Gewinnerzielungsabsicht und Liebhaberei
Persönliche Motive und Privatvergnügen oder Streben nach Totalgewinn?
Im Einkommensteuerrecht, aber auch im Umsatzsteuerrecht stellt sich insbesondere bei der Anerkennung von Verlusten in der Anlaufphase selbständiger und gewerblicher Betätigung häufig die Frage, ob die ausgeübte Tätigkeit dem
- privaten (Liebhaberei) oder
- betrieblichen Bereich (Gewinnerzielungsabsicht)
zuzuordnen ist. Unterschiedliche Interpretationen der Betätigung führen häufig zu streitigen Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt über die verwehrte Anerkennung von Verlusten und manchmal auch Anrechnung von Einkünften.
Anwaltliche Leistungen rund um die fehlende Gewinnerzielungsabsicht/Liebhaberei
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- Einspruchsführung gegen Steuerbescheide
- Klagen vor dem Finanzgericht
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Das Einfallstor – wer ist betroffen?
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung kann es für Betätigungen im Grenzbereich der privaten oder beruflichen Tätigkeiten zu der Frage kommen, ob Erträge oder Verluste daraus das zu versteuernde Einkommen erhöhen oder mindern. Zentral geht es um die Frage, ob diese Einkünfte der selbständigen Tätigkeit gemäß § 18 EStG oder gewerblichen Tätigkeit nach § 15 EStG zuzurechnen sind.
Oftmals werden von den Finanzämtern bis zu fünf Jahre lang Verluste unter dem Vorbehalt der Nachprüfung anerkannt und plötzlich, für den Steuerpflichtigen häufig unerwartet, folgen Änderungsbescheide, in denen die Verluste gestrichen sind und das zu versteuernde Einkommen sich rückwirkend erhöht. Die Folge: Steuernachzahlungen, die auch noch mit 6 % pro Jahr verzinst werden müssen.
Die Qualifikation der Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 EStG setzt ebenso wie ein Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 2 EStG voraus, dass die Betätigung mit der Absicht einer Gewinnerzielung unternommen wird. Anknüpfungspunkt für die Bewertung der Tätigkeit ist also die sogenannte Gewinnerzielungsabsicht.
Wer kann Anlaufverluste geltend machen?
Wer gibt sich nur der Liebhaberei hin? Je nach Einzelfall kann die eine oder andere Bewertung von Vorteil sein.
Liegt ein Fall der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht (auch als Liebhaberei bezeichnet) vor, fallen Gewinne und Verluste in den privaten Bereich und der Steuerpflichtige kann die mit der Tätigkeit im Zusammenhang stehenden Verluste nicht einkommensmindernd auf andere Einkünfte anrechnen. Im Umkehrschluss sind auch Erträge aus dieser Betätigung einkommensteuerlich unbeachtlich. Wird die Gewinnerzielungsabsicht positiv festgestellt, wirken sich Gewinne und Verluste auf das zu versteuernde Einkommen aus.
Die Abgrenzung ist dem Einzelfall geschuldet und oft schwierig, da es sich bei der Absicht Gewinne zu erzielen um ein persönliches Merkmal des Steuerpflichtigen handelt (innere Tatsache), welches anhand nach außen tretender Umstände zu bestimmen ist. Gewinnerzielungsabsicht meint dabei das Streben nach einer Betriebsvermögensmehrung in Form des Totalgewinns in der Gesamtschau von Aufnahme der Tätigkeit bis zu ihrer Beendigung. Liebhaberei wird hingegen angenommen, wenn die betreffenden Leistungen von persönlichen Motiven getragen werden und sich eher als Ausübung eines Hobbys darstellen.
Nach der individuell vorzunehmenden Abgrenzung zwischen Liebhaberei und Gewinnerzielungsabsicht liegt es auf der Hand, dass es gerade bei länger andauernden und oftmals Verlust bringenden Anlaufphasen zu Beginn der selbständigen Tätigkeit immer wieder zu unterschiedlichen Auffassungen zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung kommt. Grund hierfür ist, dass die Aufnahme einer selbständigen Betätigung in den ersten Jahren oftmals mit höheren Investitionskosten und Ausgaben als Einnahmen verbunden ist. Die Beurteilung der Tätigkeit erfolgt jedoch regelmäßig zu einem Zeitpunkt, in dem die Tätigkeit noch nicht abgeschlossen ist, sodass ein etwaiger Totalgewinn lediglich prognostiziert werden kann. Dennoch muss aus Sicht der Finanzverwaltung eine Entscheidung vor der Festsetzungsverjährung fallen.
Typische Fallgruppen
Das Abgrenzungsproblem von selbständiger Tätigkeit zu Hobbyausübung tritt häufig dort auf, wo Luxusgüter (Pferde, Yachten, etc.) im Spiel sind. Sie ist jedoch auch regelmäßig bei den künstlerischen Betätigungen anzutreffen, die sich dadurch auszeichnen, dass sich die wirtschaftliche Folge typischerweise langwieriger Schaffungsphasen eines marktfähigen Produktes erst sehr viel später generieren lassen und Erzielbarkeit und Höhe von Einnahmen aus dieser Tätigkeit oftmals vom Bekanntheitsgrad des Künstlers abhängen.
Die zielgerichtete Darstellung des Businessplans, die Reaktionen auf angefallene Verluste, die für die Beurteilung der inneren Tatsachen erforderlich werden, ist daher unerlässlich. So kann es beispielsweise darauf ankommen, ob der Steuerpflichtige eine besondere fachliche Ausbildung durchlaufen hat, ein Atelier betreibt, in Fachliteratur erwähnt wird, betriebswirtschaftlich vernünftige Entscheidungen in Bezug auf seine Tätigkeit trifft, oder mit wie viel Zeitaufwand er die Tätigkeit betreibt.
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FAQs zu Gewinnerzielungsabsicht und Liebhaberei
Was bedeutet fehlende Gewinnerzielungsabsicht bzw. Liebhaberei im steuerrechtlichen Kontext?
Fehlende Gewinnerzielungsabsicht, auch Liebhaberei genannt, bedeutet, dass eine Tätigkeit nicht mit dem Ziel ausgeübt wird, Gewinne zu erzielen. Gewinne und Verluste aus solcher Tätigkeit werden steuerlich als privat eingestuft und können daher nicht das zu versteuernde Einkommen beeinflussen. Liegt Gewinnerzielungsabsicht vor, können Gewinne und Verluste hingegen steuerlich geltend gemacht werden.
Welche typischen Fallgruppen gibt es bei der Abgrenzung von Liebhaberei und Gewinnerzielungsabsicht?
Typische Fallgruppen umfassen Tätigkeiten mit Luxusgütern (z.B. Pferde, Yachten) und künstlerische Betätigungen, bei denen die Einkünfte stark von der Marktgängigkeit des Produktes und dem Bekanntheitsgrad des Künstlers abhängen. Auch längere Anlaufphasen mit hohen Investitionskosten und Ausgaben sind häufige Streitpunkte zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung.
Welche Konsequenzen hat es, wenn das Finanzamt eine Tätigkeit als Liebhaberei einstuft?
Wenn das Finanzamt eine Tätigkeit als Liebhaberei einstuft, können Verluste nicht einkommensmindernd auf andere Einkünfte angerechnet werden, was zu Steuernachzahlungen führen kann. Diese Nachzahlungen werden mit 6 % pro Jahr verzinst. Es ist daher wichtig, sich frühzeitig rechtlich beraten zu lassen und gegebenenfalls Einspruch gegen Steuerbescheide einzulegen oder Klage vor dem Finanzgericht zu erheben.