Urheberrechtsverletzungen im E-Commerce

Shein vs. Temu

Die zwei chinesischen Online-Shops Shein und Temu stehen in Washington vor Gericht. Shein erhebt den Vorwurf, dass Temu verschiedene Straftaten begangen haben soll, darunter Urheberrecht- und Markenverletzungen sowie irreführende Werbung.

Veröffentlicht am: 01.10.2024
Qualifikation: Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz
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Der chinesische Fast Fashion Hersteller Shein verklagt seinen Konkurrenten Temu wegen Urheberrechtsverletzungen sowie Markenrechtsverletzungen – so berichtete der amerikanische Nachrichtendienst CBNC. Shein behauptete, dass Temu dem Mode-Unternehmen Designs gestohlen haben soll.

Das Kontroverse an diesem Vorwurf ist allerdings, dass Shein selbst regelmäßig mit Klagen konfrontiert wird, in denen dem Unternehmen vorgeworfen wird, Urheberrechte anderer Modelabels – darunter Levi Strauss und H & M – zu verletzen.

Hat Temu Geschäftsgeheimnisse gestohlen?

Shein wirft Temu konkret vor, Designs systematisch gestohlen und infolgedessen ein auf Betrug, Produktfälschungen und Verletzungen des geistigen Eigentums basierendes Geschäftsmodell geschaffen zu haben. Aber das soll noch nicht alles sein – Shein erhebt außerdem die Vorwürfe, dass Temu Geschäftsgeheimnisse gestohlen und Käufer durch irreführende Werbung getäuscht haben soll.

Angeblich sollen Temu-Mitarbeiter auf illegalem Wege an vertrauliche Informationen des Konzerns nebst Preisstrategien gelangt sein. Dank dieser Informationen sei es Temu sodann möglich gewesen, Shein-Bestseller und andere Produkte originalgetreu nachzuahmen und nahezu identische Produktbilder zu verwenden.

Kunden seien gezielt irregeführt worden, indem Temu auf Social-Media-Plattformen und im Rahmen von Google-Werbeanzeigen den Eindruck vermittelte, mit dem Shein-Konzern zusammenzuhängen. In den Titeln der Google-Ads soll sogar das Wort Shein verwendet worden sein, obwohl die URL zu Temu führte. Dadurch seien Kunden, die eigentlich bei Shein einkaufen wollten, auf den Temu Onlineshop umgeleitet worden.

Zu guter Letzt sollen Shein zufolge auch Influencer bezahlt worden sein, die zu Unrecht behauptet haben, dass Temu-Produkte günstiger und qualitativ hochwertiger seien als vom Konkurrenten Shein.

Infolge all dieser vorgeworfenen Rechtsverstöße soll Temu einen unfairen Wettbewerbsvorteil erlangt haben.

Shein selbst wegen Urheberrechtsverstößen verklagt

Daher hat Shein im vergangenen Monat eine Klage beim Bundesgericht Washington D.C. (Washington D.C. federal court) eingereicht. Laut Klageschrift wirft Shein Temu vor, dass das Unternehmen vorgebe, ein seriöser Online-Marktplatz zu sein, aber gleichzeitig Verkäufer dazu verleite, Produkte zu fälschen und diese dann zu billigen Preisen anzubieten. Shein zufolge würde der Online Marktplatz Verkäufer sogar daran hindern, Produkte von der Plattform zu entfernen, obwohl Urheberrechtsverstöße eingeräumt geworden sind.

Temu selbst zeigte sich erzürnt über die „Dreistigkeit“ des klagenden Konkurrenten, der sich selbst mit einem „Berg von Intellectual Property Klagen“ konfrontiert sieht. Shein solle sich lieber an die eigene Nase fassen, anstatt andere für eben jenes Fehlverhalten zu rügen, was ihm selbst in zahlreichen Urheberrechtsklagen vorgeworfen wird.

Obendrein Steuerbetrug im E-Commerce?

Beide Billiganbieter stehen konstant in der öffentlichen Kritik. Neben Urheberrechtsverletzungen werden regelmäßig Arbeitsbedingungen, insb. Sicherheitsmaßnahmen, Umweltschäden, Gesundheitsschädigungen und politische Verbindungen zur chinesischen Regierung kritisiert.

Auch Steuerbetrug wird den E-Commerce Anbietern vorgeworfen, da sie ihre Produkte im Regelfall einzeln versenden, um sich Exportzölle zu sparen. Laut Alexander Bartz, einem Handelsexperten der SPD, würden durch diesen mutmaßlichen Steuerbetrug in ganz Europa Steuerbeträge in Milliardenhöhe abhandenkommen.

Regelmäßig geraten die beiden Online-Shops im Kampf um ihre Marktposition aneinander. Erst vergangenes Jahr hat Temu den Konkurrenten Shein aufgrund urheberrechtlicher Bedenken verklagt und daneben auch vorgeworfen, Lieferanten „mafiös eingeschüchtert“ zu haben, um Exklusivverträge zu erzwingen.

Nun bleibt abzuwarten, wie das amerikanische Gericht über den Urheberrechtsstreit zwischen den beiden E-Commerce Unternehmen entscheiden wird.