Organbestellung bei Stiftungen und die aktuelle Corona-Gesetzgebung
Besetzung des Vorstands in Krisenzeiten
Besetzung des Vorstands in Krisenzeiten
Ein Beitrag von Dr. Michael Demuth, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Im Schnelldurchlauf hat der Gesetzgeber ein umfangreiches Gesetzespaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie erlassen. Dabei wurden tiefe Eingriffe ins Zivilrecht, insbesondere auch das Miet- und Darlehensrecht, sowie das Steuerrecht, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vorgenommen. Es wurden jedoch auch gesetzgeberische Maßnahmen im Gesellschaftsrecht ergriffen, um die Handlungsfähigkeit von Unternehmen in der Krise zu gewährleisten. In diesem Zuge hat der Gesetzgeber im Hinblick auf die Vorstandsbestellung auch eine Krisenregelung für Stiftungsvorstände geschaffen, die dafür sorgen soll, dass Vorstandsposten nicht deswegen unbesetzt bleiben, weil wegen der Corona-Pandemie keine Zusammenkünfte für deren Neuwahl möglich sind.
Gesetzliche Rahmenbedingungen der Vorstandsbestellung in der Stiftung
§ 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht bestimmt, dass ein Vorstandsmitglied einer bürgerlich-rechtlichen Stiftung auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder der Bestellung eines Nachfolgers im Amt bleibt. Bei zeitlich befristeter Bestellung bliebe der Vorstandsposten anderenfalls unbesetzt. Wenn es nur einen Vorstand gibt oder die Satzung eine Mindestanzahl von Vorständen vorschreibt, die unterschritten würde, stünde die Stiftung anderenfalls ohne Vertretungsorgan da und wäre handlungsunfähig. Eine Neubestellung kann in der Corona-Krise insbesondere daran scheitern, dass das Bestellungsorgan, zum Beispiel ein Kuratorium, nicht zusammentreten kann. Um Stiftungen vor einer solchen Situation zu schützen, hat der Gesetzgeber hier Vorsorge getroffen.
Diese Regelung erscheint sehr nützlich. Der Gesetzgeber sollte erwägen, diese Regelung auch über die Corona-Krise hinaus gesetzlich zu verankern. Denn auch in normalen Zeiten stellt eine Handlungsunfähigkeit aufgrund mangelnder Vorstandsbesetzung für eine Stiftung ein ernstes Problem dar. Da dies jedoch nicht absehbar ist, sollte jedenfalls im Rahmen der Satzungsgestaltung einer Stiftung, gegebenenfalls durch Satzungsänderung, eine solche Regelung geschaffen werden, um die Handlungsfähigkeit abzusichern. Sollte dies im Einzelfall vom Stifter nicht erwünscht sein, zum Beispiel um den Druck zu erhöhen in den vorgesehenen Intervallen eine Neubesetzung vorzunehmen, kann dies bei der Satzungsgestaltung der Stiftung ebenfalls berücksichtigt werden.
Vorausschauende Satzungsgestaltung bei der Organbestellung
Auch wenn die aktuelle Gesetzgebung in der aktuellen Krise Abhilfe schafft, sollte auf die Organbestellung bei der Satzungsgestaltung einer Stiftung besonderes Augenmerk gelegt werden. Das Gesetz regelt hier wenig und was geregelt ist, ist im Einzelfall nicht immer interessengerecht. Dies gilt zum Beispiel für den Umstand, dass die Vorstandsbestellung grundsätzlich auf unbestimmte Zeit erfolgt. Wenn dagegen die Satzung eine Bestellung auf Zeit vorsieht, dann sollte die Satzung regelmäßig eine Notfallregelung vorsehen, dass der Inhaber bis zur Neubestellung im Amt bleibt, so wie es das aktuelle Corona-Gesetz jetzt auch vorsieht.
Die Vorstandsbestellung bedarf auch unter anderen Gesichtspunkten einer präzisen und interessengerechten Ausgestaltung. So lässt das Gesetz zwar einen Einzelvorstand zu, dies kann jedoch schnell zur Handlungsunfähigkeit führen, wenn die Satzung keinen Mechanismus zu einer reibungslosen Nachbesetzung vorsieht, falls der Einzelvorstand ausfällt. Während außerdem bei Gründung der Stiftung ein Vorstand vorgesehen werden muss, damit die Stiftung genehmigungsfähig ist, muss für die spätere Vorstandsbestellung ein Mechanismus vorgesehen werden, wie diese bestellt werden. Dabei können unterschiedliche Mechanismen - auch nebeneinander - zum Tragen kommen. Es kann einerseits geborene Mitglieder geben, die automatisch Vorstand werden, zum Beispiel weil sie Träger eines Amtes einer privaten oder öffentlichen Institution sind, mit der die Stiftung durch ihren Zweck verbunden ist. Oder es kann gekorene, also ernannte beziehungsweise gewählte Mitglieder geben. Hierbei muss festgelegt werden, wer das Ernennungs- oder Wahlrecht innehaben soll, zum Beispiel zu Lebzeiten der Stifter, wesentliche Spender oder eine nahestehende Institution oder ein zu schaffendes anderes Stiftungsorgan, zum Beispiel ein Stiftungsrat oder auch die anderen Vorstände im Wege der sogenannten Kooptation. Daran schließt sich dann die Frage an, wie die Mehrheitsverhältnisse bei der Wahl ausgestaltet werden sollen.
Es wird deutlich, dass die Ausgestaltung der Satzung im Hinblick auf die Vorstandsbesetzung eine komplexe Materie ist, mit der sich der Stifter genau auseinandersetzen muss. Dies ist für die Stiftung von zentraler Bedeutung, da der Vorstand das zentrale Stiftungsorgan ist und es bei der Stiftung, anders als bei Gesellschaften, Vereinen oder Genossenschaften auch keine Gesellschafter-, Mitglieder- oder Generalversammlung gibt, welche bei wesentlichen Entscheidungen eingebunden wird und Kontrolle ausübt. Die Stiftungsaufsicht greift dagegen erst auf einer viel höheren Ebene ein und bei Familienstiftungen, je nach Bundesland, auch nur sehr begrenzt oder gar nicht. Regelmäßig ist daher die Einsetzung eines Kontrollorgans neben dem Vorstand wichtig, was gesetzlich nicht vorgegeben ist und daher in der Stiftungssatzung ausdrücklich verankert werden muss. Hier ergeben sich die gleichen Fragen zur Organbestellung, wie sie für die Vorstandsbestellung beschrieben wurden. Zu diesen Organen hat der Gesetzgeber in der Corona-Gesetzgebung keine Notfallregelung erlassen, was noch einmal deutlich macht, wie wichtig eine vorausschauende Satzungsgestaltung für die Stiftung ist.