Erbschaftsteuern und Schenkungsteuern bei deutsch-britischem Erbfall
Vermeidung der Doppelbesteuerung – Großbritannien/Deutschland
Zwischen Deutschland und Großbritannien gibt es kein Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer. Dieser Beitrag gibt einen Überblick darüber, in welchen Fällen eine doppelte Besteuerung droht und was für Möglichkeiten es gibt, diese zu vermeiden.
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Steuerpflicht in Deutschland - Wann erhebt Deutschland Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer?
a. Unbeschränkte Steuerpflicht
In Deutschland tritt die unbeschränkte Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerpflicht ein, wenn entweder der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker bei Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer ein Inländer ist. Inländer ist, wer in Deutschland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Aber auch deutsche Staatsangehörige, die nicht länger als fünf Jahre im Ausland gelebt haben und diejenigen, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, gelten als Inländer.
b. Beschränkte Steuerpflicht
Beschränkte Steuerpflicht besteht in Deutschland, wenn Inlandsvermögen nach § 121 BewG besteht. Das betrifft insbesondere Grundstücke und inländisches Betriebsvermögen.
c. Erweitert beschränkte Steuerpflicht
Darüber hinaus regelt § 4 Außensteuergesetz („AStG“) die erweitert beschränkte Steuerpflicht. Diese tritt ein, wenn der Erblasser oder Schenker innerhalb der letzten zehn Jahre vor seinem Wegzug aus Deutschland in ein Niedrigsteuergebiet mindestens fünf Jahre als Deutscher unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war und (weiterhin) wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland hat.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird von der deutschen Steuerpflicht (über das Inlandsvermögen hinaus) auch das erweiterte Inlandsvermögen erfasst. Dazu zählen z.B. inländisches Bankguthaben und bewegliche Wirtschaftsgüter, die sich im Inland befinden.
Die erweitert beschränkte Steuerpflicht entfällt, wenn nachgewiesen wird, dass im Ausland für die Teile des Erwerbs, die der beschränkten Steuerpflicht unterliegen, eine der deutschen Erbschaftsteuer entsprechende Steuer zu entrichten ist, die mindestens 30 % der deutschen Erbschaftsteuer beträgt.
Steuerpflicht in Großbritannien
In Großbritannien wird die Erbschaftsteuer auf der Grundlage des Inheritance Tax Act 1984 erhoben.
a. Unbeschränkte Steuerpflicht: Anknüpfung an das Domizil
Der Nachlass wird weltweit besteuert, wenn der Erblasser sein Domizil („domicile“) zum Zeitpunkt seines Todes im Vereinigten Königreich hatte. Der englische Begriff „domicile“ ist dabei nicht mit dem „Wohnsitz“ nach § 8 AO gleichzusetzen, sondern weiter zu verstehen. Der Hauptwohnsitz ist aber ein wichtiges Indiz für die Ermittlung des domiciles. Das britische Recht unterscheidet zwischen dem „domicile of origin“ und „domicile of choice“.
Das „domicile of origin“ haben alle Personen, die in Großbritannien geboren sind, während das „domicile of choice“ die Personen haben, die nach Großbritannien gezogen sind und bei denen nicht der Wunsch erkennbar ist, Großbritannien wieder zu verlassen.
Zusätzlich gibt es den Status „deemed domicile“, wonach eine Person als in Großbritannien ansässig behandelt wird, wenn sie dort entweder 15 der letzten 20 Jahre gelebt hat oder ihren ständigen Wohnsitz zu irgendeinem Zeitpunkt in den letzten drei Jahren des Lebens in Großbritannien hatte.
Auf den Erwerber (Erben, Vermächtnisnehmer) kommt es dagegen nicht an.
b. Beschränkte Steuerpflicht
Ohne domicile im Vereinigten Königreich werden nur die Vermögensgegenstände besteuert, die sich in Großbritannien befinden, wozu insbesondere Grundvermögen zählt.
c. Steuerlast in Großbritannien
Sofern die Voraussetzungen der unbeschränkten Steuerpflicht vorliegen, wird die gesamte Erbmasse besteuert. Im Gegensatz zum deutschen Erbschaftsteuerrecht gibt es keine individuellen Steuerfreibeträge der Empfänger, sondern nur einen einheitlichen Freibetrag in Höhe von 325.000 GBP. Der Steuersatz beträgt 40 %.
Für Ehegattenerwerbe und Erwerbe des eingetragenen Lebenspartners gibt es eine Steuerbefreiung.
d. Schenkungen
Nach dem Inheritance Tax Act 1984 ist Gegenstand der Besteuerung der unentgeltliche und nicht steuerbefreite Vermögensübergang (chargable transfer). Darunter fallen auch Schenkungen unter Lebenden. Eine Besteuerung erfolgt aber nur, wenn der Schenker innerhalb von sieben Jahren nach der Schenkung verstirbt. In diesem Fall wird die Schenkung bei der Berechnung der Erbschaftsteuer berücksichtigt und es erfolgt so eine Nachversteuerung.
Doppelbesteuerung droht
Aufgrund der jeweiligen nationalen Regelungen kann es zu einer Doppelbesteuerung in Großbritannien und Deutschland kommen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Erblasser einen Wohnsitz in Deutschland hat und ihm ein vermietets Grundstück in Großbritannien gehört oder wenn die Erben des dauerhaft in Großbritannien ansässigen Erblassers ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.
Zwischen Großbritannien und Deutschland gibt es kein Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer. Die doppelte Besteuerung kann daher nur durch nationale Regelungen vermieden bzw. reduziert werden.
Vermeidung der Doppelbesteuerung
a. Nach deutschem Recht
Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung rechnet Deutschland auf Antrag gemäß § 21 ErbStG die ausländische Steuer auf die deutsche Erbschaftsteuer an. Voraussetzung dafür ist, dass es sich um eine der deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuer entsprechende Steuer handelt und diese im Ausland festgesetzt sowie gezahlt worden ist, und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegt. Bei der britischen Nachlasssteuer handelt es sich um eine der deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuer entsprechende Steuer.
Darüber hinaus ist die ausländische Steuer nur anrechenbar, wenn die deutsche Erbschaftsteuer für das Auslandsvermögen innerhalb von fünf Jahren seit dem Zeitpunkt der Entstehung der ausländischen Erbschaftsteuer entstanden ist. Die Frist gilt auch dann, wenn die deutsche Steuer zuerst entstanden ist.
Infolge der Anrechnung setzt sich der jeweils höhere Steuersatz durch.
Der Umfang der anzurechnenden ausländischen Steuern richtet sich danach, ob der Erblasser Inländer war oder nicht.
b. Nach britischem Recht
Auch das britische Recht sieht auf Antrag eine Anrechnung einer im Ausland festgesetzten und gezahlten Steuer vor, wenn sie der englischen Steuer entspricht oder durch den Tod ausgelöst wird.
c. Sonderfall: Trust
Bei einem Trust (Treuhandvermögen) handelt es sich um ein beliebtes Instrument der Nachfolgeplanung im gesamten durch das englische Recht geprägten Raum. Dabei überträgt der Errichter (Treuhand-)Vermögen auf einen Treuhänder, mit der Bestimmung, dieses für den Begünstigten treuhänderisch zu verwalten. Abhängig vom Zweck kann die Ausgestaltung sehr unterschiedlich sein.
Ein Ziel ist unter anderem, durch den Trust Steuern zu sparen. So wird in einen Trust eingebrachtes, ausländisches Vermögen durch eine nicht in Großbritannien domizilierte Person zu keiner Zeit der britischen Nachlasssteuer unterworfen.
Allerdings sind bei Vermögensübertragungen auf einen Trust die deutschen Steuerfolgen zu berücksichtigen. Die Vermögensübertragung auf einen Trust kann zu einem erb- oder schenkungsteuerpflichtigen Vorgang führen, wenn dadurch eine „Verselbständigung des Vermögens“ erfolgt. Das ist der Fall, wenn der Errichter des Trusts bestimmt hat, dass die Verwalter des Trusts das Vermögen im Interesse der später Begünstigten verwalten und auf diese im Rahmen einer sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Vermögensnachfolge übertragen sollen.
Es kommt dabei auf die konkreten Vereinbarungen und Regelungen der beteiligten Personen an.
Beispiel
Der Erblasser ist 6 Jahre vor seinem Tod mit Bleibeabsicht nach Großbritannien gezogen. Er vererbt ein Grundstück in Deutschland und Barvermögen in Großbritannien. Seine Erbin (Tochter) wohnt in Deutschland.
Lösung: Der Erblasser ist in Großbritannien unbeschränkt steuerpflichtig (domicile of choice). Daher fällt dort nach Abzug des Freibetrags eine Nachlasssteuer von 40 % auf das weltweite Vermögen an. Weil die Erbin in Deutschland wohnt, tritt auch in Deutschland die unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht ein. Es droht daher eine Doppelbesteuerung.
Auf Antrag kann die in Großbritannien gezahlten Steuer auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet werden. Weil der Erblasser kein Inländer ist, kann die Tochter die Steuern auf alle Vermögensgegenstände anrechnen, die nicht Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG darstellen. Das deutsche Grundstück stellt Inlandvermögen dar. Es ist im Ergebnis eine Anrechnung der britischen Steuer auf das Barvermögen in Großbritannien möglich.
Hinsichtlich des in Deutschland gelegenen Grundstücks kann die Erbin einen Antrag in Großbritannien auf Anrechnung der deutschen auf die britische Steuer stellen.
FAQ - Erbschaftsteuern und Schenkungsteuern bei deutsch-britischem Erbfall
Muss immer eine Erbschaftsteuererklärung abgegeben werden?
Nein. Das Finanzamt entscheidet, ob es nach der Anzeige des Erbes eine Erbschaftsteuererklärung anfordert. Das Erbe muss aber dem Finanzamt angezeigt werden.
Ich habe nicht innerhalb von drei Monaten das Erbe angezeigt. Was nun?
Wird die Frist nicht eingehalten, muss mit besonderer Vorsicht vorgegangen werden. Je nach Konstellation muss zur Strafvermeidung eine Selbstanzeige eingereicht werden.
Gibt es zwischen Deutschland und Großbritannien ein Doppelbesteuerungsabkommen?
Auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer gibt es kein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Großbritannien.
Wie wird eine doppelte Besteuerung vermieden?
Die doppelte Besteuerung kann nur durch nationale Regelungen (Anrechnung der ausländischen Steuer) vermieden werden. Dafür muss ein Antrag gestellt werden.
Löst die Errichtung eines Trusts oder die Vermögensübertragung auf einen Trust Schenkung- oder Erbschaftsteuer aus?
Ja, wenn eine „Verselbständigung des Vermögens“ vorliegt und der Vorgang in Deutschland steuerbar ist. Das ist der Fall, wenn entweder der Errichter unbeschränkt steuerpflichtig ist oder wenn er Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG auf den Trust überträgt.