Samenspende - Rechtslage und Beratung
Unterhalt, Vaterschaft, Beratungsbescheinigung
Für viele ist eine Samenspende (Insemination) der letzte Weg zu einem eigenen Kind. Seit Juli 2018 regelt ein Gesetz die rechtlichen Konsequenzen. Dennoch es gibt weiterhin Unsicherheiten im Familienrecht und Erbrecht - vor allem rund um die Themen Vaterschaft und Unterhalt. Wie ist die Rechtslage in Deutschland und was muss man wissen, bevor man Samenspender oder Empfänger/in wird?
Wer ist bei der Samenspende Vater des Kindes?
Die zentrale Rechtsfrage bei der Samenspende betrifft die Abstammung. Wer ist eigentlich Vater der Vater?
a. Die Vaterschaft im Abstammungsrecht
Das deutsche Abstammungsrecht spricht demjenigen die Vaterschaft zu,
- der zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet ist,
- der die Vaterschaft anerkannt hat oder
- dessen Vaterschaft gerichtlich anhand eines Vaterschaftstest festgestellt worden ist.
b. Der Samenspender als rechtlicher Vater?
Hat die Empfängerin der Samenspende keinen Partner, der die Vaterschaft anerkennt, kommt zunächst nur der Samenspender als rechtlicher Vater in Betracht. Er kann seine Vaterschaft gegebenenfalls gerichtlich feststellen lassen.
Wurde das Kind indes durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von§ 1a Nr. 9 TPG unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SaRegG zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater des Kindes festgestellt werden. Ist die Kindesmutter verheiratet, wird ihr Ehemann Vater des Kindes (§ 1592 Nr. 1 BGB) und kann, wenn er der Zeugung mittels künstlicher Befruchtung zugestimmt hat, diese Vaterschaft nicht mehr anfechten. Und zwar unabhängig davon, dass er genetisch nicht der Vater des Kindes ist (§ 1600 Abs. 4 BGB). Das gilt gleichermaßen auch für die Kindesmutter.
Aber auch bei verheirateten Ehepaaren kann sich die Lage ändern. Erfährt das Kind später von seiner Zeugung durch Samenspende, kann es die bis dahin bestehende rechtliche Vaterschaft anfechten. Das ist übrigens auch noch zwei Jahre ab Volljährigkeit möglich. Keinesfalls aber kann der Samenspender in diesem Fall als Vater durch Gerichtsbeschluss festgestellt werden, § 1600d Abs. 4 BGB verbietet das.
Der Samenspender kann also NICHT als Vater festgestellt werden, wenn
- die Zeugung durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung unter heterologer Verwendung von Samen durchgeführt wurde,
- die Behandlung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nr. 9 TPG stattfand und
- der Samen erst nach dem 1. Juli 2018 verwendet wurde
Wie anonym bleibt der Samenspender?
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1989 entschieden, dass es zu den grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechten eines Menschen gehört, seine genetische Herkunft zu kennen. Ein durch Samenspende gezeugtes Kind hat demnach die Möglichkeit, den Namen seines biologischen Vaters durch die gerichtliche Geltendmachung seines Auskunftsanspruches zu erfahren - selbst wenn der Arzt, die Mutter oder die Samenbank an den Spender die Zusage gemacht hat, seinen Namen geheim zu halten. Das Interesse des Spenders an einer Geheimhaltung tritt ebenso wie die ärztliche Schweigepflicht hinter das Recht des Kindes zurück.
Eine Anonymität ist seit Einführung des Samenspenderregisters im Jahr 2018 nicht mehr zulässig. Das Kind selbst hat ab dem 16. Geburtstag einen eigenen Auskunftsanspruch auf die dort in Bezug auf den Samenspender hinterlegten Daten. Diese Daten werden zentral im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte geführt. Es handelt sich zumindest um den Vor- und Nachnamen des Spenders, Geburtstag und -ort, Staatsangehörigkeit und Anschrift.
Unterhalt - Ansprüche gegen den Samenspender
Grundsätzlich gilt: Ist eine Vaterschaft im Rechtssinne festgestellt, muss dieser für den Unterhalt des Kindes aufkommen. Das gilt auch, wenn die Vaterschaft aufgrund der Zustimmung in die künstliche Befruchtung mit Fremdsamen nicht mehr selbst angefochten werden kann (§ 1600 Abs. 4 BGB).
Für Ansprüche gegen den Samenspender ist für Spenden vor und nach dem 1. Juli 2018 zu unterscheiden.
- Seit dem 1. Juli 2018 gilt das SaRegG, das Unterhaltsansprüche gegen Samenspender unter bestimmten Voraussetzungen ausschließt.
- Für Samenspenden vor dem 1. Juli 2018 gilt: Der Samenspender kann als Vater festgestellt werden (§ 46 zu Art 229 EGBGB). Denn die Ausschlussnorm des § 1600d Abs. 4 BGB gilt für vor der Gesetzesänderung verwendeten Samenspenden nicht. Es entstehen deshalb Unterhaltsansprüche. Die Ansprüche des Kindes können vertraglich weder von der Mutter noch von Arzt oder Samenbank ausgeschlossen werden. Die Mutter und deren Partner oder Partnerin können den Samenspender indes von dessen Verpflichtungen in einer Vereinbarung freistellen. Im Übrigen müssen auch bei heterologen Befruchtungen mittels Samenspende vor Inkrafttreten des SaRegG personenspezifische Daten gespeichert werden (110 Jahre), und zwar von den die künstliche Befruchtung durchführenden Einrichtungen.
Unterhalt - Ansprüche gegen den rechtlichen (nicht leiblichen) Vater
Der Partner der Empfängerin, der der Samenspende und Verwendung im Wege künstlicher Befruchtung zustimmt, muss sich der rechtlichen Konsequenzen bewusst sein. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied bereits 2017, dass ein Mann, der sein Einverständnis zu einer Fremdsamenspende erteilt, regelmäßig zugleich einen Vertrag zugunsten des Kindes mit der Mutter abschließt. Er ist danach zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet – auch, wenn sich die Umstände nachträglich ändern.
Eine Anfechtung der Vaterschaft ist weder durch die Mutter noch durch den rechtlichen Vater möglich, wenn ein Kind durch künstliche Befruchtung mit Willen beider Elternteile entstanden ist. Das gilt auch dann, wenn die Elternteile nicht verheiratet sind, so der BGH. Gesetzlich wird der Ehemann zum rechtlichen Vater – und bleibt das auch regelmäßig, da der genetische Vater (Samenspender) nicht als Vater festgestellt werden und er selbst seine Vaterschaft (§ 1592 Nr. 1 BGB) nicht mehr anfechten kann. Das Gleiche gilt bei einer Vaterschaft gemäß § 1592 Nr. 2 BGB und Zustimmung zur künstlichen Befruchtung mittel Samenspende (§ 1600 Abs. 4 BGB). Allein das Kind hat die Möglichkeit, die rechtliche Vaterschaft später anzufechten. Es hätte dann allerdings keinen Vater mehr, wodurch auch Ansprüche auf Elternunterhalt verhindert werden können.
Erbrecht & Pflichtteilsrecht
Kinder sind gesetzliche Erben ihrer Väter und gehören auch zum pflichtteilsberechtigten Personenkreis. Das gilt grundsätzlich unabhängig davon, wie die Vaterschaft rechtlich zustande gekommen ist. Für Samenspenden seit 2018 gilt aber das SaRegG, infolgedessen keine erbrechtlichen Ansprüche beim Erbfall des Samenspenders durchgesetzt werden können.
Erteilt der Partner der Empfängerin seine Einwilligung zu der Fremdsamenspende wird das Kind dadurch auch zum gesetzlichen Erben und Pflichtteilsberechtigten. Die Vaterschaft kann er nicht anfechten, wohl aber später das Kind - mit den entsprechenden erbrechtlichen Folgen.
Garantieperson als zweiter Elternteil
Viele Kinderwunschkliniken verweigern alleinstehenden Frauen, sich dort mittels künstlicher Befruchtung ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Diejenigen, die es ermöglichen, verlangen eine Garantieperson. Damit sollen eigene Risiken der Klinik, gegebenenfalls auf Unterhalt in Anspruch genommen zu werden, minimiert und zudem dem Kindeswohl Rechnung getragen werden. Denn ein Kind sollte zwei Elternteile haben, reduziert sich dies auf eine Elternstelle, könnte es bei deren Ausfall zu Nachteilen für das Kind kommen. Diese Nachteile sollen aus Sicht der Kliniken minimiert werden. Eine gesetzliche Grundlage für die Forderung besteht indes nicht.
Die Rechtslage bei der privaten Samenspende
Bei der privaten Samenspende gibt der Spender sein Sprema direkt an die Empfängerin, zum Beispiel mit der sogenannten Bechermethode. Solche privaten Samenspenden ohne Einschaltung von Samenbanken bzw. Kinderwunschkliniken unterliegen nicht dem Samenspenderregistergesetz und können zu Unterhaltsansprüchen, Erbrechten sowie Sorge -und Umgangsrechtsansprüchen führen.
Was ist das Samenspenderegister (Abstammungsregister seit 2018)
In Anbetracht der rechtlichen Unsicherheiten für alle Beteiligten wurde 2017 das "Gesetz zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen" verabschiedet. Es ist seit 1. Juli 2018 in Kraft. Auch eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist seitdem wirksam. Das neue Gesetz wurde flankiert durch das Gesetz zur Errichtung eines Samenspenderregisters und zur Regelung der Auskunftserteilung über den Spender nach heterologer Verwendung von Samen (SaRegG). Darin ist ein ausdrücklicher Auskunftsanspruch in Bezug auf Daten des Samenspenders für Kinder mit Abschluss des 16. Lebensjahres vorgesehen.
Für Samenspenden ab dem 1. Januar 2018 wurde insoweit ein Samenspenderegister angelegt, aus dem das Kind dann Auskunft erhält. Die Daten der Spender werden für 110 Jahre im Register gespeichert. Darüber hinaus wird die gerichtliche Feststellung einer rechtlichen Vaterschaft des Samensenders zukünftig ausgeschlossen. Diese Regelung soll nicht nur die Position des Samenspenders, sondern auch die der rechtlichen Väter schützen. Eine Geltendmachung von Unterhalts- oder Erbrechtsansprüchen ist dann ausgeschlossen. Allerdings gilt die neue Gesetzeslage nur für Samenspenden ab dem 1. Juli 2018. Für alle zuvor erfolgten Spender gilt die bisherige rechtliche Lage inklusive der Gefahr von Ansprüchen durch Kinder und Mütter.
Hier geht es direkt zum Register: Samenspender-Register (BfArM)
Keine Rechte des Samenspenders bei der Adoption?
Ob der Samenspender als leiblicher Vater einer anschließenden Adoptiondes Kindes durch den Ehepartner der leiblichen Mutter zustimmen muss, ist gesetzlich ausdrücklich nicht geregelt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung tendiert allerdings dazu, Rechte des Samenspenders in diesem Zusammenhang abzulehnen.
So entschied das Oberlandesgericht Nürnberg 2019, dass eine Adoption des Kindes ohne Zustimmung des Samenspenders möglich ist, wenn er jedenfalls kein Interesse an dem Kind zeigt und damit einen Verzicht auf seine Rechte als leiblicher Vater zum Ausdruck bringt.
FAQ Samenspende
Schnelle Antworten auf häufige Fragen
Wer gilt bei der Samenspende als Vater?
Auch bei der Samenspende gilt der Mann als Vater eines Kindes, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde. Seit 2018 kann der Samenspender selbst aber unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr als Vater festgestellt werden.
Was ist eine private Samenspende?
Bei einer privaten Samenspende wird der Samen direkt vom Spender an die Empfängerin gegeben, ohne dass eine Samenbank oder Kinderwunschklinik eingeschaltet wird. Bei der privaten Samenspende kann der Spender rechtlicher Vater werden - einschließlich Unterhaltspflicht.
Was ist eine Solo-Mutter?
Unter Solo-Mutter versteht man eine Frau, die mithilfe einer Samenbank oder einer privaten Samenspende ohne Partner ein Kind bekommt. Beim Vertragsschluss mit einer Kinderwunschklinik bzw. Samenbank benötigen Solomütter oft eine sogenannte Garantieperson.
Was ist eine Garantieperson?
Viele Single-Frauen mit Kinderwunsch (Solo-Mütter) müssen gegenüber Samenbanken und KInderwunschliniken den Nachweis einer Garantieperson erbringen, die sich vertraglich verpflichtet, gegebenenfalls Unterhaltszahlungen zu leisten.
Welcher Anwalt berät zur Rechtslage bei der Samenspende in Deutschland?
Die rechtlichen Fragen rund um die Samenspende gehören zum Abstammungsrecht, Unterhaltsrecht, Sorgerecht und Umgangsrecht. Daher ist der Fachanwalt für Familienrecht bei Samenspenden der richtige Ansprechpartner. Hinsichtlich der erbrechtlichen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Vaterschaft ergeben, hilft auch ein Fachanwalt für Erbrecht.