Auskunfts- Informations- und Fragerecht des Aktionärs
Informationsrechte innerhalb und außerhalb der Hauptversammlung
Der Aktionär ist aus Sicht des Gesetzgebers ein Kapitalgeber, der zusammen mit einer Vielzahl anderer Kapitalgeber der Gesellschaft das für die Unternehmung erforderliche Kapital zur Verfügung stellt. Der einzelne Aktionär ist einer unter vielen. Vor diesem Hintergrund und zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Geschäftsleitung (Vorstand / Aufsichtsrat) hat der Gesetzgeber den (einzelnen) Aktionär nur mit rudimentären Auskunftsrechten und anderen Informationsmöglichkeiten ausgestattet. Anders als der Gesellschafter einer GmbH kann ein Aktionär nicht jederzeit Auskunft über die Angelegenheit der Gesellschaft vom Vorstand fordern.
Diese eingeschränkten Informationsmöglichkeiten sind besonders misslich, wenn es sich bei der betreffenden Aktiengesellschaft nicht um die vom Gesetzgeber ins Auge gefasste große Publikumsgesellschaft, sondern um eine Gesellschaft mit wenigen, unter Umständen sogar mitarbeitenden Aktionären handelt. In einem Aktionärsstreit (Gesellschafterstreit) ist ein Aktionär, wenn er sich zuvor vertraglich nicht anderweitig abgesichert hat, informationslos und in seiner Handlungsfähigkeit mithin arg eingeschränkt.
Anwaltliche Expertise im Bereich Information des Aktionärs
Unser hochqualifiziertes und spezialisiertes Team von Rechtsanwälten und Fachanwälten für Gesellschaftsrecht berät Sie zu allen Fragen betreffend die Informationsmöglichkeiten des Aktionärs, schnell und kompetent. Das Beratungsspektrum unserer Aktienrechtler lässt sich wie folgt beschreiben:
- Strategische Beratung zur Wahrnehmung von Auskunftsrechten und anderen Informationsmöglichkeiten, sowohl zur Abwehr durch den Vorstand als auch zur Durchsetzung durch den Aktionär
- Außergerichtliche und gerichtliche Durchsetzung von Informationsansprüchen / Abwehr von Informationsansprüchen
- Beratung zum Auskunftsrecht im Vorfeld von Hauptversammlungen
- Gerichtliche Durchsetzung des Auskunftsrechts
- Gerichtliche Geltendmachung von Mängeln von Hauptversammlungsbeschlüssen wegen Verletzung des Auskunftsrechts (Aktionärsklage)
- Außergerichtliche und gerichtliche Durchsetzung / Abwehr von Sonderprüfungsanträgen
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Informationssystem des Aktienrechts
Im Ausgangspunkt offeriert das Aktienrecht den Aktionären vielgestaltige Informationsmöglichkeiten. Diese lassen sich in vier Richtungen differenzieren:
- nach dem Nachfrager und Empfänger der Information - alle Aktionäre / einzelner Aktionär,
- nach dem Informationszeitpunkt - periodisch / aperiodisch,
- nach der Art und Weise der Erlangung der Information - aktiv / passiv
- nach der zeitlichen Ausrichtung der Information – vorher / nachher
Das Aktiengesetz und die angrenzenden Regelungsmaterien fokussieren das individuelle und periodische Auskunftsrecht des einzelnen Aktionärs in der Hauptversammlung (§ 131 AktG), die kollektiven Informationsrechte im Zusammenhang mit einzelnen geschäftsführenden Entscheidungen der Hauptversammlung sowie die periodischen und aperiodischen Pflichtveröffentlichungen der Gesellschaft als zentrale Informationsquellen der Aktionäre.
Auskunftsrecht und Fragerecht in der Hauptversammlung
Jeder einzelne Aktionär kann in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen (§ 131 AktG). Voraussetzung ist und dies ist eine ganz wesentliche Einschränkung des Auskunftsrechts, dass die vom Aktionär begehrte Auskunft zur sachgemäßen Beurteilung eines konkreten Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist. Auskünfte können mithin nur zu Gegenständen der Tagesordnung verlangt werden.
In der Praxis wirkt sich dies in der ordentlichen Hauptversammlung dahingehend aus, dass die Fragen sich jedenfalls in zeitlicher Hinsicht fast ausschließlich auf das vorangegangene Geschäftsjahr beziehen – die gewöhnlichen Tagesordnungspunkte Jahresabschluss und Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat betreffen vor allem das vorangegangene Geschäftsjahr.
Der Vorstand darf rechtmäßig begehrte Auskünfte grundsätzlich nicht verweigern. Einige wenige Ausnahmen von diesem Grundsatz nennt § 131 Abs. 2 AktG. Ein praxisrelevanter Grund für eine (zulässige) Auskunftsverweigerung ist die Gefahr eines nicht unerheblichen Nachteils der Auskunftserteilung für die Gesellschaft oder ein mit dieser verbundenes Unternehmen.
Verweigert der Vorstand eine Auskunft, so entscheidet auf Antrag eines Aktionärs das Gericht über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung. Der Aktionär kann sein Auskunftsrecht insofern durch Klage durchsetzen.
Anzumerken ist, dass das Auskunftsrecht bzw. eine verweigerte oder unvollständige Auskunft der wohl am häufigsten von Aktionären bemühte Beschlussmangel für Klagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse ist.
Ablauf und Verlauf der Hauptversammlung (Video)
In unserem Video erklärten wir Ihnen den typischen Verlauf einer Hauptversammlung - von der Einlasskontrolle über die Generaldebatte bis zur Veröffentlichung des Protokolls der Hauptversammlung.
Anlassbezogene Publizitätspflichten der AG
Das Aktienrecht überantwortet dem Vorstand allein die Führung der Geschäfte der Gesellschaft (verbunden mit der alleinigen schadensersatzrechtlichen Verantwortlichkeit). Nur in Ausnahmefällen kommen dem Aufsichtsrat und supplementär den Aktionären eine Mitentscheidungskompetenz in Geschäftsführungsangelegenheit zu.
Zu den Ausnahmefällen zählen insbesondere Maßnahmen und Entscheidungen in kapitalmaßnahmerechtlichen, konzernrechtlichen, übernahmerechtlichen und umwandlungsrechtlichen Sachverhalten. Die Gesellschaft ist in solchen Sachverhalten verpflichtet, den Aktionären vorab zur Entscheidung der Hauptversammlung in umfassender Weise Informationen zur Verfügung zu stellen, welche dem Aktionär eine informierte Entscheidung bei der Ausübung seines Stimmrechts ermöglichen sollen.
Daneben gibt es eine Reihe weiterer Informationspflichten der Gesellschaft, welche (auch) den Aktionären zugutekommen. Beispielhaft zu nennen sind die Mitteilungspflichten in den Gesellschaftsblättern (zumeist Bundesanzeiger) über wesentliche Beteiligungen / Beteiligungshöhen betreffend die Gesellschaft nach § 20 AktG.
Rechnungslegung der AG
Die allgemeinen handelsrechtlichen Publizitätspflichten - namentlich die in den §§ 325 ff. HGB geregelten Informationspflichten - richten sich neben den Gläubigern und potentiellen Aktionären (Anleger) auch an die Aktionäre der Gesellschaft. So geben Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang sowie die ergänzenden Berichte der Verwaltung den Aktionären Einblick in wesentliche Aspekte der Rechnungslegung der Gesellschaft.
Sonderprüfungen und Bestellung von Sonderprüfern
Eine besondere Rolle im aktienrechtlichen Informationssystem nimmt die Sonderprüfung ein. Sie erlaubt dem Aktionär in Ergänzung zum Auskunftsrecht eine aperiodische Aufklärung beliebiger Sachverhalte der Geschäftsleitung: jüngere und ältere Sachverhalte, ebenso wie einfache und komplexe Vorgänge. Vor allem stellt die Sonderprüfung dem Aktionär – von Vorstand und Aufsichtsrat - ungefilterte Informationen zur Verfügung und ist mithin eine effektive Kontrolle der Verwaltung.
Sonderprüfungen werden durch einen Beschluss der Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit initiiert. Der Beschluss bedarf keiner besonderen Begründung. Zudem bedarf es auch keiner weiteren Voraussetzungen. Mit dem Beschluss zur Sonderprüfung wird ein externer Sachverständiger, der Sonderprüfer, zur Untersuchung konkret benannter Maßnahmen der Geschäftsführung bestellt. Der Sachverständige, der je nach Prüfungsauftrag zumeist ein Rechtsanwalt und/oder Wirtschaftsprüfer ist, hat im Rahmen seiner Prüfung umfangreiche Einsichts- und Auskunftsreche gegenüber Vorstand und Aufsichtsrat. Am Ende der Sonderprüfung steht ein Sonderprüfungsbericht, der allen Aktionären zugänglich zu machen ist.
Lehnt die Hauptversammlung einen Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern ab, so können Minderheitsaktionäre, deren Anteile bei Antragstellung zusammen den hundertsten Teil des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von 100.000 Euro erreichen, bei Gericht die Bestellung von Sonderprüfern beantragen. Voraussetzung ist indes - und dies ist eine wesentliche Einschränkung - dass Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei dem zu prüfenden Vorgang Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung vorgekommen sind.
Neben der allgemeinen Sonderprüfung (§ 142 AktG) sieht das Gesetz spezielle Sonderprüfungen für bilanzrechtliche (§ 258 AktG) und konzernrechtliche (§ 315 AktG) Sachverhalte vor.
Die Sonderprüfung ist die Basis für sich anschließende Verfahren. Dazu gehören die Bestellung eines besonderen Vertreters ( § 147 AktG) und das Klagezulassungsverfahren (§ 148 AktG). Beide Verfahren dienen der Geltendmachung von Haftungsansprüchen gegen Vorstand und Aufsichtsrat.
Aktionär, Kapitalmarktinformationen und Haftung
Aktionäre börsennotierter Gesellschaften profitieren in einem weiten Umfang von den gesteigerten kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten. So sind die Gesellschaften aufgrund gesetzlicher Regelungen (v.a. Wertpapierhandelsgesetz WpHG, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz WpÜG) oder spezieller börsenrechtlicher Regularien z.B. verpflichtet, gegenüber der Öffentlichkeit / Anlegerpublikum und mithin auch gegenüber den Aktionären, in engeren zeitlichen Abständen Rechnung zu legen (Halbjahresberichte, Quartalsberichte), über Insidergeschäfte und andere besondere Ereignisse gesondert zu berichten. Eine fehlerhafte Informationsgabe führt zur Haftung der verantwortlichen Personen, hier vor allem des Vorstandes der AG