Beschlussfassung zu Lockdown-Zeiten

Virtuelle Beschlussfassung in Stiftungen

Veröffentlicht am: 14.11.2020
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Ein Beitrag von Rechtsanwalt Gregor Kübler

Virtuelle Beschlussfassung in Stiftungen

Gleich zu Beginn der Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber spezielle Maßnahmen getroffen, um die Auswirkungen der Pandemie zu bekämpfen. Hierzu wurde das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (COVMG) beschlossen. Dabei ist unklar, ob die Regelung zur Zulässigkeit der Beschlussfassung in Telefon oder Videokonferenz bei Vereinen auch auf Versammlungen von Stiftungsorganen Anwendung findet. Bislang ist zu dieser Frage noch keine Gerichtsentscheidung ergangen.

Übertragung der Regelungen zur Beschlussfassung im Vereinsrecht zweifelhaft

Nach § 5 Abs. 2 COVMG ist jedenfalls bei Vereinen eine virtuelle Teilnahme der Vereinsmitglieder an der Mitgliederversammlung einschließlich einer Ausübung der Mitgliederrechte auch dann möglich, wenn in der jeweiligen Vereinssatzung keine entsprechende Regelung enthalten ist.

Für eine entsprechende Anwendung dieser vereinsrechtlichen Regelung auf die Beschlussfassung von Stiftungsorganen spricht grundsätzlich, dass nach § 86 Satz 1 BGB ausgewählte Vorschriften des Vereinsrechts auch auf Stiftungen Anwendung finden. Demnach müsste die Durchführung einer Telefon- oder Videokonferenz daher auch bei einer Beschlussfassung des Vorstandes oder eines anderen Organs einer Stiftung zulässig sein. Allerdings bezieht sich der eindeutige Wortlaut von § 5 Abs. 2 COVMG nur auf die Beschlussfassung der Mitglieder eines Vereins. Zudem enthält die Gesetzesbegründung keine Hinweise auf eine entsprechende Anwendbarkeit der Regelung auf Stiftungsorgane.

Unsichere Rechtslage für Stiftungen

Sofern eine Stiftungssatzung keine expliziten Regelungen zur Zulässigkeit einer Beschlussfassung der Stiftungsorgane per Telefon- oder Videokonferenz enthält, kann daher im Ergebnis trotz der neuen Gesetzesregelungen nicht sicher davon ausgegangen werden, dass eine entsprechende Beschlussfassung zulässig ist. Dabei ist das Risiko einer fehlerhaften Beschlussfassung von Stiftungsorganen eher als hoch einzuschätzen, da formell fehlerhaft gefasste Beschlüsse von Stiftungsorganen grundsätzlich nichtig und somit unwirksam sind.

Einverständnis aller Versammlungsteilnehmer mit virtueller Versammlung empfohlen

Der rechtlich sicherste Weg, um in Zukunft eine Beschlussfassung des Stiftungsrates per Telefon- /Videokonferenz zu ermöglichen, ist die Vornahme einer entsprechenden Satzungsänderung.

Sofern trotz der unsicheren Rechtslage ohne entsprechende Satzungsregelung eine Beschlussfassung eines Stiftungsorgans per Telefon- oder Videokonferenz durchgeführt wird, sollte in jedem Fall zur Sicherheit vor der Abstimmung die Zustimmung aller Mitglieder des Stiftungsorgans zur Durchführung der Telefon-/Videokonferenz eingeholt werden.