Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG)

Vermeidung von Fallstricken hinsichtlich der Umsatzsteuer

Bei der Übertragung eines Unternehmens sollte die Umsatzsteuer immer mitbedacht werden, da hier Fallstricke lauern. Je nach Konstellation kann dabei Umsatzsteuer anfallen, insbesondere wenn es sich beim Asset Deal nicht um eine sogenannte Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) handelt. Die Geschäftsveräußerung im Ganzen bietet bei der Übertragung von Unternehmen und Grundstücken entscheidende Vorteile, da die Übertragung dann keine Umsatzsteuer auslöst, während der Vorsteuerabzug aus Kosten anlässlich der Übertragung bestehen bleibt. In der Steuerklausel im Übertragungsvertrag sollte aber immer der Fall abgesichert sein, dass die Übertragung durch die Finanzverwaltung doch als steuerpflichtig angesehen wird. 

Wird das Vorliegen einer solchen GiG falsch beurteilt, kann dies für Käufer und/oder Verkäufer gravierende finanzielle Folgen haben. Um das zu vermeiden, sollten Sie frühzeitig einen erfahrenen Steuerberater oder Fachanwalt für Steuerrecht zu Rate ziehen. Auf dieser Seite erklären wir, worauf Sie als Verkäufer und Käufer bei einer Geschäftsveräußerung im Ganzen achten müssen und vor welchen Fallstricken Sie sich hüten sollten.

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Was ist eine Geschäftsveräußerungen im Ganzen (GiG)?

Von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) spricht man, wenn die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens oder eines gesondert geführten Betriebs an einen Unternehmer für dessen Unternehmen entweder entgeltlich oder unentgeltlich übertragen werden – vorausgesetzt, der Unternehmer führt den übertragenen Betrieb fort. Das Besondere an einer solchen Konstellation ist, dass diese gemäß § 1 Abs. 1a UStG (Umsatzsteuergesetz) nicht der Umsatzsteuer unterfällt. Da die GiG nicht steuerbar, nicht jedoch steuerfrei ist, bleibt der Vorsteuerabzug aus Transaktionskosten (z. B. M&A Beratungskosten) für den Verkäufer bestehen.

Nicht erforderlich für das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen ist, dass die Übertragung des Unternehmens oder des Grundstücks im Rahmen einer einzigen Übertragung vonstattengeht. Die Geschäftsveräußerung kann auch in mehreren zeitlich aufeinander folgenden Akten erfolgen, solange diese in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang erfolgen.

Wichtig zu beachten ist, dass Käufer und Verkäufer die Geschäftsveräußerung nicht einfach durch das Ausweisen einer Umsatzsteuer zu einer umsatzsteuerpflichtigen Transaktion machen können – es besteht also kein Wahlrecht.

Welche Voraussetzungen müssen für eine GiG erfüllt sein?

Damit eine Geschäftsveräußerung nicht der Umsatzsteuer unterliegt, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Übertragung wesentlicher Grundlagen eines Unternehmens bzw. gesondert geführten Betriebs

  2. Entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung

  3. Übertragung an einen Unternehmer für dessen Unternehmen

  4. Fortführung des übertragenen Unternehmens

Was im speziellen Fall als wesentliche Geschäftsgrundlage gilt, ist individuell im Zeitpunkt der Übertragung zu bestimmen. Um wesentliche Grundlagen handelt es sich aber grundsätzlich, wenn diese zur Unternehmensfortführung erforderlich sind (beispielsweise Betriebsgrundstück mit Maschinen).

Die Übertragung stellt eine GiG dar, sofern dem Unternehmer die Fortführung dieses spezifischen Teils als selbständiges umsatzsteuerliches Unternehmen möglich ist – unabhängig davon, ob der übertragene Betriebsteil auch beim Veräußerer schon ein selbständig organisierter Geschäftsteil war oder nicht (z. B. bei Übertragung nur einer von mehreren Vermietungsimmobilien).

Im Rahmen von § 1 Abs. 1a UStG werden auch unentgeltliche Geschäftsübertragungen erfasst, die also nicht zu einer Besteuerung von unentgeltlichen Wertabgaben führen.

Der Empfänger der Geschäftsveräußerung ist auch dann Unternehmer im Sinne des § 2 UStG, wenn erst durch den Erwerb selbst die Aufnahme seiner unternehmerischen Tätigkeit erfolgt.

Der übertragene Betrieb muss vom Erwerber so weitergeführt werden, wie zuvor durch den Veräußerer. Dies ist beispielsweise nicht der Fall, wenn eine vermietete Eigentumswohnung (ETW) übertragen wird und der empfangende Unternehmer die ETW nicht weiterhin vermietet, sondern selbst bewohnt oder für sein Gewerbe nutzt.

Rechtsfolgen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen?

Liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) vor, gilt die Veräußerung gemäß § 1 Abs. 1a UStG nicht als steuerbarer Umsatz, sodass keine Umsatzsteuer anfällt. Der Veräußernde muss demnach zuzüglich zum Kaufpreis keine Umsatzsteuer erheben und der Käufer auf der anderen Seite keinen Vorsteuerabzug geltend machen.

Außerdem tritt der Empfänger nach § 1 Abs. 1a S. 3 UStG in die umsatzsteuerliche Rechtsstellung des Veräußernden ein. Wichtig ist dies insbesondere im Hinblick auf gegebenenfalls erforderliche Vorsteuerberichtigungen gemäß § 15a UStG – auch der Berichtigungszeitraum bezüglich der Vorsteuer gilt beim Käufer fort. Damit der Erwerber auch tatsächlich in der Lage wäre, eine Vorsteuerkorrektur vorzunehmen, muss der Veräußernde ihm folgende Informationen zukommen lassen:

  • Bisherige Vorsteuerbeträge, für Anschaffung oder Herstellung

  • Zeitpunkt, an dem der Gegenstand das erste Mal verwendet wurde

  • Prozentsatz der vorsteuerunschädlichen Nutzung im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung

  • Die zugrunde gelegte Nutzungsdauer

Achtung vor Fallstricken bei der GiG

Wird das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung falsch beurteilt, bringt das regelmäßig ungewollte steuerliche Folgen und Risiken für alle Beteiligten mit sich.

Liegt entgegen der Annahme doch keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, schuldet der Verkäufer aus dem Verkauf die Umsatzsteuer. Achtung: Hat er vertraglich keine Möglichkeit, die Umsatzsteuer vom Käufer zu fordern, geht die Umsatzsteuer zu Lasten des Verkäufers! Aus diesem Grund ist eine vertragliche Steuerklausel von entscheidender Bedeutung.

Hat der Verkäufer fälschlicherweise – also obwohl eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt – im Vertrag oder der Rechnung eine Umsatzsteuer ausgewiesen, handelt es sich dabei um einen unrichtigen Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG. Dies hat zur Folge, dass der Käufer diese Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt schuldet, der Käufer aber hieraus keinen Vorsteuerabzug hat. Diese falsch ausgewiesene Umsatzsteuer kann gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG berichtigt werden. Wird keine Korrektur der Rechnung vorgenommen und zahlt der Käufer die geschuldete Umsatzsteuer auch nicht, haftet der Erwerber aufgrund der § 75 i.V.m. § 191 AO (Abgabenordnung) als Betriebsübernehmer.

Rechnung berichtigen nach § 14c UStG Mehr Informationen zur Rechnungskorrektur gemäß § 14c UStG finden Sie hier.

Zurückbehaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen

Grundsätzlich liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nur dann vor, wenn alle wesentliche Grundlagen eines Unternehmens oder eines Teilbetriebs übertragen werden.

Ausnahmsweise dürfen aber unter folgenden Voraussetzungen wesentliche Betriebsgrundlagen zurückbehalten werden. Werden bei der Geschäftsveräußerung im Ganzen wesentliche Betriebsgrundlagen (zum Beispiel das Betriebsgrundstück) vom Veräußerer zurückgehalten, muss er diese dem Erwerber zumindest langfristig so zur Verfügung stellen, dass eine Fortführung des Betriebs möglich ist – zum Beispiel im Rahmen einer Vermietung oder Verpachtung.

Sind diese Anforderungen erfüllt, handelt es sich immer noch um eine umsatzsteuerfreie Geschäftsveräußerung im Ganzen.

Beispiel: Eine Eisdiele wird veräußert und vom Erwerber wie zuvor vom Veräußerer fortgeführt. Das Grundstück, auf dem das Eisdielengebäude steht, wird jedoch vom Veräußerer zurückbehalten, aber gleichzeitig langfristig an den Erwerber vermietet.

Grundstücke in der GiG

Besondere Vorsicht sollte man bei der Geschäftsveräußerung in Verbindung mit der Übertragung eines Grundstücks walten lassen.

Wird lediglich ein einzelnes vermietetes Grundstück – aus einem größeren Immobilien-Portfolio – übertragen, kann dennoch eine umsatzsteuerfreie Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegen, vorausgesetzt der Erwerber führt den Mietvertrag langfristig fort. Ein einziges vermietetes Grundstück kann ein umsatzsteuerliches Unternehmen darstellen.

ACHTUNG: Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt nicht mehr vor, wenn noch vor dem Verkauf und der Übertragung des Grundstücks die Vermietung beendet wurde oder die Veräußerung an den bisherigen alleinigen Mieter erfolgt.

Ebenfalls scheidet eine Geschäftsveräußerung im Ganzen in dem Fall aus, wenn ein Bauträgerunternehmen ein Grundstück veräußert. In diesem Rahmen wird nämlich nicht das Bauträgerunternehmen vom Erwerber fortgeführt, sondern dieser wird regelmäßig ein (neues) Vermietungsunternehmen betreiben. Hier ist jedoch § 4 Nr. 9a) UStG zu beachten, demzufolge eine Umsatzsteuerpflicht dennoch entfallen kann.

Wird ein Grundstück jedoch steuerfrei und nicht als GiG veräußert, droht in diesem Zusammenhang auch eine anteilige Rückzahlung der Vorsteuern, welche beim Erwerb oder bei der Herstellung der Immobilie geltend gemacht wurden – sofern die Übertragung innerhalb der Zehn-Jahres-Frist gemäß § 15a UStG erfolgt.

Share Deal – Geschäftsübertragung per Anteilsübertragung

Von einem Share Deal spricht man, wenn ein Unternehmen durch den Verkauf der Unternehmensanteile (beispielsweise GmbH-Anteile) auf einen anderen übertragen wird – und nicht wie beim Asset Deal die einzelnen Wirtschaftsgüter des Unternehmens (beispielsweise Maschinen, Inventar, etc.) verkauft werden. Dabei handelt es sich regelmäßig nicht um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen.

Eine andere Beurteilung kann unter weiteren Voraussetzungen vorliegen, wenn eine bisherige umsatzsteuerliche Organträgerin (Führungsholding) die Anteile an einer Organgesellschaft an eine neue Organträgerin veräußert. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.

Asset Deal vs. Share Deal Alle Informationen rund um Asset und Share Deals finden Sie hier.

Fortführung des Unternehmens

Damit eine umsatzsteuerfreie Geschäftsveräußerung im Ganzen angenommen werden kann, muss der erwerbende Unternehmer das übertragene Unternehmen bzw. den gesonderten Betrieb langfristig fortführen. Auch in diesem Zusammenhang können Konflikte mit den Finanzbehörden entstehen, und es sollte im Vorhinein auf rechtliche Beratung zurückgegriffen werden.

Führt der Käufer das Unternehmen zwar langfristig fort, ändert aber wesentliche Geschäftsgrundlagen (zum Beispiel Umwandlung eines Hotels in ein Altersheim), kann die Finanzverwaltung die Ansicht vertreten, dass keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt, weil nicht die bisherige Geschäftstätigkeit fortgeführt wurde, sodass Umsatzsteuer geschuldet wird.

ABER: Der Erwerber muss das übernommene Geschäft nicht zwingend in komplett unveränderter Form fortführen. Er darf im Rahmen der Fortführung des Unternehmens sehr wohl Veränderungen vornehmen. Wichtig ist nur, dass der Kern des übertragenen Unternehmens erhalten bleibt.

Wird das übertragene Unternehmen allerdings direkt nach der Übernahme abgewickelt, liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, weil das Geschäft gar nicht fortgeführt wird.

FAQs - Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG)

Was ist eine Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG)?

Von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen spricht man, wenn ein Unternehmen oder ein gesonderter Betrieb inklusive seiner wesentlichen Grundlagen auf einen anderen Unternehmer übertragen und von diesem fortgeführt wird. Diese Konstellation unterliegt nicht der Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1a UStG).

Was passiert, wenn bei einer GiG fälschlich Umsatzsteuer ausgewiesen wird?

Wird irrtümlich Umsatzsteuer in der Rechnung ausgewiesen – obwohl eine umsatzsteuerfreie Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt –, schuldet der Verkäufer diese dem Finanzamt (§ 14c UStG), während der Käufer sie nicht als Vorsteuer abziehen darf. Die Rechnung muss dann korrigiert werden.

Gilt die GiG auch bei Grundstücksübertragungen?

Ja, ein vermietetes Grundstück kann im Rahmen der Geschäftsveräußerung im Ganzen als eigenständiges Unternehmen gelten.

ABER: Bei Eigenbedarf durch den Käufer oder vorzeitiger Beendigung der Vermietung entfällt der GiG-Status.

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