Neue Regeln für Videoverhandlungen vor Gericht

Das soll sich ändern…

Wenn es nach der Politik und dem Justizbetrieb geht, erwartet uns ein Schub beim Thema Digitalisierung. Die Situation der virtuellen Gerichtsverhandlung soll sich verbessern.

Veröffentlicht am: 07.08.2024
Von: Carl Spriesterbach
Qualifikation: Praktikant
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Nach den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern sowie der Einigung im Vermittlungsausschuss gibt es neue Erwartungen bezüglich Videoverhandlungen vor Gericht. Die Möglichkeit der Videoverhandlungen ist bis 2020 lange wenig gebraucht worden. Die Corona-Pandemie hat diese Form der Verhandlung ins Rampenlicht gerückt, um das Rad der Justiz am Laufen zu halten. Nach positiven Erfahrungen wurden zwischen 2021 und heute neue Reformen und Regelungen eingeführt, um die Videoverhandlungen zu vereinfachen und populärer werden zu lassen.

Die Rechtslage vor der Einigung zwischen Bund und Ländern  

Schon seit 2013 kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen anordnen, dass eine Verhandlung virtuell stattfinden kann. Vor den Reformen war es vorgeschrieben, dass der Richter vor Gericht präsent sein muss, jedoch können Prozessbeteiligte, sowie ihre Vertreter, Zeugen und Sachverständige zugeschaltet werden.

Ende des Jahres 2022 hat das Bundesministerium für Justiz einen Gesetzentwurf vorgelegt, in welchem die Videoverhandlungen einen höheren Stellenwert erhalten sollen. Um diese Reform zu verwirklichen, soll der § 128a ZPO entsprechend umformuliert werden. Eine wichtige Aussage des BMJ-Entwurfs lautete lapidar: „Die mündliche Verhandlung kann als Videoverhandlung stattfinden.“  

Änderungen von Bund und Ländern

Die Version des Bundestags, die im Dezember 2023 beschlossen wurde, ist dieses Jahr noch einmal entschärft worden und lautet nun: „Die mündliche Verhandlung kann in geeigneten Fällen, und soweit ausreichende Kapazitäten zur Verfügung stehen, als Videoverhandlung stattfinden.“ Dieses gibt den Richtern und Richterinnen mehr Spielraum für eine Entscheidung pro oder contra Videoverhandlung. Sie soll dann möglich werden, wenn sich der genaue Einzelfall dafür eignet. Die Anträge auf eine digitale Teilnahme sind weiterhin möglich und sie müssen dann zunächst von den Vorsitzenden gestattet werden, falls der Fall als geeignet eingestuft wird und die benötigten Kapazitäten verfügbar sind.

Nachdem der Vermittlungsausschuss nun eine Lösung gefunden hat, werden die Videoverhandlungen vorangetrieben. Rechtspolitiker äußern sich dazu wie folgt: „Künftig gilt: Wenn jemand per Video an einer Gerichtsverhandlung teilnehmen will, so soll ihm das auch gestattet werden. Damit werden Kosten und Aufwand für die Bürgerinnen und Bürger gesenkt und der Zugang zum Recht wesentlich verbessert.“

Was ist nun zu erwarten?

Die Zukunft der Videoverhandlungen hängt vor allem davon ab, wie die Gerichte ausgestattet sind. Falls nämlich ein geeigneter Fall vorliegen sollte, muss auch die technische Ausstattung vorhanden sein. Eine Umfrage des BMJ zum Stichtag des 30.06.2020 zeigte, dass bereits ungefähr 435 videokonferenzfähige Gerichtssäle in Deutschland zur Verfügung stehen. Außerdem muss noch abgewartet werden, da die einzelnen Länder selbst entscheiden dürfen, ob sie Verhandlungen nur virtuell oder vollvirtuell genehmigen. Vollvirtuell heißt, dass jeder Teilnehmer virtuell teilnehmen kann und nicht wie bei den virtuellen Verhandlungen der Vorsitzende in Präsenz anwesend sein muss. Diese Frist ist zunächst bis 2033 angesetzt.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Videoverhandlungen ein probates Mittel für Richter und Anwälte sind, um effizienter zu arbeiten. Insbesondere bei den hohen Kosten einer Klage gegen Geschäftsführer oder etwa nach gescheiterten M&A-Deals sind Effizienzgewinne für alle Beteiligten sinnstiftend. Es gibt aber noch viele institutionelle Hürden, die einer reibungslosen digitalen Litigationsarbeit entgegenstehen.