Die Verjährung von Pflichtteilsansprüchen nach der Höfeordnung
Überraschung, Überraschung!
Überraschung, Überraschung!
Ein Beitrag von Ralph Butenberg, Fachanwalt für Erbrecht und Steuerrecht
Die Höfeordnung hält eine Vielzahl von Überraschungen für Eigentümer, potentielle Erblasser, Übernehmer und Erben eines Hofes bereit. Die weichenden Erben wie auch Pflichtteilsberechtigte sind von den rechtlichen Konsequenzen der Höfeordnung am stärksten betroffen.
Geltungsbereich der Höfeordnung
Die Höfeordnung enthält gesonderte Regelungen für die Übergabe eines Hofes zu Lebzeiten wie auch für den Erbfall, wenn sich im Nachlass ein Hof im Sinne der Höfeordnung befindet und gilt nur im Gebiet der Bundesländer Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Ein Hof im Sinne der Höfeordnung liegt nur vor, wenn das Grundbuch einen entsprechenden ausdrücklichen Vermerk enthält.
Das gesetzgeberische Ziel der Höfeordnung
Der gesetzgeberische Wille hinter den Regelungen der Höfeordnung ist klar: Leistungsfähige land- und forstwirtschaftliche Betriebe sollen ohne die Gefahr der Zersplitterung geschlossen auf einen wirtschaftsfähigen Übernehmer oder Erben übergehen (BGH-Beschluss vom 26.06.2014, RdL 2014, 308 f.). Hierzu werden etwaige Abfindungs- und Pflichtteilsansprüche dritter Personen durch die Regelungen der Höfeordnung sehr weitgehend reduziert, so dass dem Hof möglichst wenig finanzielle Liquidität verloren geht.
Geringe Abfindungsbeträge für weichende Erben und Pflichtteilsberechtigte
Die Abfindungen der so genannten weichenden Erben berechnen sich auf der Grundlage des Einheitswerts der höferechtlichen Besitzung, Pflichtteilsberechtigte haben auf der gleichen Berechnungsgrundlage Anspruch auf Zahlung der entsprechenden hälftigen Summe. Der durch Bescheid des zuständigen Finanzamtes festgestellte Einheitswert beläuft sich immer nur auf einen Bruchteil des tatsächlichen Verkehrswertes des Hofes.
Verjährung von Pflichtteilsansprüchen bei lebzeitiger Übergabe
Wird ein Hof im Sinne der Höfeordnung zu Lebzeiten des ursprünglichen Hofinhabers an einen Abkömmling als Hofnachfolger übergeben, ist im Hinblick auf die Pflichtteilsansprüche der weiteren Abkömmlinge des Hofinhabers eine wichtige Besonderheit zu beachten:
§ 17 Abs. 2 HöfeO bestimmt für den Fall der lebzeitigen Hofübergabe an einen Abkömmling –Kind, Enkel etc.-, dass im Zeitpunkt der Übergabe des Hofes an den übernehmenden Abkömmling „der Erbfall hinsichtlich des Hofes als eingetreten“ gilt.
Dies bedeutet für die weichenden, nicht enterbten Abkömmlinge, dass sie die Abfindung gemäß § 12 Höfeordnung verlangen können. Für ausdrücklich nicht bedachte und damit „enterbte“ Abkömmlinge liegen im Zeitpunkt des Vollzugs der Übergabe des Hofes die Voraussetzungen vor, ihren Pflichtteil in Bezug auf den Hof geltend zu machen.
Beginn der Verjährung und drohender Anspruchsverlust für pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge
Dies bedeutet auch und insbesondere, dass die 3-jährige Verjährungsfrist zur Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche beginnt. Genauer: Die Verjährung etwaiger Pflichtteilsansprüche in Bezug auf den übergebenden Hof, beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem die Übergabe vollzogen wurde (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 29.11.2018, 10 W 97/17). Ist Verjährung eingetreten, kann der Schuldner des Pflichtteilsanspruchs die Zahlung verweigern, § 214 Abs. 1 BGB. Der Pflichtteilsberechtigte hat dann keine Möglichkeit mehr, seinen Zahlungsanspruch durchzusetzen.
Die Verjährungsproblematik, die durch die ungewöhnliche Regelung des § 17 Abs. 2 Höfeordnung entsteht, wird in der Rechtspraxis häufig verkannt. Insbesondere bei der Übergabe von Grundbesitz, der aufgrund des Hofvermerks im Grundbuch als Hof i.S. der Höfeordnung gilt, ist allen Beteiligten die Inanspruchnahme fachlicher Beratung zu empfehlen. Gerade für weichende Erben sowie Pflichtteilsberechtigte sind die gesetzlichen Konsequenzen der Höfeordnung erheblich.
Bei Rückfragen stehen Ihnen unsere Fachanwälte für Erbrecht gern zur Verfügung.