Eine heilige Patchworkfamilie
Die Weihnachtsgeschichte, eine Jungfrau, eine ungeklärte Vaterschaft und das Familienrecht
Die Weihnachtsgeschichte, eine Jungfrau, eine ungeklärte Vaterschaft und das Familienrecht
Ein Beitrag von Bernfried Rose
Gott, der Heilige Geist, Maria, Josef und das Jesuskind – die wohl berühmteste Patchwork-Familie der Weltgeschichte steht alljährlich zu Weihnachten im Fokus der Öffentlichkeit. Anlass genug, mal einen Blick auf die familienrechtlichen Verhältnisse zu werfen.
Eine Jungfrau als Mutter? Rechtlich kein Problem!
Wegen der Jungfräulichkeit Marias drängt sich zunächst die Frage auf, wer die Mutter des kleinen Jesus ist. Das deutsche Familienrecht ist hier eindeutig. Gemäß BGB ist Mutter eines Kindes die Frau, die es geboren hat, also Maria.
Theologen mögen darüber streiten, ob bei der Zeugung Jesu überhaupt eine Eizelle Marias befruchtet wurde. Die Eizellenspende ist nach deutschem Recht ohnehin ebenso verboten wie die Leihmutterschaft. Eine fehlende genetische Verwandtschaft zwischen Maria und Jesus und übernatürliche Vorgänge bei der Empfängnis würden familienrechtlich schlicht ignoriert. Die Mutterschaft Marias ist also auch nach weltlichem Gesetz heilige Wahrheit.
Josef, Gott und der Heilige Geist – die Vaterschaft
Komplexer ist da schon die Frage der Vaterschaft. Hier gibt es im BGB die praktische Vermutung, dass derjenige Vater ist, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet war. Ein Blick ins Neue Testament verrät uns jedoch, dass Maria und Josef am Heiligabend in Bethlehem lediglich verlobt waren - Jesus somit als uneheliches Kind zur Welt kam. Eindeutige Hinweise, dass Josef die Vaterschaft später anerkannt oder den kleinen Jesus adoptiert hat, finden sich in der Bibel auch nicht.
Bei einem gerichtlichen Verfahren zur Klärung der Vaterschaft gäbe es eine Vermutung zugunsten des Mannes, der der Mutter „während der Empfängniszeit beigewohnt“ hat. Da ist Josef also wieder im Spiel. Und der Heilige Geist, der Jesus immerhin gezeugt hat, geht leer aus. Ein Schicksal, dass er mit vielen biologischen Vätern heutzutage teilt.
Und der Herrgott selbst? Zwar wird Jesus „Sohn Gottes“ genannt. Das hat aber nichts zu bedeuten, da wir ja alle „Kinder Gottes“ sind.
Die Erbsünde und das Embryonenschutzgesetz
Eine große Rolle rund um die Zeugung und Geburt von Jesus Christus spielte die Präimplantationsdiagnostik (PID). Der Heiland musste schließlich ohne Erbsünde geboren werden - ein genetischer Defekt, unter dem immerhin die gesamte Menscheit leidet. Die PID ist allerdings ethisch und auch rechtlich umstritten. Das betrifft insbesondere die Frage nach der Vereinbarkeit mit dem Embryonenschutzgesetz. Dieses will verhindern, dass bei der Fortpflanzung menschliches Leben nach bestimmten Kriterien selektiert wird – die Verantwortlichen also „Gott spielen“.
Nun ja – ein Vorwurf, über den im konkreten Fall Gott selbst bei der Empfängnis und Geburt seines Sohnes wohl nur schmunzeln konnte. Jedenfalls wollte er offenbar auf Nummer Sicher gehen und sorgte dafür, dass bereits die Mutter Maria ohne Erbsünde empfangen wurde. Sie war also – seit Eva, der wir die Erbsünde zu verdanken haben – die erste und bis heute einzige Frau ohne jeglichen Makel.
Eine schrecklich moderne heilige Familie
Die heilige Familie ist also in vielerlei Hinsicht ultramodern und hat so gar nicht mit dem heute von der Kirche hochgehaltenen klassischen Familienverbund zu tun: Zwei nicht mehr ganz junge Männer (Gott und der Heilige Geist) wünschen sich Nachwuchs und heuern eine Leihmutter (Maria) an. Penibel wird sichergestellt, dass diese frei von genetischen Defekten (Erbsünde) ist.
Da die beiden biologischen Väter schon etwas in die Jahre gekommen sind, überlassen sie die rechtliche und faktische Vaterrolle dem Lebensgefährten der Leihmutter (Josef). Im Hintergrund ziehen sie weiter die Strippen und sorgen dafür, dass der Knabe sich in die ihm zugedachte Rolle fügt (Karriere als Religionsstifter mit Kreuzigung und Auferstehung).