Pflichtteilsreduzierung mit einer Stiftung?

Die Möglichkeiten im Erbrecht und Stiftungsrecht

Veröffentlicht am: 29.03.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Die Möglichkeiten im Erbrecht und Stiftungsrecht

Ein Beitrag von Sybill Offergeld, Fachanwältin für Erbrecht und Familienrecht

Das deutsche Erbrecht sieht für die nächsten Verwandten ein Pflichtteil vor. Das heißt, Kinder, Ehegatten und (gegebenenfalls) Eltern steht die Hälfte des gesetzlichen Erbteils als Mindestanspruch vor, auch wenn der Erblasser sie in einer letztwilligen Verfügung enterbt.

Dies ist oft nicht gewünscht. Wenn das Verhältnis zu diesen nahen pflichtteilsberechtigten Verwandten nicht mehr besteht oder schlecht ist, ist es der Wille des Erblassers, auch den Pflichtteil auf ein Minimum zu reduzieren, möglich bis auf Null. Dass die Gründung einer Stiftung dieses Ziel erreichen kann, geistert als vermeintlich einfache Lösung durch Ratgeber und Seiten im Internet.

Was ist eine Stiftung überhaupt?

Die Stiftung ist eine rechtsfähige Organisation. Sie kann von ihrem Gründer losgelöst existieren. Als juristische Person kann die Stiftung Träger von Rechten und Pflichten sein. Insbesondere kann Vermögen auf sie übertragen werden.  Die Stiftung hat einen Vermögensstock und sie muss einen Zweck haben, der in der Satzung verbindlich festgelegt wird.

Neben den klassischen Stiftungen mit diesen genannten Merkmalen, gibt es im Stiftungsrecht auch besondere Spielarten, wie zum Beispiel die nicht rechtsfähige Treuhandstiftung oder auch die sogenannte Verbrauchsstiftung.

Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche

Das Vermögen des Erblassers kann in eine Stiftung eingebracht werden. Damit ist es nicht mehr Vermögen des Erblassers, es wird folglich nicht mehr vererbt. Pflichtteilsansprüche von Angehörigen beziehen sich dann nicht mehr auf diesen in die Stiftung eingebrachten Teil des Vermögens.

Es gibt aber noch einen weiteren gehenden Anspruch, den sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch: Voraussetzung eines Pflichtteilsergänzungsanspruch ist, dass der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor dem Todesfall ergänzungspflichtige Schenkungen gemacht hat.

Die Einbringung des Vermögens in die Stiftung wird erbrechtlich als Schenkung an die Stiftung gewertet. Pflichtteilsergänzungsansprüche des enterbten Verwandten würden also gegen die Erben und gegebenenfalls auch gegen die Stiftung entstehen. Sie schmelzen aber auch jährlich um 10% ab, im ersten Jahr werden 100% des Pflichtteils geschuldet, im zweiten nur noch 90%, im dritten nur noch 80%, usw., bis zehn Jahre nach der Schenkung kein Anspruch mehr besteht.

Ein Weg mit Hürden

So weit so gut – mit einer Stiftung können also grundsätzlich Erb- und Pflichtteilsansprüche reduziert werden. Die erfolgreiche Gründung einer Stiftung ist jedoch an strenge Voraussetzungen geknüpft. Diese hängen davon ab, ob etwa eine Familienstiftung einer Unternehmensstiftung oder eine gemeinnützige Stiftung entstehen soll.

Weniger komplex und und flexibler ist zum Beispiel der sogenannte Familienpool, der ebenfalls viele Möglichkeiten bei der Nachfolgegestaltung bietet. Die beste Absicherung gegen Pflichtteilsansprüche ist sicherlich der Pflichtteilsverzicht, der jedoch regelmäßig nur gegen Zahlung einer Abfindung vereinbart werden kann.

Neben den rechtlichen Aspekten sollten auch die steuerlichen Chancen und Risiken berücksichtigt werden. Bei einer guten Gestaltung können die Reduzierung von Pflichtteilen und die Reduzierung der Erbschaftsteuer Hand in Hand gehen.