Gesetzliches Widerrufsrecht des Maklerkunden
Widerruf des Maklervertrages gegenüber dem Immobilienmakler
Der Kauf einer Immobilie will gut überlegt sein – und manchmal überlegt man es sich in letzter Sekunde doch anders. Wer einen Immobilienmakler beauftragt um eine Immobilie zu finden, kann sich in vielen Fällen auf ein Widerrufsrecht berufen und den Vertrag ohne weitere Angabe von Gründen widerrufen. Dies wird insbesondere dann interessant, wenn man die Immobilie aus einem Maklerexpose ohne Beteiligung des Maklers kaufen will oder den Makler wechseln will. Das Widerrufsrecht ist übrigens keinesfalls auf Immobilienmakler beschränkt. So kann auch der Unternehmensverkäufer mittels des Widerrufsrechts grundsätzlich den Vertrag mit einem Unternehmensmakler (M&A Berater) widerrufen. Welche Voraussetzungen beim Widerruf beachtet werden müssen und wann ein Widerrufsrecht ausscheidet, erläutern wir im folgenden Text.
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Das gesetzliche Widerrufsrecht
Das deutsche Recht sieht ein Widerrufsrecht nach den Vorgaben der europäischen Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU) in gewissen Konstellationen vor, in denen der Verbraucher aus unterschiedlichen Gründen besonders schutzwürdig ist. Es greift nur, wenn sich ein Verbraucher und ein Unternehmer gegenüberstehen und einer der gesetzlichen Widerrufsgründe greift.
Während bis zu einer Reform der zugrundeliegenden europarechtlichen Grundlage im Jahr 2014 streitig war, ob auch Maklerverträge unter die Widerrufsvorschriften fallen, geht dies nunmehr unmittelbar aus der Begründung der Richtlinie hervor.
Dabei ist es irrelevant, welche Art von Unternehmer dem Verbraucher gegenübersteht, solange dieser im weiteren Sinne unternehmerisch tätig wird. Das Widerrufsrecht greift daher für alle bekannten Arten von Maklern, etwa Unternehmensmakler, M&A-Makler oder M&A-Berater.
Unter den Begriff des Verbrauchers fällt übrigens jeder, der nicht überwiegend (+50%) im Rahmen seiner gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit tätig wird.
Gesetzliche Widerrufsgründe
Für einen Maklervertrag bestehen dann gesetzliche Widerrufsrechte, wenn der Verbraucher beim Vertragsschluss buchstäblich „überrumpelt“ wird. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen den typischen Konstellationen des Fernabsatzgeschäfts und des Haustürgeschäfts.
Das Fernabsatzgeschäft
Ein Widerrufsrecht steht dem Verbraucher einerseits dann zu, wenn der Maklervertrag ohne gleichzeitige Anwesenheit beider Parteien zustande kommt: Ein sogenannter Fernabsatzvertrag liegt gemäß § 312 c BGB vor, wenn für die Verhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet wurden, also zwischen dem Makler und dem Verbraucher kein unmittelbarer realer Kontakt bestand. Dazu gehört insbesondere der Vertragsschluss per Email oder Kontaktformular, Telefon, Fax, Brief, SMS oder ähnlichem.
Knackpunkt ist hier häufig, wann genau der Vertrag unter den jeweiligen Umständen des Einzelfalles zustande gekommen ist. Häufig wird nämlich später ein persönliches Treffen zwischen Auftraggeber und Makler stattfinden. Lag zu diesem Zeitpunkt der Vertragsschluss schon vor und wird dieser anschließend lediglich bestätigt, entsteht auch das Widerrufsrecht. Wird aber per Telefon oder Email ein lediglich unverbindliches persönliches Treffen vereinbart, bei welchem der Vertrag zustande kommt, gibt es für den Betroffenen kein Widerrufsrecht.
Das Haustürgeschäft
Ein Widerrufsrecht steht dem Auftraggeber aber andererseits auch dann zu, wenn er den Maklervertrag an einem Ort abschließt, der nicht zu den Geschäftsräumen des Maklers gehört: Unter das sogenannte Haustürgeschäft fallen Vertragsschlüsse
- in der Wohnung des Auftraggebers,
- bei einer Wohnungsbesichtigung oder
- im zu verkaufenden Haus des Auftraggebers.
In Abgrenzung zum Fernabsatzvertrag sind hier zwar beide Parteien beim Vertragsschluss räumlich anwesend, aber die Umstände des Vertragsschlusses sind dennoch geeignet, den Auftraggeber zu überrumpeln.
Ordnungsgemäßer Widerruf
Um schließlich wirksam widerrufen zu können, muss der Verbraucher gewisse Formvorschriften und eine Widerrufsfrist einhalten.
Mündlich, per Mail oder schriftlich – die Form des Widerrufs
Seit der Reform 2014 kann der Widerruf grundsätzlich formfrei, also auch mündlich erfolgen. Aus Beweisgründen ist aber unbedingt ein schriftlicher Widerruf bzw. sogar ein Widerruf per Einwurfeinschreiben oder sogar per Gerichtsvollzieher zu empfehlen. Aber auch ein Widerruf per Email ist möglich.
Wichtig ist aber, dass aus der Erklärung des Verbrauchers unter den Gesamtumständen eindeutig hervorgeht, dass er den Vertrag widerrufen möchte – und dass er nicht etwa Gewährleistungsrechte wegen Mangelhaftigkeit der Leistung geltend machen möchte. Dafür muss der Begriff „Widerruf“ nicht unbedingt fallen. Es genügt, dass der Verbraucher ausdrücklich erklärt, den Vertrag nicht mehr gelten lassen zu wollen.
Widerrufsfrist beachten
Die Widerrufsfrist regelt § 356 des BGB. Grundsätzlich muss der Widerruf binnen zwei Wochen (14 Tagen) ab Abschluss des Vertrages erklärt werden. Ausnahmen bestehen dann, wenn der Verbraucher nicht oder nicht hinreichend von dem Unternehmer über sein gesetzliches Widerrufsrecht belehrt wurde.
Informationspflicht des Maklers
Der Unternehmer ist verpflichtet, den Verbraucher beim Abschluss des Vertrages hinreichend über das ihm zustehende Widerrufsrecht zu belehren. Dabei muss die Belehrung nicht nur inhaltlich richtig und umfassend, sondern auch verständlich sein. Hierfür stellt das Bundesministerium für Verbraucherschutz auf seiner Internetseite Musterbelehrungen zur Verfügung.
Die Belehrung muss dem Auftraggeber schließlich auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden, also in Form etwa eines Briefes, Telefax oder einer Email, sodass er diese aufbewahren und abspeichern kann.
Verlängerte Frist bei fehlerhafter Belehrung
Ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft oder unvollständig oder unterbleibt sie komplett, beträgt die Widerrufsfrist für den Verbraucher 1 Jahr und 14 Tage ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
Belehrt der Unternehmer den Verbraucher zwar vollständig, aber erst nachträglich über seine Rechte, beginnt das 14-tägige Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht mit dem Vertragsschluss, sondern erst mit der Belehrung. Es erlischt aber spätestens nach der obigen Höchstfrist von 1 Jahr und 14 Tagen.
Rechtsfolgen des Widerrufs
Werden die obigen Vorschriften beachtet, wird durch die Erklärung des Widerrus der Maklervertrag aufgehoben. Selbst wenn ein Kaufvertrag zustande gekommen ist, schuldet der Auftraggeber dem Makler dann keine Provision.
Völlig leer geht der Makler aber auch dann nicht aus. Denn für den von ihm bisher erbrachten Aufwand kann der Makler Wertersatz verlangen. Dieser kann je nach den Umständen des Einzelfalls von einer anteiligen Vergütung bis hin zur vollständigen vereinbarten Maklerprovision reichen.
Achtung: Einen Anspruch auf Wertersatz hat der Makler aber nur, wenn er den Verbraucher hierüber ordnungsgemäß belehrt hat! Daher sollte der Makler unbedingt sicherstellen, dass seine Belehrungen rechtsfehlerfrei sind.
Verzicht bei Wunsch nach sofortigem Tätigwerden
Das Widerrufsrecht kann von den Parteien vertraglich eingeschränkt werden. § 356 Absatz 4 BGB sieht vor, dass das Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Makler noch vor Ablauf der Widerrufsfrist erlischt, wenn der Verbraucher seine eindeutige Zustimmung zum unmittelbaren Tätigwerden des Maklers gegeben hat und darüber hinaus seine Kenntnis von dem folglichen Erlöschen des Widerrufsrechts erklärt hat. Eine Formulierung dürfte etwa so aussehen:
„Ich bin einverstanden und verlange ausdrücklich, dass Sie vor Ende der Widerrufsfrist mit der Maklertätigkeit beginnen.
Mir ist bekannt, dass ich dann bei vollständiger Vertragserfüllung durch Sie mein Widerrufsrecht verliere.
____________________
Unterschrift“
Hat der Kunde eine solche Erklärung unterzeichnet, steht dem Makler bei vollständiger Vermittlung eines Kaufvertrages auch dann eine volle Provision zu, wenn der Auftraggeber den Vertrag ansonsten ordnungsgemäß widerruft.
Die Maklerklauseln im Kaufvertrag
In der Praxis zeigt sich, dass – selbst wenn der Maklervertrag rechtmäßig abgeschlossen wurde – eine Klausel im notariellen Kaufvertrag zur zusätzlichen Absicherung des Provisionsanspruchs des Maklers sinnvoll und nicht unüblich ist. Dabei wird zwischen zwei Arten von Klauseln unterschieden:
- Die deklaratorische Maklerklausel
Bei der deklaratorischen Maklerklausel wird im Kaufvertrag selbst kein Provisionsanspruch begründet. Sie dokumentiert vielmehr, dass der Immobilienmakler den Kaufvertrag vermittelt hat und hat somit lediglich Beweisfunktion. Als Formulierung kommt etwa folgende in Betracht:
"Der Käufer (oder: Der Verkäufer) bestätigt, dass dieser Vertrag durch Vermittlung des Maklers ... zustande gekommen ist und dass dem Makler aus der mit ihm getroffenen Vereinbarung eine Maklerprovision in Höhe von ... € zusteht."
- Die konstitutive Maklerklausel
Die konstitutive Maklerklausel begünstigt den Makler direkt. Es handelt sich bei dem Kaufvertrag dann um einen Vertrag zugunsten Dritter, bei dem der Immobilienmakler ein unmittelbares eigenes Forderungsrecht aus dem Kaufvertrag gegen den Auftraggeber hat. Optional kann sogar direkt eine Vollstreckungsklausel eingearbeitet werden. Eine übliche Formulierung lautet etwa wie folgt:
"Dieser Vertrag kam durch Vermittlung des Maklers ... zustande. Der Käufer erkennt - ohne seine Verpflichtungen aus dem Maklervertrag zu erweitern oder auf Einreden zu verzichten - an, dem genannten Makler eine Provision in Höhe von ... des Kaufpreises zzgl. Umsatzsteuer in der Weise zu schulden, dass durch diese Verpflichtung des Käufers gegenüber dem Verkäufer ein eigenes Forderungsrecht des Maklers begründet wird (§ 328 BGB). Eine Übernahme von Verpflichtungen des Verkäufers liegt hierin nicht.“
Verlust des Widerrufsrechts bei der Maklerklausel?
Die Maklerklauseln können erhebliche rechtliche Auswirkungen auf das aus dem Maklervertrag hergeleitete Widerrufsrecht des Auftraggebers haben.
Im Fall der konstitutiven Maklerklausel ist das Widerrufsrecht aus dem Maklervertrag in vielen Fällen faktisch aufgehoben. Denn dem Provisionsanspruch aus dem Kaufvertrag können Einwendungen, so etwa das Erlöschen des Maklervertrages, grundsätzlich nicht entgegengehalten werden. Selbst wenn der Auftraggeber also widerruft, steht dem Makler jedenfalls die Provision aus dem Kaufvertrag zu.
Die Rechtsfolgen auf das Widerrufsrecht bei der deklaratorischen Widerrufsklausel sind höchstrichterlich noch nicht geklärt. Das Landgericht Limburg urteilte zwar (Urteil vom 08.11.2017, Az. 3 S 29/16), dass in der deklaratorischen Klausel auch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis liege mit der Folge, dass Einwände rechtlicher und tatsächlicher Natur ausgeschlossen sind. Darunter falle auch das Widerrufsrecht mit der Folge, dass auch bei einer deklaratorischen Widerrufsklausel das Widerrufsrecht des Auftraggebers erlischt.
Etwas anders sieht dies das Landgericht Hamburg (Urteil vom 17.05.2018, Az. 301 O 211/17), das den Widerruf einer Provisionsvereinbarung trotz deklaratorischer Maklerklausel für zulässig erachtete – im konkreten Einzelfall das Widerrufsrecht aber dennoch verneinte. Begründung: Der Widerruf sei treuwidrig, wenn der Betroffene sich stets seiner vertraglichen Provisionsverpflichtung bewusst war und lediglich unter Ausnutzung einer formalen Rechtsposition widerruft.
Aus Verbrauchersicht ist diese Rechtsprechung sehr nachteilig, da in der Praxis sehr häufig deklaratorische Widerrufsrechte in Notarverträge aufgenommen werden. Aus unserer Sicht bestehen erhebliche Zweifel daran, ob tatsächlich durch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis gesetzlich zwingend bestehende Verbraucherrechte im Ergebnis unterlaufen werden können.
Extra Widerrufsrecht bei konstitutiver Maklerklausel!
Obwohl die deklaratorische Maklerklausel dem Makler vermeintlich große Sicherheit bietet, sollte sie niemals die alleinige Grundlage des Provisionsanspruchs sein. Denn hier droht ein eigenes, neues Widerrufsrecht zugunsten des Verbrauchers in folgenden Konstellationen.
Zwar ist der Kaufvertrag, anders als der Maklervertrag, häufig ein Vertrag zwischen zwei Verbrauchern. Wird durch die deklaratorische Maklerklausel nun als Dritter ein Unternehmer durch den Vertrag unmittelbar begünstigt, entsteht dadurch aber mittelbar ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher – mit der Folge, dass eine Widerrufsbelehrung erforderlich werden kann, wenn einer der oben genannten Widerrufsgründe besteht.