Wie viel Zeit hat Testamentsvollstrecker fürs Nachlassverzeichnis?
Zwei Monate führen nicht zwingend zur Entlassung
Wie lange ein Testamentsvollstrecker für die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses benötigen darf, hängt insbesondere davon ab, wie komplex der Nachlass ist.
Nach den gesetzlichen Vorschriften ist ein Testamentsvollstrecker verpflichtet, unverzüglich nach Annahme des Amtes den Erben ein Nachlassverzeichnis vorzulegen. Das Oberlandesgericht hat sich in einer aktuellen Entscheidung näher damit beschäftigt, was unverzüglich im Einzelfalle heißen kann.
Immobilien und GmbH-Anteile im Nachlass
Dem Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24.01.2023 (I-3 Wx 105/22) lag ein Erbfall aus dem Jahr 2021 zugrunde. Die Erblasserin hatte durch ihr Testament ihre beiden Enkelkinder zu ihren Erben eingesetzt. Im Nachlass vorhanden war unter anderem eine Immobilie sowie Anteile an einer GmbH. Die Geschäftsanteile an der GmbH wendete die Erblasserin durch Vermächtnis einem Dritten zu, den sie durch ihr Testament gleichzeitig auch zum Testamentsvollstrecker einsetzte.
Entlassung wegen verspäteter Erstellung des Nachlassverzeichnisses beantragt
Nach dem Tod der Erblasserin nahm der Testamentsvollstrecker sein Amt an und ließ im Anschluss ein Wertgutachten über die sich im Nachlass befindende Immobilie sowie den dazugehörigen Hausrat erstellen. Nach zwei Monaten übersandte der Testamentsvollstrecker den Erben das Nachlassverzeichnis.
Die beiden Erben beantragten daraufhin beim zuständigen Nachlassgericht die Entlassung des Testamentsvollstreckers. Sie begründeten den Antrag damit, dass der Testamentsvollstrecker zu lange für die Erstellung des Nachlassverzeichnisses gebraucht habe.
Komplexität des Nachlasses und Fähigkeiten des Testamentsvollstreckers ausschlaggebend
Das Nachlassgericht wies den Entlassungsantrag zurück, woraufhin die Erben beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss einlegten. Doch auch hier hatten sie keinen Erfolg. Das Gericht kam in seinem Entschluss zu dem Ergebnis, dass die leichte Verzögerung nicht ein wichtiger Grund für eine Entlassung des Testamentsvollstreckers darstelle. Zwar könne es grundsätzlich eine grobe Pflichtverletzung darstellen, wenn ein Testamentsvollstrecker zu lange für die Erstellung des Nachlassverzeichnisses brauche. Wie viel Zeit der Testamentsvollstrecker aber benötigen darf, hängt auch davon ab, wie komplex der Nachlass sei und welche Fähigkeiten der Testamentsvollstrecker habe. Im vorliegenden Fall, so betonte das Gericht, war der Nachlass zum einen nicht ganz übersichtlich und insbesondere hatte der Testamentsvollstrecker nicht etwa von Berufs wegen oder aufgrund vorheriger Ämter Erfahrungen mit dem Amt des Testamentsvollstreckers. Das Gericht ist aus diesen Gründen nicht von einer groben Pflichtverletzung ausgegangen, obwohl der Testamentsvollstrecker zwei Monate für das Nachlassverzeichnis gebraucht hatte.
Entlassungsverfahren sollte gut überlegt sein
Erben sollten, bevor sie ein solches Entlassungsverfahren einleiten, zunächst immer bedenken, dass die Entlassung grundsätzlich nicht etwa dazu führt, dass keine Testamentsvollstreckung mehr angeordnet ist. In aller Regel (es hängt von der genauen Formulierung im Testament ab) wird bei erfolgreicher Entlassung ein Ersatztestamentsvollstrecker benannt.
Erben sollten zudem niemals die Dauer eines solchen Verfahrens unterschätzen. Gerade dann, wenn sich der Testamentsvollstrecker gegen die Entlassung wehrt, kann alleine das Verfahren beim Nachlassgericht mehrere Monate in Anspruch nehmen. Und nicht selten gehen derartige Verfahren auch in die nächste Instanz, sodass mit weiteren Monaten Verfahrensdauer zu rechnen ist. Erben sollten auch bedenken, dass sich ein solches Verfahren negativ auf das Verhältnis zum Testamentsvollstrecker auswirken wird. Die Erfolgsaussichten eines Entlassungsantrags sollten daher immer erst vorausschauend geprüft werden.