Heiratsverbot im Testament

Ungültig wegen Sittenwidrigkeit?

Sein Schwiegerkind kann man sich nicht aussuchen. Über ein Testament kann man aber zumindest Druck ausüben - zumindest, solange die Grenze zur Sittenwidrigkeit nicht überschritten wird.

Veröffentlicht am: 28.01.2025
Qualifikation: Fachanwältin für Erbrecht
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Wer ein Testament schreibt, kann die Erbfolge grundsätzlich frei bestimmen. Die Grenzen dieser Testierfreiheit sind aber erreicht, wenn die letztwillige Verfügung sittenwidrig ist. Ob eine Klausel im Testament, die eine Enterbung an die Eheschließung mit einer bestimmten Person knüpft, die Schwelle zur Sittenwidrigkeit erreicht, musste das Oberlandesgericht München entscheiden (OLG München, Beschluss vom 23. September 2024 - 33 Wx 325/23).

Unerwünschte Schwiegertochter

In dem Fall ging es um das handschriftliche Testament eines Gastronoms und dessen beiden Söhne aus verschiedenen Ehen. Hinsichtlich des einen Sohnes lautete der letzte Wille: “Sollte mein Sohn A. seine Lebensgefährtin C.L. heiraten, wird er enterbt.” Ungeachtet dessen schloss der besagte Abkömmling später den Bund der Ehe mit eben dieser Lebensgefährtin, die sein Vater nicht als Schwiegertochter wollte. Als der Vater verstarb, beantragte der andere Sohn beim Nachlassgericht einen Erbschein als Alleinerbe. Der vermeintlich enterbte Halbbruder wehrte sich dagegen und argumentierte im Erbscheinverfahren, die Bedingung seiner Enterbung sei sittenwidrig. Das Nachlassgericht sah es genauso, die Sache landete dann in zweiter Instanz beim OLG München, wo die Richter eine andere Entscheidung trafen.

Testament nicht sittenwidrig

Das OLG hatte bereits Zweifel, ob man die Sittenwidrigkeit der Bedingung der Heirat überhaupt als solche prüfen müsse, da die Eheschließung ja vor dem Erbfall tatsächlich stattgefunden hatte. Von einer Bedingung könne ja grundsätzlich nur bei einer Ungewissheit gesprochen werden. Unabhängig davon, sei eine solche Bedingung aber auch nicht sittenwidrig. Zur Begründung wurde die Rechtsprechung herangezogen. 

  • Nach dem Bundesverfassungsgericht sind Bedingungen daraufhin zu überprüfen, ob sie geeignet sind, die grundrechtlich geschützte Eheschließungsfreiheit des eingesetzten Abkömmlings (zumindest) mittelbar zu beeinflussen.
  • Der BGH hielt in einer Entscheidung zur Hofnachfolge die Bedingung, wonach sich ein Abkömmling von seiner Ehefrau scheiden lassen müsse, um den Erblasser beerben zu können, nicht für sittenwidrig.
  • Das BayObLG hielt in einem Fall eine Enterbung wegen fehlender Zustimmung des Erblassers zur Eheschließung eines Abkömmlings für wirksam, die der Erblasser damit begründete, den für die Nachlassverwaltung besten Abkömmling als Erben berufen zu wollen. 

Vor dem Hintergrund dieser Entscheidungen, so das OLG München, sei die Enterbung des Sohnes im vorliegenden Fall nicht sittenwidrig. Hier überwiege damit die aus Artikel 14 GG folgende Testierfreiheit des Erblassers gegenüber der Eheschließungsfreiheit des Abkömmlings, die durch Artikel 6 GG gewährt wird. Es sei zu berücksichtigen, so das OLG, dass der durch die Bedingung auf den Sohn einwirkende Druck von geringem Gewicht sei, da er nicht aus dem Testament selbst herrühre, sondern der Ankündigung des Vaters entspringe, ihn für den Fall der Heirat mit der Lebensgefährtin zu enterben. Hinzu komme, dass der Sohn in aller Regel wisse, dass er durch “Wohlverhalten” zwar etwas gewinnen könne, aber bei “Zuwiderhandlungen” nichts verliere, da er ja über seinen Pflichtteil hinaus keinen Anspruch auf ein Erbe habe. 

Wie weit dürfen Erblasser gehen?

Der Fall zeigt, dass die Testierfreiheit im Erbrecht ein hohes Gut ist. Dass ein Testament ungültig ist, weil es gegen die guten Sitten oder gegen gesetzliche Verbote verstößt, kommt in der Praxis relativ selten vor. Häufige Gründe, gegen ein Testament vorzugehen, sind eine behauptete Testierunfähigkeit des Erblassers, ein Verstoß gegen die Bindungswirkung eines bestehenden Ehegattentestaments oder auch formelle Fehler bei der Errichtung eines handschriftlichen Testaments. 

Video: Testament anfechten

Rechtsanwalt Bernfried Rose erklärt in diesem Video, welche Möglichkeiten es gibt, gegen ein Testament vorzugehen.