Zugewinngemeinschaft – Ratgeber für Verheiratete
Ehe, Scheidung und Erbe im gesetzlichen Güterstand
Wer in Deutschland heiratet, landet regelmäßig in der Zugewinngemeinschaft. Dieser gesetzliche Güterstand regelt Vermögensfragen und bringt für Ehepartner Verpflichtungen, Einschränkungen, Risiken aber auch Chancen – vor allem wenn die Ehe geschieden wird. Was man zur Zugewinngemeinschaft wissen sollte und wie man sie im Hinblick auf Ehe und Scheidung gestalten kann, verraten Ihnen unsere Fachanwälte für Familienrecht im folgenden Beitrag.
- Was ist die Zugewinngemeinschaft und wann gilt sie?
- Die Zugewinngemeinschaft während der Ehe
- Der Zugewinnausgleich bei Scheidung der Ehe
- Das Erbrecht des Ehegatten im gesetzlichen Güterstand
- Änderung der Zugewinngemeinschaft durch Ehevertrag
- FAQ Zugewinngemeinschaft
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Heiraten in der Zugewinngemeinschaft
Rechtsanwalt Bernfried Rose klärt in diesem Video die Irrtümer rund um die Zugewinngemeinschaft auf und stellt dar, was sich mit der Heirat im gesetzlichen Gütertand ändert.
Alle Details zu den Konsequenzen der Heirat finden Sie hier: Folgen der Eheschließung (Recht & Steuern)
1. Was ist die Zugewinngemeinschaft und wann gilt sie?
Die Zugewinngemeinschaft ist der sogenannte „Regelgüterstand“ des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Das bedeutet, dass er immer dann gilt, wenn nicht durch einen Ehevertrag ein anderer Güterstand – also Gütertrennung oder Gütergemeinschaft – vereinbart wurde.
Der Güterstand betrifft das Vermögen der Eheleute. Anders als der Name es vielleicht vermuten lässt, ist die Zugewinngemeinschaft aber keine Vermögensgemeinschaft der Ehegatten. Durch die Heirat vermischen sich die Vermögensmassen der Ehepartner nicht und auch während der Ehe erwirbt jeder Ehegatte weiteres Vermögen in der Regel für sich als Alleineigentümer. Die Eheleute leben also während der Zugewinngemeinschaft wie in einer Gütertrennung. Der wesentliche Unterschied zur Gütertrennung besteht jedoch darin, dass bei Beendigung der Ehe ein Zugewinnausgleich erfolgt.
§ 1363 BGB - Zugewinngemeinschaft
(1) Die Ehegatten leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn sie nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbaren.
(2) Das jeweilige Vermögen der Ehegatten wird nicht deren gemeinschaftliches Vermögen; dies gilt auch für Vermögen, das ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt. Der Zugewinn, den die Ehegatten in der Ehe erzielen, wird jedoch ausgeglichen, wenn die Zugewinngemeinschaft endet.
Entsprechend gilt auch, dass durch die Zugewinngemeinschaft keine Mithaftung eines Ehegatten für die Schulden des anderen Ehegatten eintritt. Es muss daher nicht in einem Ehevertrag Gütertrennung vereinbart werden, um eine Inanspruchnahme von Gläubigern für Verbindlichkeiten des Ehepartners zu verhindern.
2. Die Zugewinngemeinschaft während der Ehe
Mit der Heirat im Güterstand der Zugewinngemeinschaft ändern sich die Befugnisse der Ehegatten hinsichtlich des Vermögens.
a. Verfügung über Haushaltsgegenstände
In der Zugewinngemeinschaft benötigen Sie die Zustimmung Ihres Ehepartners, wenn Sie Haushaltsgegenstände verkaufen oder verschenken wollen. Das gilt auch dann, wenn Ihnen diese Haushaltsgegenstände allein gehören. Unter "Haushaltsgegenständen" versteht das Gesetz alle Dinge, die der gemeinsamen Lebensführung dienen. Hierzu gehören Möbel und Haushaltsgeräte ebenso wie ein Auto, das gemeinsam genutzt wird oder auch ein Hund, der nicht nur einen Ehepartner als Herrchen oder Frauchen hat.
§ 1369 BGB Verfügungen über Haushaltsgegenstände
(1) Ein Ehegatte kann über ihm gehörende Gegenstände des ehelichen Haushalts nur verfügen und sich zu einer solchen Verfügung auch nur verpflichten, wenn der andere Ehegatte einwilligt.
(2) Das Familiengericht kann auf Antrag des Ehegatten die Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzen, wenn dieser sie ohne ausreichenden Grund verweigert oder durch Krankheit oder Abwesenheit verhindert ist, eine Erklärung abzugeben.
b. Verfügungen über das Vermögen als Ganzes
In der Zugewinngemeinschaft benötigt ein Ehegatte die Zustimmung des anderen, wenn er über sein Vermögen als Ganzes verfügen will. Praxisrelevant ist diese Vorschrift nur dadurch, dass sie auch auf die Fälle angewendet wird, in denen ein Ehepartner über sein ganz überwiegendes Vermögen (85-90 Prozent) verfügt. Wird also etwa eine Immobilie oder ein Unternehmen verkauft oder verschenkt, das einen solchen ganz überwiegenden Anteil am Vermögen darstellt, bedarf es der Mitwirkung des Ehemannes bzw. der Ehefrau.
Sinn der Regelung ist der Schutz der wirtschaftlichen Existenz der Familie und auch die Erwartung eines Ehegatten auf einen etwaigen Zugewinnausgleich bei einer möglichen Beendigung der Ehe durch Scheidung.
§ 1365 BGB - Verfügung über Vermögen im Ganzen
(1) Ein Ehegatte kann sich nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Hat er sich ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet, so kann er die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt.
(2) Entspricht das Rechtsgeschäft den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung, so kann das Familiengericht auf Antrag des Ehegatten die Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzen, wenn dieser sie ohne ausreichenden Grund verweigert oder durch Krankheit oder Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.
3. Der Zugewinnausgleich bei Scheidung der Ehe
Bei der Beendigung der Ehe durch eine rechtskräftige Scheidung wird regelmäßig ein Zugewinnausgleich durchgeführt. Im Ergebnis soll derjenige, der während der Ehe weniger Vermögen hinzugewonnen hat als der andere, nach der Ehescheidung einen Ausgleich bekommen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass ein Weniger beim Vermögensaufbau eines Ehegatten durch dessen Mehr bei der Haushaltsführung und Kinderbetreuung kompensiert wird.
Berechnet wird der Anspruch auf Zugewinnausgleich durch einen Vergleich des jeweiligen Anfangsvermögens zum Zeitpunkt der Heirat mit dem Endvermögen bei der Scheidung. Derjenige mit dem größeren Vermögensgewinn schuldet dem anderen die Hälfte dieser Differenz als Zugewinnausgleich.
4. Das Erbrecht des Ehegatten im gesetzlichen Güterstand
Verstirbt eine verheiratete Person, gehört der Ehegatte stets zu den gesetzlichen Erben und ist (im Falle einer Enterbung) auch pflichtteilsberechtigt. Die Höhe der gesetzlichen Erbquote hängt dabei vor allem vom Güterstand ab. Im Falle der Zugewinngemeinschaft sieht die Erbfolge wie folgt aus:
- Das gewöhnliche Erbrecht des Ehegatten beträgt gemäß § 1931 BGB ein Viertel, wenn neben ihm noch Kinder oder Enkel (Abkömmlinge, Erben 1. Ordnung) erben. Kommen stattdessen Eltern, Großeltern, Geschwister, Neffen/Nichten (Erben 2. Ordnung) als Erben zum Zuge, erbt der Ehegatte die Hälfte. Und gibt es weder Erben der 2. Ordnung, noch Großeltern, ist der Ehegatte Alleinerbe.
- Die Erhöhung der Erbquote bei Zugewinngemeinschaft gemäß § 1371 BGB beträgt pauschal ein Viertel - unabhängig vom tatsächlichen Zugewinn.
Bei einem großen Zugewinn des verstorbenen Ehegatten, kann es sinnvoll sein, dass statt des pauschalen Zugewinnausgleichs der konkret berechnete Zugewinnausgleich gefordert wird. Hierzu muss er allerdings die Erbschaft ausschlagen. Neben dem Zugewinnausgleich bleibt dem Ehegatten bei dieser "güterrechtlichen Lösung" noch der "kleine Pflichtteil". Da die Anfechtung grundsätzlich innerhalb von 6 Wochen erfolgen muss und häufig nur schwer einzuschätzen ist, ob die güterrechtliche Lösung wirtschaftlich attraktiver ist als die erbrechtliche Lösung, sollte man sich möglichst schnell einen Überblick verschaffen und gegebenenfalls Beratung suchen.
5. Änderung der Zugewinngemeinschaft durch Ehevertrag
Durch einen notariellen Ehevertrag kann der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen oder modifiziert werden.
a. Wahl der Gütertrennung oder der Gütergemeinschaft
Vor der Eheschließung oder auch während der Ehe kann die Zugewinngemeinschaft dadurch ausgeschlossen werden, dass die Eheleute sich auf einen alternativen Güterstand einigen. In Betracht kommen:
- Gütertrennung
- Gütergemeinschaft
- Deutsch-französische Wahl-Zugewinngemeinschaft
Praxisrelevant ist vor allem der Güterstand der Gütertrennung. Er führt dazu, dass es bei Beendigung der Ehe kein Zugewinnausgleich stattfindet und war früher häufig Bestandteil von Eheverträgen von Unternehmern. Außerdem verschieben sich bei der Gütertrennung die Erbquoten und Pflichtteil der Angehörigen.
b. Modifizierter Güterstand
Der Eingriff in den Güterstand durch die Vereinbarung der Gütertrennung hat vor allem einen steuerlichen Nachteil: Wird die Ehe nicht durch Scheidung, sondern durch den Tod eines Ehegatten beendet, kann im Falle der Zugewinngemeinschaft der überlebende Ehegatte den Zugewinnausgleich durchführen, und zwar gemäß § 5 ErbStG, ohne dass dieser der Erbschaftsteuer unterliegt.
Daher haben sich Eheverträge durchgesetzt, die lediglich den Zugewinnausgleich für den Fall der Scheidung modifizieren. Eine solche modifizierte Zugewinngemeinschaft kann schlicht so aussehen, dass der Zugewinnausgleich für den Fall der Scheidung vollständig ausgeschlossen ist. Denkbar sind aber auch Gestaltungen, in denen einzelne Vermögenswerte wie Unternehmensanteile oder Immobilien bei der Ermittlung des Zugewinns unberücksichtigt bleiben oder der Zugewinn betragsmäßig gedeckelt ist.
Welche der zahlreichen Möglichkeiten zur Modifizierung der Zugewinngemeinschaft in Ihrem Fall geboten ist, hängt von der konkreten familiären und wirtschaftlichen Situation ab und muss im Zusammenhang mit anderen Regelungen des Ehevertrags, vor allem zum Versorgungsausgleich und zum nachehelichen Unterhalt betrachtet werden. Das gilt insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Unwirksamkeit des Ehevertrags wegen Sittenwidrigkeit. Diesbezüglich kann man aber sagen, dass Eingriffe in den Güterstand isoliert gesehen vergleichsweise unproblematisch sind.
FAQ Zugewinngemeinschaft
Schnelle Antworten auf häufige Fragen
Vermischen sich bei der Zugewinngmeinschaft die Vermögen der Eheleute?
Bei der Heirat im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft vermischen sich die Vermögensmassen der Ehegatten nicht. Wie bei der Gütertrennung bleibt jeder Alleineigentümer seines Vermögens. Allerdings gibt es bei Beendigung der Ehe einen Zugewinnausgleich hinsichtlich des während der Ehe jeweils erworbenen Vermögens.
Haftet man bei der Zugewinngemeinschaft für die Schulden des Ehepartners?
Bei der Zugewinngemeinschaft vermischen sich mit der Heirat die Vermögen der Ehegatten nicht. Entsprechend findet auch keine Schuldmitübernahme bzw. Haftung für Verbindlichkeiten statt. Auch bei neu aufgenommenen Darlehen gibt es keine automatische Mit-Haftung des Ehegatten.
Was ist eine modifizierte Zugewinngemeinschaft?
Eine modifizierte Zugewinngemeinschaft entsteht durch eine ehevertragliche Änderung des gesetzlichen Güterstandes, die in der Regel die Scheidungsfolgen modifiziert, indem der Zugewinnausgleich (nur für den Scheidungsfall) ausgeschlossen oder beschränkt wird. Anders als bei der Vereinbarung der Gütertrennung bleibt es aber im Grundsatz beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft - insbesondere bei der Auflösung der Ehe durch Tod oder Beendigung des Güterstands durch Ehevertrag.