Kettenschenkung - da geht noch was!
Besteuerung einer Immobilienschenkung über das Kind an das Enkelkind
Besteuerung einer Immobilienschenkung über das Kind an das Enkelkind
Ein Beitrag von Britta Niakan, Fachanwältin für Steuerrecht
Das Finanzgericht Hamburg hatte jüngst zu entscheiden, ob es sich bei der schenkweisen Übertragung eines Grundstücks an ein Kind bei anschließender Weiterschenkung an das Enkelkind um eine unzulässige Kettenschenkung handelt (Urteil vom 20. August 2019, 3 K 123/18).
Großmutter - Tochter - Enkelkind
Die Großmutter hatte ihrer Tochter ein Grundstück geschenkt. Am selben Tag schenkte die Tochter einen Teil dieses Grundstücks an ihre eigene Tochter, also an die Enkelin der ursprünglichen Schenkerin. Die zusätzliche Besonderheit in diesem Fall war, dass die Großmutter in ihrem Testament geregelt hatte, dass dieses Grundstück ihre Enkeltochter erhalten solle.
Pflicht zur Weiterschenkung hat steuerliche Folgen
Das Finanzamt ging von einer sogenannten Kettenschenkung aus. Es war der Ansicht, dass die Mutter in ihrer Entscheidung, den Grundstücksteil weiter zu übertragen, nicht frei gewesen sei. Die Übertragung erfolgte vielmehr auf Anordnung der Großmutter. Das sei unter andrem dem Testament der Großmutter zu entnehmen. Mithin liege eine direkte Schenkung der Großmutter an die Enkelin vor.
Das Finanzamt verlangte daher Schenkungssteuer von der Enkeltochter. Das ist mehr als ärgerlich, da trotz des in dieser Konstellation selben Steuersatzes der persönliche Freibetrag der Schenkung wesentlich niedriger ausfällt: Der persönliche Steuerfreibetrag einer Schenkung von der Großmutter an die Enkeltochter beträgt - innerhalb einer Frist von zehn Jahren - Euro 200.000. Der von der Mutter an das Kind hingegen Euro 400.000!
Die angestrebte geschickte steuerliche Ausnutzung von Freibeträgen bei dieser Schenkung schien verloren. Der gegen die Entscheidung des Finanzamts eingelegte Einspruch gegen den Steuerbescheid blieb erfolglos.
Finanzgericht Hamburg nimmt zwei Schenkungen an
Die Enkeltochter gab sich mit der Entscheidung des Finanzamts nicht zufrieden. Sie reichte Klage vor dem Finanzgericht ein.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied im Sinne der Klägerin. Es verneinte die direkte Schenkung der Großmutter an die Enkelin. Zivilrechtlich lägen zwei Schenkungen zwischen verschiedenen Personen vor, so das Gericht. Obwohl die Schenkungen am selben Tag erfolgten, ging das Gericht davon aus, dass die Schenkung der Großmutter an ihre Tochter bereits ausgeführt gewesen war, als diese den Grundstücksteil auf das eigene Kind übertrug. Eine Weitergabeverpflichtung der Mutter konnte das Gericht nicht feststellen. Ein bloßes Einverständnis der Großmutter mit der Weiterübertragung reiche nach Auffassung des Gerichts zumindest nicht für die Annahme einer direkten Schenkung an die Enkelin aus.
Auch einen Gestaltungsmissbrauch, also die Überschreitung der Grenze zulässiger Steuergestaltung, verneinte das Gericht. Angehörige seien durchaus berechtigt, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass diese günstig seien.
Nicht jede Kettenschenkung ist ein Gestaltungsmissbrauch
Früher wurde die Kettenschenkung per se als Gestaltungsmissbrauch gemäß § 42 AO gewertet. Diese Einstufung hat der Bundesfinanzhof inzwischen aufgegeben. Kettenschenkungen sind daher grundsätzlich zulässig. Dreh- und Angelpunkt ist insbesondere die eigene Entscheidungsbefugnis des in der Mitte liegenden Kettenglieds.
Dennoch ist weiterhin Vorsicht geboten. Die unmittelbare Weiterschenkung an einen Dritten gilt für den Fiskus auch weiterhin als Indiz für eine „Schenkung auf Umwegen“ und die Verwirklichung des Tatbestands des Gestaltungsmissbrauchs. Wer also innerhalb der Familie ein Haus überschreiben oder sonstiges Vermögen übertragen will, sollte sich im Vorfeld stets Gedanken darüber machen, welcher Weg steuerlich der günstigste und sicherste ist.