Borussia Dortmund – wer bestimmt beim BVB?
Verein, Aktionäre, Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Sponsoren, Mitglieder und Fans
Nur dem BVB wird bisweilen zugetraut, die Vormachtstellung der Bayern in der Bundesliga in Frage zu stellen. Außerdem sind die Borussen auch die einzigen im Oberhaus, die sich über Aktien an der Börse finanzieren. Was das bedeutet, ob ihnen das Vorteile verschafft und ob die Aktionäre mehr zu sagen haben als die Vereinsmitglieder, lesen Sie im folgenden Beitrag.
Der Verein – mit Tradition und Prominenz
Der Ballspielverein Borussia 09 e.V. ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein. Dessen ca. 170.000 Mitglieder wählen einen Vorstand, der – ehrenamtlich – die Geschäfte leitet und aktuell angeführt wird von Präsident Reinhold Lunow, der 2022 den ewigen Vorsitzenden Reinhard Rauball ablöste. Für sonstige Kompetenz und Prominenz haben die Schwarzgelben im Verein einen Wirtschaftsrat und einen Ältestenrat (mit Pokalheld Norbert Dickel) als weitere Gremien geschaffen.
Auch die Vereinssatzung ist erfüllt vom Geist der Gemeinnützigkeit und Ehrenamtlichkeit. Der e.V. verfolgt ausschließlich steuerbegünstigte Zwecke im Sinne der Abgabenordnung und ist damit ziemlich ungeeignet für die Teilnahme am Millionengeschäft Profifußball.
Ausgliederung des Profifußballs auf eine GmbH & Co. KGaA
Dass ein gemeinnütziger Verein mit ehrenamtlichen Funktionären nicht die ideale Rechtsform ist, um erfolgreich in der Bundesliga oder gar Champions League mitzumischen, erkannten (anders als die Rivalen aus Schalke) die Borussen schon früh. Sie nutzen daher 1999 die im Jahr zuvor vom DFB eingeräumte Möglichkeit der Ausgliederung der Lizenzfußballabteilung auf eine Kapitalgesellschaft. Dabei entschieden sich die Dortmunder für die GmbH & Co. KG aA (Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Compagnie Kommanditgesellschaft auf Aktien).
Diese – außerhalb vom Profifußball eher seltene - Rechtsform verbindet Elemente der Aktiengesellschaft mit denen einer Kommanditgesellschaft. Schauen wir uns mal, wie das beim BVB konkret aussieht.
Die Eigentümer (Aktionäre): Sponsoren, Investoren, Fans
Anteilseigner sind die sogenannten Kammanditaktionäre. Einer dieser Aktionäre ist nach wie vor der Borussia Dortmund e.V., allerdings mit weniger als 5 Prozent der Aktien. Aktionäre mit Gewicht (5-10 Prozent) sind wichtige Sponsoren (Evonic, Signal Iduna, Puma) und mit Bernd Geske und Ralph Dommermuth auch zwei unternehmerisch erfolgreiche BVB-Fans.
Die genannten Unternehmen und Unternehmer besetzen folgerichtig auch den Aufsichtsrat in der KGaA, der von der Hauptversammlung der Aktionäre gewählt wird. Dieser Aufsichtsrat kontrolliert die Geschäftsleitung. Anders als bei gewöhnlichen Aktiengesellschaften, in denen der Aufsichtsrat den Vorstand bestellt, bestimmt der Aufsichtsrat in der KGaA aber nicht, wer die Geschäftsleitung ausübt, da das automatisch stets der Komplementär ist, s.u.).
Da der BVB selbst ja auch noch ein paar Aktien hat, hat er seinen Vereinspräsidenten Reinhold Lunow im Aufsichtsrat platziert. Der vertritt zwar nur die wenigen verbliebenen Borussen-Anteile. Das mindert aber kaum den Einfluss des Vereins. Denn diesbezüglich spielt die Musik bei „seiner“ KGaA nämlich bei der sogenannten Komplementär-GmbH.
Watzke & Co. - Macht und Management in der Komplementär-GmbH
Das Sagen haben in der KG haben nämlich nicht die Kommanditaktionäre, sondern der persönlich haftende Komplementär. Und das ist und bleibt der BVB – zwar nicht selbst als Verein, sondern über die Borussia Dortmund Geschäftsführungs-GmbH als Komplementär-GmbH, die dem Borussia Dortmund e.V. zu 100% gehört. Durch dieses Vehikel bleibt der Verein Chef im Ring, ohne aber im Falle einer Insolvenz der Fußball-KG mit in den Abgrund gerissen zu werden.
Ausgeübt wird die Geschäftsführung der GmbH seit 2005 vor allem durch den Sauerländer Hans Joachim „Aki“ Watzke als Vorsitzender der Geschäftsführung. Wie entscheidet nun der Verein, wer diese zentrale Machtposition in seiner Komplementär-GmbH einnimmt? Ein Blick in die Satzung der GmbH verrät, die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer Aufgabe des Beirats ist, dieser dafür aber auch einen Ausschuss bemühen kann. Beim BVB ist das der „Präsidialausschuss des Beirats der Borussia Dortmund Geschäftsführungs-GmbH“. Nach welchen Spielregeln sich dieser Ausschuss zusammensetzt und wer ihm angehört, dürfte in der Geschäftsordnung des Beirats geregelt sein, die aber im Internet nicht auffindbar ist. Öffentlich bekannt sind aber zumindest die Mitglieder des Beirats. § 8 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags der Geschäftsführungs-GmbH bestimmt, dass dem Beirat die Vorstände und Wirtschaftsräte des Vereins angehören, aktuell u.a. Reinhold Lunow als Vereinspräsident oder auch Michele Puller aus dem Wirtschaftsrat.
Neben Watzkes Position als Vorsitzender der Geschäftsführung gibt es natürlich noch weitere Mitglieder der Geschäftsführung sowie in den Ebenen darunter jede Menge Managementpositionen. Prominent ist dabei vor allem der Job als Sportdirektor, der aktuell vom Ex-Profi Sebastian Kehl besetzt ist.
50+1 beim BVB
Der Grund für diese – in anderen Branchen sehr unübliche – Gesellschaftsform als GmbH & Co. KGaA liegt vor allem in der deutschen 50+1-Regel. Die besagt, dass hiesige Fußballclubs zwar auch mit ausgegliederten Kapitalgesellschaften an der Bundesliga teilnehmen können. Die Lizenz der DFL bekommen sie aber dann nur, wenn der „Mutterverein“ die Mehrheit (50+1) der Stimmrechte in dieser Kapitalgesellschaft hält und damit weiter die Richtung vorgibt.
Aufgrund der Allmacht der vereinseigenen Komplementär-GmbH konnten die Borussen also fast ihr gesamtes Kapital (Aktien) in fremde Hände geben, ohne gegen die 50+1-Regelung zu verstoßen.
Ständig frische Millionen an der Börse?
Die Dortmunder haben aber nicht nur den Profifußball ausgegliedert, was inzwischen in der Bundesliga die Regel ist. Sie haben ihr Aktien als einziger Erstligist in Deutschland an der Börse platziert. 130 Millionen Euro spülte der Börsengang im Jahr 2000 in die Kassen des BVB. 70 Prozent der Aktien gingen damals an institutionelle Anleger, aber auch Fans nutzten von Beginn an die Möglichkeit, mit ein paar Euro ein Stück Borussia zu kaufen.
Trotz Meisterschaft 2002 zeigte sich aber, dass ein Listing an der Börse allein noch kein Garant für nachhaltigen Erfolg ist. Es folgte der Niedergang beim Börsenwert und in der Tabelle. 100 Millionen Schulden sollen in den Büchern gestanden haben, als schließlich Watzke das Ruder übernahm und die drohende Insolvenz abgewendet werden konnte.
Was macht man nun als KGaA, wenn das Geld aus dem Börsengang ausgegeben ist und der Verein selbst keine großen Aktienpakete mehr veräußern kann? Dann muss frisches Geld mit einer Kapitalerhöhung erschaffen werden. Man platziert also einfach noch mehr Aktien, die es vorher gar nicht gab. Über eine Kapitalerhöhung entscheidet aber nicht der BVB selbst über sein Komplementär-GmbH, sondern gemäß § 119 I Nr. 7 AktG die Aktionäre, da ihr bisheriges Investment durch die Maßnahme verwässert wird. Die Geschäftsführung muss daher die Hauptversammlung mit einem guten Grund von der Kapitalerhöhung überzeugen. Das gelang dem Management zuletzt 2021, als eine Erhöhung des Grundkapitals knapp 90 Mio. Euro Cash zur Bewältigung der Corona-Folgen einbrachte. Weitere vernünftige Gründe für eine Kapitalerhöhung können zum Beispiel der Abbau von Verbindlichkeiten oder Investitionen in das Westfalenstadion sein – benötigte Millionen für einen Spielertransfer dagegen wohl kaum.
Keine sportlichen Geheimnisse dank Ad-hoc-Mitteilungspflicht?
Als einziger an der Börse notierter Erstligist gilt für den BVB noch eine weitere Besonderheit des Wertpapierrechts: die Ad-hoc-Publizität. Diese besagt, dass die Geschäftsführung der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA verpflichtet ist, Insiderinformationen gemäß § 15 WpHG unverzüglich als sogenannte Ad-hoc-Mitteilung öffentlich zu machen. Damit sollen Anleger geschützt und Kurs-Manipulationen verhindert werden.
Praktische Relevanz hat diese Pflicht vor allem bei bedeutenden Spielertransfers. So gab es in der Vergangenheit Ad-hoc-Meldungen zum Beispiel beim Verkauf von Mario Götze an die Bayern und 2016 löste bereits der von Mats Hummels geäußerte Wechselwunsch eine solche Meldung aus.
Aktionär oder Vereinsmitglied – welchen Einfluss haben die Fans?
Als BVB-Fan kann man sich also durch den Kauf von ein paar Aktien an der Börse als Club-Eigentümer oder Investor fühlen. Auf Mitsprache muss man als Aktionär mangels Stimmrecht aber ebenso verzichten, wie meistens auch auf eine Dividende. Was bleibt ist die Hoffnung auf große Kursgewinne. Vielleicht geht an der Börse ja doch mal die Post ab, falls doch mal die 50+1-Ketten gesprengt werden und die Scheichs und Oligarchen die Borussia für sich entdecken.
Reeller ist da schon die Mitgliedschaft im Verein. Ein Sportverein versprüht vielleicht nicht das Sexappeal der Börse, er ist in der Bundesliga aber nach wie vor das Machtzentrum des Clubs, der nach Belieben die Geschicke der ausgegliederten Kapitalgesellschaften bestimmt.
Auch unabhängig von einer Mitgliedschaft ist der Einfluss der Fans nicht zu unterschätzen, die ihre Vorstellungen zur "Vereinspolitik" über Social-Media-Kanäle und nach wie vor auch auf der Südtribüne lautstark kundtun und entsprechend Druck auf Entscheidungsträger ausübern können.
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