Oma, ich will doch noch was!

Erbausschlagung ist nicht ohne weiteres rückgängig zu machen

Bei einer Erbschaft müssen sich die Beteiligten zunächst mal einen Überblick über Vermögenswerte und Schulden verschaffen. Eine vorschnelle Ausschlagung des Erbes kann ärgerlich sein.

Veröffentlicht am: 13.12.2024
Von: Uresa Rakaj
Qualifikation: Wissenschaftliche Mitarbeiterin
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Eine Erbschaft kann sich sowohl günstig als auch ungünstig auf das Vermögen der Erben auswirken. Ist der Erblasser verschuldet, gehen auch die Verbindlichkeiten auf den Erben über. Grund genug, um das Erbe bei Gefahr von Schulden auszuschlagen. Was ist nun aber, wenn man sich über das Erbe geirrt hat und auf Grundlage dieses Irrtums ausgeschlagen hat? Ob dann eine Anfechtung seiner Erklärung in Betracht kommt, musste kürzlich das Oberlandesgericht Zweibrücken entscheiden (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14.08.2024 – 8 W 102/23).

Omas Haus vergrößerte das Erbe

Erblasserin war eine 106-jährige Frau, welche ohne Testament verstarb. Gesetzliche Erben waren eine Enkelin und zwei Urenkel. Die Erblasserin lebte zuletzt in einem Seniorenpflegeheim, welches durch ein Darlehen finanziert worden war. Unter anderem wegen dieses Darlehens glaubte die Enkelin, der Nachlass sei verschuldet und schlug ihr Erbe daraufhin aus. Ein Fehler – wie sich später herausstellte.

Die zwei Urenkel schlugen ihren Teil des Erbes nicht aus. Sie verkauften daraufhin das Haus der Oma. Der Erlös aus dem Verkauf übertraf dabei alle Erwartungen: Nicht nur konnte das Darlehen vollständig beglichen werden, auch blieb für die Erben eine ordentliche Summe übrig. Und das war auch noch nicht alles. Es tauchte auch noch ein Sparkonto der Oma auf, welches ein vierstelliges Guthaben aufwies. 

Irrtum bei der Ausschlagung

Als die Enkelin von der zusammengekommenen Summe erfährt, fechtet sie ihre Ausschlagung an. Sie habe nichts vom Konto gewusst. Auch sei ihr der Wert des Hauses nicht bekannt gewesen. Damit unterliege sie unzutreffenden Vorstellungen über die Zusammensetzung des Nachlasses, die zur Anfechtung berechtigen. Mit dieser Begründung hatte die Enkelin zumindest Erfolg vor dem Nachlassgericht.

Einer der Urenkel sah dies allerdings ganz anders und legte Beschwerde gegen den Beschluss des Nachlassgerichtes ein. Zu Recht – entschied nun das OLG Zweibrücken. Zwar könne das Nichtwissen über einen Erbgegenstand, wie im vorliegenden Falle das Konto, grundsätzlich zu Anfechtung berechtigen, allerdings sei dieser Umstand für die Enkelin nicht kausal gewesen. Selbst, wenn sie vom Konto gewusst hätte, könne wegen des wirtschaftlich niedrigen Wertes nicht davon ausgegangen werden, dass sie das Erbe nicht ausgeschlagen hätte.

Anders wäre es gewesen, wenn sie Unkenntnis über das Haus im Nachlass gehabt hätte. Sie wusste allerdings vom Haus und irrte sich nur über seinen Verkaufswert. Dabei handelt es sich rechtlich um einen unbeachtlichen Irrtum hinsichtlich des Wertes des Nachlasses. Es fehle damit am Anfechtungsgrund.

Enkelin geht leer aus

Im Ergebnis konnte die Enkelin ihre Ausschlagung nicht mehr wirksam anfechten. Das Erbe bleibt demnach bei den Urenkeln. Dies zeigt, dass die Ausschlagung gut überlegt werden muss. Dafür ist gesetzlich eine Bedenkzeit von 6 Wochen vorgesehen. Auch muss sich vorab über den Nachlass und eventuelle alternative Möglichkeiten informiert werden.