Sind Mörder erbunwürdig?
Mann erschießt Ehefrau und will diese beerben
Bei Tötungsdelikten unter Eheleuten entfällt meist auch das Erbrecht des Täters - aber nicht automatisch und nicht immer.
Es ist gar nicht so selten, dass ein Ehekrieg später in einen Erbstreit übergeht. So erging es einer Familie in Bielefeld. Nach der Trennung und dem Streit über das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder erschoss ein Familienvater seine Ehefrau. Beerben wollte er sie trotzdem. Die Kinder machten aber Papas Erbunwürdigkeit per Anfechtungsklage gerichtlich geltend (OLG Hamm, Urteil vom 27.10.2022 – 10 U 28/19).
Heimtückischer Mord mit der Schrotflinte
Verurteilt wurde der vermeintliche Erbe im Jahr 2017 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe für den heimtückischen Mord an seiner Ehefrau. Es gab zwar weder ein Geständnis noch Zeugen, dafür aber reichlich Indizien, inklusive DNA-Spuren. Das Schwurgericht hatte letztlich keine Zweifel, dass die Frau im Auto sitzend von ihrem Mann mit zwei Schüssen aus einer Schrotflinte erschossen wurde.
Gesetzliche Erbfolge gilt grundsätzlich auch für Mörder
Da die getötete Frau kein Testament hinterlassen hatte, wurde sie nach der gesetzlichen Erbfolge beerbt, also von ihren Kindern sowie dem Ehemann. Dieser ist zwar erbunwürdig gemäß § 2339 BGB, in dem es heißt: „Erbunwürdig ist, wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich tötet…“ Die Erbunwürdigkeit tritt jedoch nicht automatisch ein – auch nicht bei einem Mörder.
Erbunwürdigkeit muss mit Anfechtungsklage geltend gemacht werden
Gemäß § 2340 BGB bedarf es stets der Anfechtung der Erbenstellung des Missetäters in Form einer Anfechtungsklage. Berechtigt zur Anfechtung innerhalb eines Jahres waren in diesem Fall die Kinder, da diese von der gerichtlichen Feststellung der Erbunwürdigkeit profitierten. Schließlich erhöhte sich ihr Erbteil beim Ausscheiden des Vaters aus der gesetzlichen Erbfolge.
Das Zivilgericht folgt dem Strafgericht
Obwohl von einem Strafgericht als Mörder verurteilt, wehrte sich der Witwer gegen die Feststellung der Erbunwürdigkeit. Er bestritt vielmehr weiter, seine Frau umgebracht zu haben. Sowohl das Landgericht Bielefeld als auch das OLG Hamm in der höheren Instanz machten aber keine Anstalten, den Mordfall noch einmal neu aufzurollen.
Da keine beachtlichen neuen Umstände vorgetragen wurden, verließ man sich auf das Urteilsvermögen der strafrechtlichen Kollegen. Eine rechtliche Bindung gibt es diesbezüglich jedoch nicht, so dass es im Erbrecht theoretisch zu einer anderen Einschätzung als im Strafrecht kommen kann.
Worum ging es dem Ehemann?
Warum wehrte sich der Mann gegen die Erbunwürdigkeit? Um Geld ging es vermutlich nicht, da es sich nach Informationen der BILD um einen Millionär handelte. Außerdem sind die Möglichkeiten, ein Erbe zu verprassen, im (lebenslangen) Strafvollzug eher begrenzt.
Man kann daher davon ausgehen, dass es dem Mann ums Prinzip ging. Er wollte unbedingt bei seiner Version der Unschuld bleiben – vielleicht auch im Hinblick auf das Verhältnis zu seinen Kindern – und musste das dann entsprechend auch bei der Anfechtungsklage bezüglich seines Erbrechts durchziehen.