Mehr Vaterschaften als gedacht
Falsches Sperma führt zu Schadensersatz
Falsches Sperma führt zu Schadensersatz
Künstliche Befruchtungen sind heute in der Reproduktionsmedizin nichts Ungewöhnliches. Fehler passieren dabei trotz moderner Methoden allerdings immer noch. Eine Gemeinschaftspraxis hatte einer Patientin für zwei Schwangerschaften Samenspenden zur Verfügung gestellt. Während bei der ersten alles in Ordnung war, wurde die zweite Samenspende vertauscht. So bekam die Frau ungewollt zwei Kinder von zwei verschiedenen Vätern. Die Mutter verlangte daraufhin Schmerzensgeld wegen psychischer Belastungen wegen zweier Vaterschaften bei zwei Kindern.
So war das dann doch nicht geplant
Die Frau lebte im Münsterland war in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft. 2006 entschloss sie sich zu einer heterologen Insemination, um ein eigenes Kind auf die Welt zu bringen. Das mit einer unbekannten Samenspende gezeugte Kind kam 2007 auf die Welt und wurde 2008 von der Lebenspartnerin angenommen. Noch im Jahr 2007 wollte die Frau ein zweites Kind, das mit derselben Samenspende gezeugt werden sollte. Durch die heterologen Insemination gebar die Frau 2009 einen kleinen Jungen.
Kurze Zeit später fand die Mutter heraus, dass die beiden Kinder nicht dieselbe Blutgruppe aufwiesen. Ursache dafür waren zwei unterschiedliche Samenspenden. Nachdem sie erfahren hatte, dass ihre beiden Kinder keine Vollgeschwister sind, habe sie körperliche und psychische Probleme bekommen. Es traten ihrer Ansicht nach Belastungsstörungen, Erschöpfungszustände oder Schuldgefühle gegenüber ihren Kindern auf. Diese Zustände seien auf die fehlerhafte Befruchtung zurückzuführen und führten zur einen Schadensersatzanspruch samt Schmerzensgeld. Um ihren Anspruch durchzusetzen, klagte die Frau zunächst vor dem Landgericht Münster für ihr Recht.
Geld bekommen: ja – Spender erfahren: nein
Das Landgericht urteilte, dass die gesundheitlichen Folgen letztlich auf die Pflichtverletzung zurückzuführen sind. Auch die Tatsache, dass die Frau sich kurze Zeit nach dem Vorfall von ihrer Lebensgefährtin getrennt hatte, konnte nicht als Grund herhalten. Dies bestätigte das Oberlandesgericht Hamm. Die lange psychotherapeutische Behandlung sei eine Folge der Pflichtverletzung aus dem Behandlungsvertrag und von der Gemeinschaftspraxis verursacht worden. Die Frau bekam daher 7.500 Euro Schmerzensgeld zugesprochen.
Das OLG entschied außerdem, dass die Mutter keinen eigenen Anspruch auf Herausgabe der Daten über den Samenspender hat. Es handele sich dabei nicht um Krankenunterlagen der Patientin.
Anders sieht dies bei den beiden Kindern aus. Diese haben durch eine wegweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofs einen eigenen Anspruch auf Kenntnis des genetischen Vaters. Dies gilt auch dann, wenn die Samenbank dem Spender von sich aus Anonymität zugesichert hatte. Das Informationsbedürfnis des Kindes steht über dem Geheimhaltungsanspruch des Samenspenders.
Einmal genetischer Vater, immer genetischer Vater
Wer sich für eine heterologe Insemination entscheidet, der sollte sich im Klaren sein, welche rechtlichen Folgen daraus für die Beteiligten entstehen können. Gerade das Thema Vaterschaft bei Samenspendern kann schnell in den Vordergrund rücken und der Schutz der Anonymität ist nicht mehr vorhanden. Wie in vielen familienrechtlichen Fragen zur Abstammung hilft in Streitfällen übrigens nur ein Abstammungsgutachten, ein sogenannter Vaterschaftstest, um zunächst einmal die tatsächliche Vaterschaft zu klären.