Stiftungsleistungen sind kein Schenkungsversprechen
Ansprüche können auch ohne Notar wirksam begründet werden
Ansprüche können auch ohne Notar wirksam begründet werden
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Finn R. Dethleff
Deutschland ist Stiftungsland. Immer mehr Menschen verspüren den Wunsch, mit einem Teil ihres Vermögens der Gesellschaft „etwas zurückzugeben“. Die Errichtung einer Stiftung bedarf einer sorgfältigen Vorbereitung. Eine der wesentlichen Entscheidung des zukünftigen Stifters betrifft den Stiftungszweck. Dieser gibt vor, in welchem Rahmen die Stiftung potenzielle Empfänger, die sogenannten Destinatäre, unterstützen darf. Handelt es sich bei den Stiftungszwecken um steuerbegünstigte Zwecke im Sinne der AO, kann die Stiftung als gemeinnützig anerkannt werden.
Ist die Stiftung erst einmal errichtet und anerkannt, soll der Stiftungszweck endlich verwirklicht werden. Doch auf welcher Grundlage werden Stiftungsleistungen eigentlich an die Destinatäre vergeben und was muss dabei beachtet werden? Die Rechtsbeziehungen von Stiftungen zu potenziellen Destinatären sind gesetzlich nicht geregelt. Da die Begünstigten in der Regel keine Gegenleistung erbringen, stellt sich insbesondere die Frage, ob die Vereinbarung einer Zuwendung als Schenkungsversprechen notariell zu beurkunden sind.
Schenkungsversprechen nicht ohne Notar
Ein Schenkungsversprechen ist ein einseitig verpflichtender Vertrag, durch den dem Beschenkten eine künftige unentgeltliche Leistung versprochen wird. Zum Schutz des die Schenkung Versprechenden vor Übereilung und zur Aufklärung über die Folgen eines solchen Schenkungsversprechens, bedürfen derartige Verträge gem. § 518 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich der notariellen Beurkundung.
Stiftungsleistung durch Stiftungssatzung
Ansprüche auf Stiftungsleistungen können unmittelbar durch die Stiftungssatzung begründet werden, wenn die Satzung einen solchen Anspruch eindeutig gewährt oder die Person des Destinatärs so eindeutig bezeichnet, dass ein solcher Anspruch der Satzung durch Auslegung entnommen werden kann. Ein solcher Anspruch wird etwa begründet, wenn eine Stiftung als einzigen Zweck hat, eine bestimmte Einrichtung (Museum, Kunstsammlung o.ä.) oder bestimmte Personen finanziell zu unterstützen.
Eine eindeutige Satzungsklausel zu Gunsten eines bestimmten Destinatärs ist grundsätzlich kein Schenkungsversprechen, denn Rechtsgrund der Zuwendung ist dann nicht ein schuldrechtliches Versprechen, sondern der Stiftungszweck selbst.
Gleiches soll gelten, wenn der Stifter in der Satzung die Auswahlkriterien, die der Vorstand bei der Auswahl der zu fördernden Personen zu beachten hat, festgelegt hat. Dann soll sich die Auswahlentscheidung des Vorstandes mittelbar als eine Entscheidung des Stifters selbst darstellen, der ja in der Satzung selbst Ansprüche der Destinatäre hätte begründen können. Fehlt es aber an einer konkreten Beschreibung des Kreises möglicher Destinatäre in der Satzung, kann ein Anspruch des Destinatärs auf Stiftungsleistungen vertraglich begründet werden.
Vertragliche Begründung einer Stiftungsleistung
Teilweise wurden Verträge zwischen dem Stiftungsvorstand und einem Destinatär, mit dem sich die Stiftung einseitig verpflichtet, dem Destinatär zukünftig eine unentgeltliche Leistung zukommen zu lassen, als Schenkungsversprechen verstanden. Folge dieses Verständnisses wäre die Notwendigkeit einer notariellen Beurkundung derartiger Verträge.
Der Bundesgerichtshof sieht dies anders und hat klargestellt, dass es sich bei der vertraglichen Begründung einer Stiftungsleistung nicht um ein Schenkungsversprechen im Sinne des § 518 Abs. 1 S. 1 BGB handelt, zu dessen Gültigkeit eine notarielle Beurkundung erforderlich wäre. Wird durch Zuwendung von Stiftungsleistungen allein der Stiftungszweck erfüllt, so sei der Rechtsgrund für die Zuwendung der Stiftungszweck selbst. Dementsprechend scheide ein Schenkungsversprechen als Rechtsgrund für derartige Stiftungsleistungen aus, so dass in solchen Fällen auch die schenkungsrechtliche Formvorschrift unbeachtlich sei.
Diese Rechtsprechung überzeugt: Werden einem Destinatär Stiftungsleistungen zugewendet, dient dies in erster Linie der Erfüllung des Stiftungszwecks. Dabei macht es keinen Unterschied, ob ein Anspruch auf die Stiftungsleistungen bereits durch die Stiftungssatzung selbst oder erst durch ein Stiftungsorgan, sei es durch einseitige Zuerkennung aufgrund einer Satzungsregelung oder durch Abschluss eines Vertrages, begründet wird. Im Ergebnis handelt es sich nämlich auch in den Fällen der vertraglichen Zuwendung um eine Entscheidung des Stifters selbst, wenn auch nur um eine mittelbare. Denn durch die Formulierung des Stiftungszwecks haben die Stiftungsorgane einen eindeutigen und abgrenzbaren Auftrag erhalten, dessen Erfüllung sich lediglich als Vollzug des ursprünglichen Stifterwillens darstellt und nicht als unabhängige Entscheidung des Stiftungsvorstandes. Wird durch eine vertragliche Zuwendung von Stiftungsleistungen also allein der Stiftungszweck erfüllt, so ist dieser ebenso wie bei einer einseitigen Zuerkennung von Stiftungsleistungen ihr Rechtsgrund. Insoweit handelt es sich bei der vertraglichen Zuwendung von Stiftungsleistungen zur Verwirklichung des Stiftungszwecks auch dann nicht um eine Schenkung oder ein Schenkungsversprechen, wenn diese Leistungen unentgeltlich versprochen werden.
Praktische Konsequenzen
Durch die Klarstellungen des Bundesgerichtshofes, dass Zuwendungen von Stiftungsleistungen an Destinatäre nicht der Formvorschrift des § 518 Absatz 1 Satz 1 BGB unterliegen, können sich Destinatäre freuen, versprochene Zuwendungen auch dann zu erhalten, wenn das Zuwendungsversprechen der Stiftung nicht notariell beurkundet worden ist. Für Stiftungen heißt dies, dass ihre Zuwendungsversprechen nicht zusätzlich mit Notarkosten belastet werden.