Handschriftliches Testament trotz Parkinson-Erkrankung?

Überprüfung der Echtheit kann Probleme bereiten

Sofern die Handschrift durch Erkrankungen beeinträchtigt ist, sollten Erblasser beim Verfassen eines Testaments besser Vorkehrungen treffen.

Veröffentlicht am: 14.08.2023
Qualifikation: Rechtsanwalt & Mediator
Lesedauer:

Wer bereits an einer fortgeschrittenen Parkinson-Erkrankung leidet und ein Testament errichten möchte, sollte Maßnahmen ergreifen, damit die Echtheit des Testaments im Nachhinein nicht in Zweifel gezogen wird. Das Kammergericht Berlin hatte in einem aktuellen Beschluss über die Echtheit eines Testaments zu entscheiden, bei welchem die Handschrift deutlich von der früheren Handschrift des Erblassers abwich.

Erblasser verfasste Testament auf Rückseite einer Speisekarte

Der Erblasser verstarb im Jahr 2021 kinderlos und verwitwet. Bereits im Jahr 1998 hatte er ein notarielles Testament errichtet, durch welches er die Nichte seiner verstorbenen Ehefrau zu seiner Alleinerbin eingesetzt hatte.

Seit dem Jahr 2015 litt der Erblasser an einer Parkinson-Erkrankung, welche sich im Laufe der Folgejahre immer mehr verschlimmerte. Im Jahr 2020 verfasste der Erblasser auf der Rückseite eines Speiseplans aus einem Café, in welchem er zu Besuch war, ein neues Testament. Hierdurch setzte er seinen ihm nahestehenden Nachbarn zum Erben ein. Zudem bestimmte er, dass der Sohn des Nachbarn der Ersatzerbe sein soll, sollte der Nachbar bei seinem eigenen Tod schon nicht mehr leben. Die Handschrift, mit welcher der Erblasser das Testament verfasst hatte, war zwar lesbar aber deutlich beeinflusst von der bereits fortgeschrittenen Parkinson-Erkrankung des Erblassers.

Nichte machte Unwirksamkeit des Testaments geltend  

Nach dem Tod des Erblassers im Jahr 2021 machte die Nichte der vor verstorbenen Ehefrau im Erbscheinsverfahren geltend, dass das handschriftliche Testament auf der Rückseite der Speisekarte unwirksam sei. Unter anderem trug sie vor, dass Zweifel an der Echtheit des Testaments bestünden. Sie legte nämlich beim Nachlassgericht Schriftproben des Erblassers aus einem Poesiealbum aus dem Jahr 2003 vor. Die Schrift des Erblassers unterschied sich deutlich von der Handschrift in dem Testament.

Nachlassgericht entschied sich gegen ein schriftvergleichendes Gutachten

Trotz dieser offensichtlichen Abweichung beauftragte das Nachlassgericht keinen Sachverständigen mit der Prüfung der Frage, ob das Testament tatsächlich von dem Erblasser stammt. Grund war wohl, dass der Sohn des mittlerweile verstorbenen Nachbarn, welcher nach dem neuen Testament Erbe sein sollte, ebenfalls Schriftproben vorlegte, welche allerdings aus der Zeit stammten, in welcher der Erblasser bereits an Parkinson erkrankt war. Die Handschrift dieser Schriftproben unterschied sich gerade nicht wesentlich von der Handschrift des Testaments. Das Nachlassgericht sah daher keine Veranlassung, die Echtheit des Testaments durch einen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Und auch mit der gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde hatte die Nichte keinen Erfolg. Der Sohn des Nachbarn wurde Erbe des Erblassers.

Schönschrift aus Poesiealbum konnten ausreichende Zweifel nicht begründen

Das Nachlassgericht und auch die Beschwerdeinstanz begründete seinen Beschluss vom 09.05.2023 (6 W 48/22)  damit, dass die vorgelegten Auszüge aus dem Poesiealbum keine hinreichenden Zweifel an der Echtheit des Testaments begründen konnten. Bei der Beschriftung des Poesiealbums hatte der Erblasser nämlich zum einen offenbar bewusst, anders als in dem Testament, in „Schönschrift“ und in Druckbuchstaben geschrieben. Zudem sei er hier noch nicht an Parkinson erkrankt gewesen. Das Gericht wies daher darauf hin, dass diese Schriftprobe keine Zweifel an der Echtheit begründen könne.

Im Zweifel besser zum Notar

Der Fall ging für den Sohn des Nachbarn deshalb gut aus, weil aktuelle Schriftproben des Erblassers existierten. Unklar ist, wie der Fall ausgegangen wäre, wenn solche nicht existiert hätten. Erblasser sollten daher bei einer Erkrankung, welche die Handschrift wesentlich beeinflusst, vorsichtshalber Maßnahmen ergreifen, damit die Echtheit des Testaments nicht hinterher infrage gestellt wird. Eine Möglichkeit könnte zum Beispiel darin bestehen, dass Zeugen bei der Errichtung des Testaments anwesend sind. Sicherer wäre aber, ein notarielles Testament zu errichten.