Testament mit Anlagen

Wenn zehn Freunde erben sollen und alle leer ausgehen

Ob, und wenn ja, gesonderte Anlagen zu einem errichteten Testament wirksame letztwillige Verfügen darstellen können bzw. im Gesamtzusammenhang mit einem Testament die gewünschte Rechtsnachfolge regeln können, beschäftigt regelmäßig die Gerichte. Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zur Formstrenge von Testamenten fortgesetzt.

Veröffentlicht am: 03.03.2022
Qualifikation: Fachanwalt für Erbrecht in Hamburg
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Ob, und wenn ja, gesonderte Anlagen zu einem errichteten Testament wirksame letztwillige Verfügen darstellen können bzw. im Gesamtzusammenhang mit einem Testament die gewünschte Rechtsnachfolge regeln können, beschäftigt regelmäßig die Gerichte. Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zur Formstrenge von Testamenten fortgesetzt (BGH, Beschluss vom 10.11.2021 (IV ZB 30/20).

Ehegattentestament mit Schlusserbeneinsetzung

Ein in zweiter Ehe verheirateter Mann und seine Ehefrau erstellten im Jahr 2011 ein handschriftliches Testament. Sie setzten sie sich gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmten zu ihren Schlusserben neben der Tochter des Ehemannes aus erster Ehe eine „Erbengemeinschaft aus fünf befreundeten Familien“. In dem Testament legten sie fest, dass sich die Namen und Adressen der fünf befreundeten Familien aus einer Anlage zum Testament ergeben sollten.

Maschinengeschriebene Anlage zum Testament

Diese Anlage zum Testament war maschinengeschrieben und trug die Überschrift „ANLAGE Gemeinschafts-TESTAMENT NAMENSLISTE der ERBENGEMEINSCHAFT“. In dieser Anlage waren fünf Paare mit Namen, Adressen und Kontaktdaten aufgeführt. Die Anlage war handschriftlich auf denselben Tag wie das Testament datiert und von beiden Ehegatten unterschrieben.

Nach dem Tod der Ehefrau errichtete der Erblasser ein neues notarielles Testament, in welchem er seine eigene Tochter als Alleinerbin einsetzte. Nachdem auch der Ehemann 2017 verstorben war, beantragten zwei der in der Anlage zum Testament genannten Personen die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Erben zu je 1/20 ausweisen sollte. Das Nachlassgericht erachtete die Tatsachen, die zur Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlich sind, für ausreichend festgestellt.

Das Beschwerdegericht und letztinstanzlich auch der BGH wiesen den Erbscheinsantrag jedoch zurück.

Nur in Anlagen zum Testament benannte Personen sind keine Erben

Nach Ansicht des BGH sind die Antragsteller nicht Miterben des Ehemannes geworden, da sie in dem Testament von 2011 nicht formwirksam zu (Schluss-)Erben eingesetzt wurden. Der BGH begründete dies damit, dass - trotz der Bezugnahme im Testament auf die eigenhändig unterschriebene Anlage vom selben Tag - eine Individualisierung der bedachten Personen nicht ausreichend möglich war.

Gemäß § 2247 BGBist es für die Wirksamkeit eines sogenannten Privattestaments zwingend erforderlich, dass dieses Testament vollständig durch eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichtet wird. Dieses strenge Formerfordernis müssen sämtliche Verfügungen des Erblassers erfüllen, um wirksam zu sein.

Auslegungsbedürftiges Testament?

Zunächst ist zu klären, ob die letztwillige Verfügung, soweit sie formwirksam ist, für sich genommen hinreichend bestimmt und damit vollständig ist.

Soweit dies nicht der Fall, kommt es darauf an, ob das Testament selbst mehrere Auslegungsmöglichkeiten zulässt. Sollte der letzte Wille auslegungsbedürftig sein, ist ferner zu prüfen, ob ein aus einer formunwirksamen Anlage ergebendes Auslegungsergebnis im Testament zumindest andeutungsweise zum Ausdruck kommt.

Die reine Bezugnahme auf eine Anlage zum Testament genügt nach Ansicht des Gerichts hingegen nicht. Der BGH befand, dass die Angabe von „5 befreundeten Familien“ nicht ausreichend bestimmt genug ist, um die eingesetzten Erben auf dieser Grundlage eindeutig benennen zu können.

Andeutung des Erblasserwillens im Testament

Aus dem formgültigen Testamentstext selbst ergaben sich demnach keine Andeutungen darauf, welche einzelnen Personen konkret gemeint sein sollten. Ohne dass sich eine solche zweifelsfreie Bestimmung der Erben aus dem Testament selbst ergibt, verstoßen reine Bezugnahmen jedoch gegen das erbrechtliche Bestimmtheitsgebot. Hiernach muss der Erblasser seine Verfügungen so formulieren, dass die Zuwendungsempfänger mit hinreichender Sicherheit den getroffenen Verfügungen entnommen werden können.

Diese Voraussetzungen sah der BGH im vorliegenden Fall durch die reine Bezugnahme auf die formunwirksame Anlage zum Testament als nicht erfüllt an, weswegen es eine vollständig wirksame letztwillige Verfügung verneinte. Die fünf Ehepaaren gingen somit leer aus.

Diese Entscheidung macht deutlich, dass es insbesondere bei eigenhändigen Testamenten unerlässlich ist, die sogenannte Formenstrenge des Erbrechts zu beachten. Alles, was zum Inhalt der letztwilligen Verfügung gehören soll, muss daher zwingend handschriftlich niedergeschrieben werden.