Testament mit Nebenschrift statt Unterschrift?
Die Formvorschriften des § 2247 BGB
Beim eigenhändigen Testament kann einiges schiefgehen - nicht nur beim Inhalt, sondern auch hinsichtlich der Formvorschriften.
Bei handschriftlichen Testamenten kommt es immer wieder zum Streit um die Einhaltung der gesetzlichen Formvorschriften. Mit der Frage, wo genau eigentlich die Unterschrift beim letzten Willen platziert werden muss, setzte sich vor einigen Wochen das Oberlandesgericht München auseinander (OLG München, Beschluss vom 9. August 2024 - 33 Wx 115/24).
“Last Will and Testament”
In dem vom Gericht zu entscheidenden Fall war ein in Deutschland lebender Brite verstorben. Ein vermeintlicher testamentarischer Erbe beantragte beim Nachlassgericht ein Europäisches Nachlasszeugnis, welches das Erbrecht des Antragstellers und weiterer Personen enthalten sollte. Dabei berief er sich auf ein Schriftstück, das die maschinenschriftliche Überschrift “LAST WILL AND TESTAMENT for (Name des Erblassers)" hatte. Unter dieser Überschrift befand sich handschriftlich eine Auflistung von sechs Personen, jeweils mit Nennung verschiedener Prozentzahlen. Neben dieser Liste waren, ebenfalls handschriftlich, der Namenszug des Erblassers, Ort, Uhrzeit und Datum vermerkt. Die untere Blatthälfte war leer.
Unter den aufgelisteten Personen war auch der Sohn des Verstorbenen. Dieser widersprach jedoch beim Nachlassgericht dem Antrag. Er vertrat die Ansicht, es handele sich hier nicht um ein formgültiges Testament. Daher greife die gesetzliche Erbfolge, nach der er als Sohn Alleinerbe sei.
Nebenschrift ist keine Unterschrift
Da das Nachlassgericht sich der Auffassung des Sohnes nicht anschließen wollte, rief dieser das OLG München an, das ihm recht gab. Die Richter sahen in dem Schriftstück ebenfalls keine wirksame letztwillige Verfügung, weil die Formvorschriften des § 2247 BGB nicht eingehalten worden seien. Es fehle an der erforderlichen Unterschrift. Diese müsse der räumliche Abschluss einer Urkunde sein. Der Namenszug des Verfassers neben der Personenliste sei gerade kein solcher Abschluss. Ausnahmsweise könne es zwar genügen, “wenn die Unterschrift sich in einem solchen räumlichen Verhältnis und Zusammenhang mit dem Text befindet, dass sie die Erklärung nach der Verkehrsauffassung als abgeschlossen deckt.” Davon könne man aber nur bei Platzmangel ausgehen, unter dem das eingereichte Dokument aber gerade nicht litt.
Und der Testierwille?
Außerdem verneinte das OLG München vorliegend den Testierwillen. Da die maschinenschriftliche Überschrift formunwirksam sei und der eigenhändige Rest ohne die Überschrift kein wirksames handschriftliches Testament darstelle, sei “ein Testierwille nicht einmal ansatzweise zu erkennen”. Außerhalb der Urkunde liegende Umstände, die einen Rückschluss auf einen solchen Willen des Erblassers, nahe legen würden, seien ebenfalls nicht erkennbar.
Ungültiges Testament auch nach englischem Erbrecht
Prüfen musste das OLG auch, ob die Verfügung nicht vielleicht nach englischem Recht ein wirksames Testament darstellte. Da der Erblasser Engländer war, hätte er gegebenenfalls auch nach dortigem Erbrecht ein wirksames Testament errichten können. Das sieht das Haager Testamentsabkommen so vor. Doch auch in der Hinsicht konnte das Schriftstück nicht als wirksames Testament angesehen werden. Sec 9 Wills Act 1837 verlangt nämlich die Anwesenheit von zwei Zeugen bei der Errichtung, die die Echtheit durch ihre Unterschriften bestätigen.
Der Fall zeigt, dass es zur Regelung der eigenen Vermögensfolge nicht ausreicht, sich über den Inhalt Gedanken zu machen. Wer ein Testament schreibt, sollte sich auch über die Formvorschriften genau informieren.
Video: Das handschriftliche Testament
Rechtsanwalt Bernfried Rose erklärt in diesem Video, wie man formwirksam ein Testament selbst schreiben kann.