonym verbreitet werden. Doch diese Anonymität ist nicht absolut: Ein aktuelles Urteil des LG München zeigt, dass Plattformbetreiber unter Umständen Nutzerdaten herausgeben müssen.

Veröffentlicht am: 25.02.2025
Von: Lennard Neumann
Qualifikation: Wissenschaftlicher Mitarbeiter
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Immer häufiger müssen Unternehmer gerichtlich gegen negative Onlinebewertungen vorgehen, was sich jedoch oft als schwierig erweist. Viele Bewertungsplattformen setzen nämlich auf die Anonymität ihrer Nutzer, wodurch eine Nachvollziehbarkeit für die Unternehmen nahezu unmöglich wird. Eine dieser Plattformen ist auf Arbeitgeberbewertungen spezialisiert: Auf Kununu können (ehemalige) Arbeitnehmer anonym ihre Erfahrungen im Unternehmen teilen. Dies stellt für viele Arbeitgeber ein Problem dar. Schnell kommt es unter dem Deckmantel der Anonymität zu rufschädigenden Falschbehauptungen. Ein aktuelles Urteil des Landgerichts München zeigt jedoch, dass ein Vorgehen gegen solche Falschbehauptungen auf Kununu möglich ist – und dass sogar Google unter bestimmten Umständen den anonymen Verfasser offenlegen muss (LG München, Beschluss vom 19.02.2025, Az. 25 O 9210/24).

Entlassung von älteren Arbeitnehmern und Umweltrechtsverstoß?

Das klagende Unternehmen erhielt über einen längeren Zeitraum mehrere negative Bewertungen auf Kununu. Besonders in den Fokus fielen dabei zwei Kommentare, in denen dem Unternehmen Verstöße gegen geltende Umweltvorschriften sowie die sachgrundlose Kündigung älterer Arbeitnehmer vorgeworfen wurden.

Diese Einträge waren für den Arbeitgeber nicht nur im Hinblick auf eine potenzielle Rufschädigung besorgniserregend, sondern auch strafrechtlich relevant. Der Verfasser habe sich nach §§ 185, 186 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar gemacht, weshalb das Unternehmen rechtliche Schritte einleiten wolle. Allerdings war die Identität des Verfassers unbekannt. Zwar fiel der Verdacht auf eine ehemalige Arbeitnehmerin, doch fehlte zu diesem Zeitpunkt ein Nachweis. Diesen Nachweis sollte nun Kununu liefern. Der betroffene Arbeitgeber leitete ein Auskunftsverfahren gegen den Plattformbetreiber ein, um die Bestandsdaten des Verfassers zu erhalten – jedoch ohne Erfolg. Kununu verfügte lediglich über eine E-Mail-Adresse, die von einem bekannten E-Mail-Dienst aus dem Hause Google stammte. Eine Identitätsfeststellung war damit nicht möglich.

Nun soll Google offenlegen

Da Kununu keine ausreichenden Informationen bereitstellen konnte, wandte sich der Arbeitgeber an Google und leitete ein Auskunftsverfahren zur Erlangung der Bestandsdaten des E-Mail-Adressen-Inhabers ein. Doch auch dieser Versuch blieb zunächst erfolglos. Google bestritt seine Verpflichtung zur Offenlegung der Daten auf Grundlage des Datenschutzrecht.

Davon ließ sich das LG München allerdings nicht überzeugen. Stattdessen sei Google als Anbieter digitaler Dienste unter Umständen sehr wohl zur Herausgabe von Bestandsdaten verpflichtet. Insbesondere in diesem Fall bestehe nicht nur ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an einem zivilrechtlichen Vorgehen gegen den Verfasser, auch sei es durchaus möglich, dass der Verfasser die Straftatbestände der §§ 185, 186 StGB erfüllt habe.

Mittelgroßer Erfolg für Unternehmer

Wie bereits frühere Urteile zeigten, macht auch die Entscheidung des LG München deutlich, dass nicht jede Online-Bewertung hingenommen werden muss. Google ist nun verpflichtet, die Bestandsdaten des Nutzers offenzulegen. Auskunftsersuchen gegen Plattformbetreiber oder nachgelagerte Anbieter sowie Löschungsanträge sind bei besonders schädigenden Aussagen immer eine Option.

Dennoch sollten beide Verfahren nicht unterschätzt werden. Besonders Google erwies sich in der Vergangenheit in diesen Fällen als wenig kooperativ. Der Anbieter verweigert in aller Regel nicht nur die Offenlegung von Nutzerdaten, sondern gibt auch Löschungsanträgen meist erst nach langen Gerichtsverfahren statt. Wer eine Google-Bewertung löschen lassen möchte, sollte daher anwaltliche Hilfe hinzuziehen.