Steuerfalle Pflichtteilsverzicht
Wie der BFH seine Rechtsprechung zur Schenkungssteuer ändert
Wie der BFH seine Rechtsprechung zur Schenkungssteuer ändert
Die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen ist ein schöner Anlass für einen langjährigen Erbstreit. Vor allem beim beliebten Berliner Testament lauert die Gefahr. Hier setzen sich Ehegatten gegenseitig zum Alleinerben ein und enterben damit ihre Kinder für den ersten Erbfall. Diese können da schon mal versucht sein, durch das Einfordern von Pflichtteilsansprüchen zeitnah Kasse zu machen. Wer weiß schon, was am Ende sonst übrig bleibt?
Klare Verhältnisse mit dem Pflichtteilsverzicht – wäre da nicht das Finanzamt
Familien mit einem Bewusstsein für die Problematik versuchen diese durch Pflichtteilsstrafklauseln im Testament oder besser noch durch Pflichtteilsverzichte in den Griff zu bekommen. Nur der Verzicht schafft die volle Testierfreiheit und sorgt für Ruhe. Doch Vorsicht – auch das Finanzamt spricht dabei ein Wörtchen mit. Wird nämlich für den Pflichtteilsverzicht eine Abfindung gezahlt, ist diese grundsätzlich zu versteuern. Bei der Schenkungssteuer stellt sich dann die Frage der Steuerklasse.
Die hat es in sich, wie der Fall zeigt, den der BFH im Mai 2017 entschied. Drei Brüder zahlten einem vierten Bruder eine Abfindung dafür, dass er – für den Fall seiner Enterbung durch die Mutter – auf die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen verzichtet.
Kurswechsel der Richter am Bundesfinanzhof
Nach bisheriger BFH-Rechtsprechung kam es bei derartigen Fällen für die Steuerklasse nach dem Verhältnis zwischen der Mutter als Erblasser und dem Sohn als Pflichtteilsverzichtender an. Für Kinder gilt die Steuerklasse I und sie haben einen Freibetrag in Höhe von derzeit 400.000 Euro. Den beschriebenen Fall nahmen die Richter am Bundesfinanzhof jedoch zum Anlass, ihre Rechtsauffassung zu ändern. Verzichtet ein künftiger gesetzlicher Miterbe (einer Erbengemeinschaft) gegenüber anderen Miterben auf sein Pflichtteilsrecht und bekommt von diesen dafür eine Abfindung, gilt für die Schenkungssteuer die Steuerklasse des Verhältnisses zwischen den Miterben.
Pech für die Brüder, denn unter Geschwistern gilt die Steuerklasse II mit einem Freibetrag von nur 20.000 Euro. Eine steuerliche Gleichbehandlung des vor und nach dem Erbfall erklärten Verzichts auf Pflichtteilsansprüche, so das Gericht, sei gegenüber anderen gesetzlichen Erben nicht möglich.