Testamentsvollstrecker wegen Geldannahme entlassen

OLG Düsseldorf konkretisiert Voraussetzungen für erfolgreiche Entlassung

Wann ein wichtiger Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers vorliegt, wird in einem aktuellen Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf konkretisiert.

Veröffentlicht am: 05.07.2023
Qualifikation: Rechtsanwältin für Erbrecht in Köln
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Ein Testamentsvollstrecker kann vom Nachlassgericht auf Antrag eines Beteiligten dann aus seinem Amt entlassen werden, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einem aktuellen Beschluss näher definiert, wann von einem solchen wichtigen Grund auszugehen ist. Ein Entlassungsgrund komme auch insbesondere dann in Betracht, wenn ein Testamentsvollstrecker vor seiner Amtsannahme rechtswidrig Gelder angenommen habe.

Erbfolge zunächst unklar

Dem Beschluss des Oberlandesgerichts lag ein Erbfall aus dem Jahr 2010 zugrunde. Der Erblasser war deutscher Staatsangehöriger, lebte bei seinem Tod allerdings in Guatemala. Er hinterließ eine Ehefrau und einen Sohn aus erster Ehe.

Eröffnet wurden nach dem Tod zwei verschiedene notarielle Testamente, die sich teilweise widersprachen und über deren Wirksamkeit Uneinigkeit bestand. Unklar war insbesondere, ob der Sohn des Erblassers Miterbe war oder ob ihm nur ein Vermächtnis zustand.

Testamentsvollstreckerin überwies erhebliche Beträge auf verschiedene Konten

Klar war allerdings, dass der Erblasser seine Ehefrau und ersatzweise die Nichten der Ehefrau wirksam zu Testamentsvollstreckern eingesetzt hatte. Die Ehefrau nahm ihr Amt als Testamentsvollstreckerin zunächst an und erhielt auch in Guatemala ein Testamentsvollstreckerzeugnis. Die in Deutschland angeordnete Nachlasspflegschaft bestand aufgrund der weiterhin unklaren Erbfolge fort.

Trotz der unklaren Erbfolge überwies die Ehefrau und Testamentsvollstreckerin mithilfe ihres in Guatemala gültigen Testamentsvollstreckerzeugnisses in den folgenden Jahren erhebliche Geldbeträge von Konten des Erblassers auf eigene Konten im Ausland und zudem auf Konten ihrer beiden Nichten. Insgesamt handelte es sich hierbei um Beträge von rund 1,3 Millionen Euro. Eine vorherige Absprache mit dem Nachlasspfleger oder mit dem Sohn des Erblassers hatte hierüber nicht stattgefunden.

Transaktionen begründeten Entlassung der Ehefrau und der Nichten

Der Sohn der Erblasserin erwirkte aufgrund dieser Vorfälle zunächst erfolgreich die Entlassung der Ehefrau als Testamentsvollstreckerin. Ersatzweise traten im Anschluss allerdings die beiden Nichten der Ehefrau das Amt des Testamentsvollstreckers an. Der Sohn beantragte im Anschluss auch, diese aus ihrem Amt zu entlassen. Mit dieser Entlassung hatte sich nun das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem aktuellen Beschluss (Beschluss vom 20.04.2023 – 3 Wx 157/22) zu beschäftigen.

Geldannahme begründe Zweifel an Redlichkeit und Zuverlässigkeit

Das Oberlandesgericht kam zu dem Ergebnis, dass aufgrund des Verhaltens der Nichten vor deren Amtsannahme ein wichtiger Grund liege, diese aus dem Amt des Testamentsvollstreckers zu entlassen. Dadurch, dass sie das Geld von der vorherigen Testamentsvollstreckerin angenommen hatten, obwohl sie über die noch unklare Erbfolge Bescheid wussten, seien „durchgreifende und schwerwiegende Zweifel an ihrer Redlichkeit und Zuverlässigkeit“ entstanden. Das Gericht kam daher zu dem Ergebnis, dass sie für das Amt des Testamentsvollstreckers aufgrund dieses Verhaltens vor ihrer eigenen Amtsannahme nicht geeignet seien.

Erhebliche Gefährdung der Interessen der am Nachlass Beteiligten Personen

Das Oberlandesgericht hat den Beschluss darüber hinaus genutzt, um zu konkretisieren, wann ein wichtiger Entlassungsgrund für Testamentsvollstrecker vorliegt. Es betont, dass ein Entlassungsgrund regelmäßig dann vorliegt, wenn ein Testamentsvollstrecker schuldhaft eine Pflicht in seinem Amt verletzt hat. Aber auch ohne, dass ein Testamentsvollstrecker seine Pflichten in seinem Amt verletzt hat, kann ein wichtiger Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers vorliegen, nämlich wenn Umstände vorliegen, welche die „fachliche Eignung oder den Willen des Testamentsvollstreckers zu einer pflichtgemäßen Amtsführung“ in Zweifel ziehen.  So könne insbesondere auch ein auf Tatsachen begründetes Misstrauen gegen die Amtsführung des Testamentsvollstreckers einen Entlassungsgrund darstellen oder wenn gewichtige Bedenken an der Redlichkeit und Zuverlässigkeit entstanden sind. Und genau hierauf hatte das Oberlandesgericht die Entlassung der beiden Nichten gestützt. Zwar war ihnen während ihres Amtes kein Fehlverhalten vorzuwerfen; durch das Mitwirken an den rechtswidrigen Überweisungen sah das Oberlandesgericht jedoch eine erhebliche Gefährdung der weiteren am Nachlass beteiligten Personen.

Entscheidung für Praxis relevant

Für die Praxis kann der Beschluss insbesondere bei einer Abwägung Bedeutung haben, ob bei vorhandenem Misstrauen gegen den Testamentsvollstrecker ein Entlassungsverfahren angestrebt wird. Da ein solches Verfahren die Auseinandersetzung in der Regel erheblich in die Länge zieht, sollten Erfolgsaussichten zuvor immer gut geprüft werden. Die umfangreichen Ausführungen zu den Entlassungsvoraussetzungen in dem vorliegenden Beschluss können helfen, diese Erfolgsaussichten besser einzuschätzen.